Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...

0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...

Titel: 0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
sein Rechtsvertreter im Revier eintraf. Er hieß Andrew Spitz.
    Lieutetant McCracken kannte den Mann nicht, aber er kannte seinen Typ. Spitz war ein mittelgroßer Mann unbestimmten Alters. Er war elegant gekleidet und trug mehrere schwere Goldringe an den Fingern. Aalglatt - dieses Prädikat paßte am besten zu ihm. Aalglatt und mit allen Wassern des Hudson und des East River gewaschen.
    »Ich wünsche zunächst, mit meinem Mandanten allein zu sprechen«, verlangte er arrogant. »Denn gemäß Paragraph…«
    »Schon gut«, sagte McCracken. »Sie brauchen mir keine Belehrungen zu erteilen.«
    Anwalt und Mandant unterhielten sich. Das Gespräch dauerte nicht einmal zehn Minuten, dann war Andrew Spitz ausreichend präpariert. Mit einem siegesbewußten Lächeln auf den schmalen Lippen erklärte er sich bereit, das Verhör fortsetzen zu lassen.
    »Was eigentlich werfen Sie meinem Mandanten vor, Lieutenant?« fragte er scheinheilig.
    »Sie wissen das verdammt genau, Anwalt!« grollte Sergeant Gorski. »Schwerer Raub in Tateinheit mit einem Mordversuch. Fetterman hat gemeinsam mit seinen Komplizen Giordano und Plant die Filiale der Eastem City Bank in der Nassau Street überfallen, einen Kassierer niedergeschossen und eine Million Dollar geraubt.«
    »Wer behauptet das?« fragte Spitz messerscharf.
    »Fettermans Komplize Kevin Plant selbst! Es gibt mehrere Zeugen, die gehört haben…«
    Der Anwalt winkte ab. »Mr. Plant war betrunken, als er diese Äußerungen tat, richtig?«
    »Das ist eine reine Schutzbehauptung!«
    »Die ich beweisen werde«, lächelte Spitz. »Das Schwadronieren eines Betrunkenen zur Grundlage einer Verhaftung zu machen! Ich muß mich doch sehr wundem, meine Herren.«
    »Immerhin hat sich Fettermans Komplize Luke Giordano dieser Verhaftung mit Waffengewalt zu entziehen versucht und bei dieser Gelegenheit zwei Beamte schwer verletzt!«
    »Mein Mandant kennt Mr. Giordano nicht näher«, sagte der Anwalt lässig. »Ein Börsenmakler, von dem sich mein Mandant beraten lassen wollte. Mr. Giordano wird seine Gründe gehabt haben, sich der Verhaftung zu widersetzen. Diese Gründe stehen jedoch keinesfalls in irgendeiner Beziehung zur Person meines Mandanten. Mr. Fetterman jedenfalls hat Ihren Beamten keinen Widerstand entgegengesetzt! Allein das ist ausschlaggebend.«
    Lieutentant McCracken erkannte deutlich, daß jede weitere Diskussion mit Fetterman und seinem Anwalt sinnlos war. Er wußte selbst nur zu gut, daß die Beweise gegen Fetterman und Plant auf sehr tönernen Füßen standen. Der Untersuchungsrichter mußte entscheiden, ob sie ausreichten, die beiden noch länger in Haft zu behalten. Aber McCracken gab sich keinen Illusionen hin. Wahrscheinlich würde es darauf hinauslaufen, daß die beiden Halunken gegen eine Kautionszahlung freikamen.
    Manchmal haßte McCracken seinen Beruf.
    ***
    Professor Zamorra beugte sich über Nicole, legte das rechte Ohr auf ihre Brust, um nach Herztönen zu lauschen. Gleichzeitig fühlte er ihren Puls.
    Ungeheure Erleichterung durchströmte ihn, als er feststellte, daß sie noch lebte. Ihr Herzschlag war ganz normal, und auch der Puls ging regelmäßig, wenn auch etwas schwach. Sie schien lediglich ohnmächtig zu sein.
    Zamorra sprang auf und eilte zu Nicoles Frisierkommode. Unter mehreren Perücken - aschblond bis rabenschwarz - entdeckte er das, was er suchte: ein Parfümfläschchen.
    Sekunden später war er wieder bei ihr und hielt ihr das Produkt Pariser Haute Couture unter die Nase.
    Seiner Wiederbelebungskur blieb der Erfolg nicht versagt. Nicoles Augenlider flatterten, zogen sich schließlich nach oben.
    »Chef!« kam es noch ein bißchen kläglich über ihre Lippen. Dennoch war es für den Professor das schönste Wort, das er seit langem gehört hatte.
    »Nicole…«
    Er hob ihren Kopf an und bedeckte ihr apartes Gesicht mit Küssen. »Gott sei Dank! Ich dachte schon…«
    Nicoles noch leicht umflorter Blick wurde jetzt ganz klar. Sie zuckte zusammen.
    »Chef, dieser Mann! Hast du ihn?«
    »Ja«, sagte Zamorra, »er wird dir nichts mehr tun.«
    Er erhob sich. Jetzt, wo er wußte, daß er sich keine Sorgen mehr um Nicole zu machen brauchte, war es an der Zeit, sich um den Fremden zu kümmern. Sein Amulett zeigte an, daß dessen Lebenslicht nach wie vor nicht erloschen war. Allerdings waren Wärmeentwicklung und Glanz des Talismans inzwischen deutlich schwächer geworden. Alles deutete darauf hin, daß es mit dem unheimlichen Besucher doch langsam zu Ende
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher