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015 - Die Heiler

015 - Die Heiler

Titel: 015 - Die Heiler
Autoren: Claudia Kern
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Fellen zu, die normalerweise als Nachtlager dienten. Dann griff er nach den Zügeln der Riesenheuschrecke und machte sich auf den Weg.
    Die Reise nach Calais war vergessen. Jetzt ging es nur noch darum, so schnell wie möglich ein Dorf mit einem Heiler zu finden. Die medizinischen Kenntnisse dieser Zeit waren zwar primitiv, aber die Menschen vermochten mit Kräutern und Wurzeln mehr zu heilen als Matt ursprünglich angenommen hatte.
    Aber dafür musste er erst einmal ein Dorf finden.
    Matt erinnerte sich an eine Übung mit dem Namen Überleben in der Wildnis, an der er während seiner Pilotenausbildung teilnehmen musste. Der Übungsleiter, Lt. Colonel Scott Addams, hatte sie vor die Aufgabe gestellt, eine Woche in unwegsamen Gelände ohne Hilfsmittel zu überleben.
    Keiner der Pilotenanwärter hatte die Aufgabe sonderlich ernst genommen, denn in Zeiten von globalen Positionierungssystemen und detailgetreuen Satellitenaufnahmen war es mehr als unwahrscheinlich, dass einer von ihnen jemals in diese Situation kommen würde.
    Blöd gelaufen, dachte Matt.
    Die Woche hatte sich sogar dank eingeschmuggelter Lebensmittel und ein paar Flaschen Whisky wie ein Campingtrip abgespielt. Aus irgendwelchen Gründen hatte sich nur eine Anweisung des Colonels tief in Matts Gedächtnis eingegraben: Wenn du nach Menschen suchst, folge einem Wasserlauf. Dörfer entstehen immer in der Nähe des Wassers.
    Als er den Frekkeuscher zurück zu einem Bach führte, an dem er und Aruula die Nacht zuvor gelagert hatten, hoffte Matt, dass Addams sich nicht geirrt hatte.
    Die tückischen gelben Augen, die ihn durch das Unterholz beobachteten, bemerkte er nicht.
    ***
    Brüssel, 7. Februar 2012 Charlemagne Hospital
    »Liebe Kolleginnen und Kollegen«, begann Professor Dr. Guy Valvekens, »ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, hier zu erscheinen.«
    Seine Stimme hallte in dem großen, fast leeren Konferenzsaal wider. Außer ihm befanden sich noch sechs weitere Personen dort, alle in die weißen Kittel ihrer Zunft gehüllt.
    Unbewusst hatten sie sich alle mit dem Rücken zu der langen Fensterfront gesetzt, durch die man nicht nur die blassen Strahlen der Wintersonne sehen konnte, sondern auch ein zweites Licht, klein, hell, tödlich.
    Der Komet Christopher-Floyd.
    Wie ein Damokles-Schwert hing er über dem Planeten und bereitete sich vor, eine Millionen Jahre alte Geschichte mit einem Schlag auszulöschen. In weniger als vierundzwanzig Stunden sollte es so weit sein.
    Wir sehen aus wie ein Geheimbund, dachte Valvekens, als er den Blick über die Anwesenden gleiten ließ.
    Laut sagte er: »Ich habe Sie aus zwei Gründen zu diesem Treffen gebeten. Zum einen, weil jeder von Ihnen ein hervorragender Mediziner ist, zum anderen, weil keiner von Ihnen Familie hat.«
    Die Angesprochenen sahen sich überrascht an. Dr. Marie Benac und Dr. Danielle Mayar tauschten ein paar geflüsterte Bemerkungen aus.
    »Niemand von uns«, fuhr Valvekens fort, »weiß, wie die Welt in vierundzwanzig Stunden aussehen wird, aber wenn es sie noch gibt, dann wird auch diese neue Welt Ärzte brauchen. Und zwar dringender als je zuvor. Das Krankenhaus…«
    »Guy«, unterbrach ihn Dr. Jon Vanderboer ungeduldig. Die beiden Ärzte kannten sich seit Jahren und waren gut befreundet. Niemand sonst hätte es gewagt, dem Leiter der Klinik einfach so das Wort abzuschneiden. »Guy, worauf willst du hinaus? Alle unverheirateten Ärzte und Schwestern werden morgen ihren Dienst antreten. Das haben wir doch schon vor Wochen ausgemacht. Du kannst dich auf uns verlassen. Wir werden alle hier sein.«
    Valvekens lächelte und strich sich mit einer arrogant wirkenden Geste über das dünne schwarze Haar. Hinter seinem Rücken verglich ihn das Personal häufig mit dem englischen Schauspieler Peter Cushing. Und in diesem Moment, als seine Augen in dem hageren Gesicht blitzten, wirkte er tatsächlich wie der irre Wissenschaftler, den Cushing so oft dargestellt hatte.
    »Aber ich will ja gar nicht, dass ihr bleibt, Jon«, entgegnete er. »Ich will, dass ihr verschwindet.«
    ***
    Aruula glühte im Fieber. Unruhig wälzte sie sich unter den Fellen. Traumbilder zuckten durch ihr Hirn. Und das Schaukeln des Frekkeuschers wurde zum Wellengang…
    Das kleine Boot dümpelte auf dem Meer. Aruula stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Reling blicken zu können. Die Sonnenstrahlen glitzerten auf dem Wasser. Kleine Wellen brachen sich am Holz des Boots. Aruula hob den Kopf und genoss die
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