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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald
Autoren: Martin Eisele
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undeutlich hinter dicken Wolkenschleiern die Sonne. Sie war viel zu schwach, um den Dunst durchdringen zu können.
    Nun ja, irgendwie gewöhnte man sich auch an dieses Wetter. Ich starrte durch die Plexiglaskanzel und hing meinen Gedanken nach.
    Suko schwieg beharrlich. Ebenso Glenda, die neben ihm auf einem der Rücksitze kauerte und mit geweiteten, ausdruckslosen Augen vor sich hin starrte.
    Was mochte hinter ihrer Stirn vorgehen?
    Und dann kam gleich die nächste Frage, die mich quälte: Was erwartete uns in Peyspean?
    Nichts Gutes, soviel stand für mich fest.
    Der Seelenwald…
    Dabei gab es, soweit ich informiert war, in Peyspeans Umgebung weit und breit kein größeres Waldstück. Ähnlich wie draußen in Hampstead Heath, bot sich der Yorkshire Dales National Park als eine Art Heidelandschaft dar. Wacholderbüsche, Brombeergestrüpp, vereinzeltstehende Birken, hin und wieder ein mickriges Gehölz und ansonsten nur weite, verfilzte Grasteppiche.
    Vielleicht erwies sich die ganze Sache doch noch als Ente.
    Ein frommer Wunsch.
    Daß er nicht in Erfüllung gehen konnte, das wußte ich. Zu viele Fakten sprachen dagegen. An erster Stelle stand hier die Information der beiden Girls. Vorhin, beim Frühstück, hatte mir Suko auch ihre Namen gesagt. Jeanette Bytow und Melanie Dorshire hießen sie.
    Sie hatten den Seelenwald und Jane Collins ins Spiel gebracht.
    Jane war nach Gorlochny unterwegs gewesen. Dieses Dorf lag nur zwei Meilen von Peyspean entfernt. Und der Begriff Seelenwald war gestern Nacht gleich mehrmals gefallen.
    Also hatten sich die Girls ihre Geschichte gewiß nicht aus den Fingerspitzen gesaugt.
    Nun, ich würde mit ihnen reden. Und auf das Skelett des Mannes, der vor ihren Augen förmlich zerfallen war, war ich auch gespannt.
    Vielleicht kamen wir so irgendwie weiter.
    Das böse Gefühl, das mir in der Magengrube saß, machte mich jedenfalls mächtig unruhig. Meine Gedanken glitten ab, zu Jane. Die Sorge um die hübsche Privatdetektivin nahm mich gefangen.
    Wurde beinahe zur Panik. Aber ich blockte das ab. Ich durfte mich jetzt nicht verrückt machen. Himmel, wir hatten schon so viele brenzlige Situationen überstanden. Wir mußten auch dieses Mal ganz einfach Glück haben!
    Außerdem hatte ich schon ziemlich viel von meiner Ration beansprucht. Gestern abend beispielsweise. Suko hatte mir erzählt, was ihm Chiefinspektor Tanner berichtet hatte. Demnach war ich dem Tod buchstäblich um Haaresbreite entgangen. Ein gewaltiges Trümmerstück hatte meinen Kopf gestreift und mich ins Aus geschickt.
    Tanner hatte mich vollends aus der Gefahrenzone geschleift und später nach Hause gebracht.
    Tanner war Leiter der Mordkommission, und in der Vergangenheit hatten wir schon öfter miteinander zu tun gehabt. Unter anderem damals, als die Teufelssekte London unsicher gemacht hatte. Er war ein kauziger Bursche. Trotzdem mochte ich ihn ganz gerne.
    Ich biß meine Zähne zusammen, warf dem hageren Piloten einen knappen Seitenblick zu und versuchte, auf andere Gedanken zu kommen.
    Entspannt und konzentriert zugleich saß der junge Bursche hinter den grünleuchtenden Instrumenten. Von Konversation schien er nicht viel zu halten. Es war mir recht.
    Die Sicht wurde besser. Vor uns riß die Wolkendecke auf, und jetzt zeigten sich auch ein paar schüchterne Sonnenstreifen. Das Land unter uns präsentierte sich in kräftigen, eindrucksvollen Farben.
    Wenigstens etwas.
    Wieder sah ich auf die Uhr. Seit 17 Minuten waren wir unterwegs. Die rund 200 Meilen Distanz, die London von Peyspean trennen, schmolzen zusammen.
    Mit jeder Sekunde, die verstrich, kamen wir unserem Ziel näher.
    Unser Ziel – und dem namenlosen Grauen!
    ***
    Der Tod war unterwegs!
    Noch verbargen ihn die Morgennebel, die sich an diesem Tag überhaupt nicht auflösen wollten. Wie ein monströses Wattemeer schwebten sie über dem Land.
    Niemand sah die schlangengleichen Bewegungen im Gras.
    Ein zufälliger und gedankenverlorener Beobachter hätte meinen können, der Wind habe sich darin verfangen.
    Aber es war windstill.
    Eine eisige Kälte lag über dem Land. Eine Kälte, die unnatürlich wirkte, unnatürlich und fremdartig. Als strahle sie von einem Wesen aus, das nicht von dieser Welt war.
    Der Seelenwald war aktiv geworden!
    Seine Para-Klauen hatten die magische Barriere durchstoßen, die ihn tarnte. Und nun waren sie unterwegs, um sich die auserwählten Opfer zu holen.
    Jeanette Bytow und Melanie Dorshire!
    ***
    Mit einem berstenden Knall zersplitterte
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