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0138 - Uns stand das Wasser bis zum Hals

0138 - Uns stand das Wasser bis zum Hals

Titel: 0138 - Uns stand das Wasser bis zum Hals
Autoren: Uns stand das Wasser bis zum Hals
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Schwester abholen«, sagte Melec gleichmütig. »Da brauche ich jemand, der den Wagen fährt. Der Junge ist ein sehr lebendiger Bursche, und mit ihm allein in einem Auto zu sitzen, könnte lebensgefährlich werden.«
    »Ich finde es reizend, dass du mich zu deinem Privatchauffeur ernennst«, sagte Fred, während er sich mit dem Rasierer noch einmal übers Kinn fuhr.
    »Passt es dir nicht?«, fragte Melec . giftig.
    »Sei nicht gleich eingeschnappt. Selbstverständlich bin ich dir mal gefällig, wenn du mich brauchst.«
    Möchte wissen, was für einen Narren er an mir gefressen hat, dachte er dabei. Aber es kann mir nur recht sein, wenn ich einen engeren Kontakt zu ihm finde. Nach dem Boss ist er der wichtigste Mann.
    »Ich bin fertig«, sagte er und legte seinen Rasierer weg.
    »Dann komm!«
    Zusammen stiegen sie die steile Stiege hinab, die zu Freds Zimmer führte. Vor dem Haus stand ein dunkelblauer Mercury vom Vorjahr. Einen Augenblick lang hatte Fred das Gefühl, als wäre der Wagen gestohlen, aber er wagte nicht, danach zu fragen.
    Melec war ein misstrauischer Bursche, den man durch viele Fragen nur noch misstrauischer machen würde.
    Sie stiegen in den Wagen, und Fred setzte sich ans Steuer. Melec gab die Richtung an. Fred kannte nicht viel von New York, aber er hatte den Stadtplan so gründlich studiert, um zu merken, dass es hinauf in die Bronx ging.
    Gegen halb acht sagte Melec plötzlich: »Stopp!«
    Fred ließ den Wagen ausrollen und hielt am Bürgersteig. Melec zündete sich eine Zigarette an. Offensichtlich wollte er warten.
    Nun wurde Frederick Cennedy misstrauisch. Hatte Melec nicht gesagt, er wolle den Jungen seiner Schwester abholen? Worauf wartete er dann?
    »Ich dachte, du wolltest…«, begann Fred, aber Melec unterbrach ihn.
    »Meine Schwester wohnt in einer Straße, die für den Autoverkehr gesperrt ist. Deshalb habe ich mit ihr ausgemacht, dass sie den Jungen hier die Straße entlangschicken soll. Er wird wohl gleich kommen. Ah, da vorn ist er ja schon.«
    Melec stieg aus und warf die Zigarette in den Rinnstein. Raschen Schrittes ging er auf einen siebenjährigen Jungen zu, der soeben aus der nächsten Seitenstraße herausgekommen war.
    Fred sah, wie Melec sich zu dem Jungen hinabbeugte und mit ihm zu rechen begann. Das Gespräch dauerte vielleicht zwei oder drei Minuten, dann kam Melec mit dem Jungen zum Wagen zurück. Er stieg hinten ein und schlug rasch die Wagentür zu, nachdem er das Kind zuerst hatte in den Wagen klettern lassen.
    »Und wohin jetzt?«
    »Fahr schnell erst einmal zu unserem Unterschlupf!«, sagte Melec. »Ich habe etwas vergessen. Nachher setzen wir den Jungen ab.«
    »Okay«, meinte Fred, startete und wendete.
    Er kam nicht im Traum auf den Gedanken, dass er soeben an einer Kindesentführung teilgenommen hatte…
    ***
    Es war kurz vor neun Uhr, als wir mit einem vom Revier ausgeliehenen Streifenwagen der Stadtpolizei in einen Hof einfuhren. Hier sollte die Bolden-Gang hausen, hatte man uns im Revier gesagt.
    Wir hielten vor einem Haus, dessen Fenster bestimmt seit einem Jahr oder länger nicht mehr geputzt worden waren. Sie waren so blind vom Staub, dass wir zuerst dachten, es wären Kartons.
    Natürlich trugen wir jetzt Dienstabzeichen, wir sahen überhaupt in jeder Hinsicht wie zwei waschechte Stadtpolizisten aus. Langsam schlenderten wir auf das Haus zu.
    Es war ein Hinterhaus, das drei Stockwerke hoch und sechs Fenster breit war. Als wir auf ungefähr zehn Schritte herangekommen waren, tat sich die Haustür auf und ein junger Bengel von vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahren kam uns entgegen.
    Er hatte die übliche Uniform an, wie sie Burschen seiner Art bevorzugen: eine hautenge Farmerhose, ein buntes Hemd und eine kurze Lederweste, deren Kragen er hochgeschlagen hatte, obgleich vom Wetter her nicht der geringste Grund dazu bestand.
    »He!«, sagte er, als wir nahe genug waren.
    »Guten Morgen«, sagte ich gedehnt. »Gehörst du hierher?«
    »Geht Sie das was an?«, fragte er frech.
    Dabei hatte er die Daumen hinter das Schloss seines Gürtels gehakt und wippte leicht auf den Fußsohlen. Er musste sich furchtbar lässig Vorkommen.
    »Was meinst du?«, fragte ich zu Phil gewandt. »Wollen wir das Früchtchen mitnehmen und mal für vierundzwanzig Stunden in eine solide Zelle sperren?«
    »Das dürfen Sie ja gar nicht!«, meinte er, allerdings spürbar unsicher. Diese Figuren fallen schnell in sich zusammen, wenn man ihnen mit einem winzigen Nadelstich ein bisschen
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