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0113 - Armaras Rückkehr

0113 - Armaras Rückkehr

Titel: 0113 - Armaras Rückkehr
Autoren: Friedrich Tenkrat
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noch lange trotzen konnte.
    Er hatte den Eindruck, als würden mitten im Sturm grauenvolle Schreie ausgestoßen. Er vermeinte, das Stampfen von Hufen zu hören. Noch nie hatte mit ihm jemand über die Apokalypse gesprochen, doch in diesem Augenblick hatte er das Gefühl, daß sie über die Karawane hinwegdonnerte.
    Angstschreie. Hilferufe. Todesschreie. Sie gellten durch den Sandsturm, daß Sidi angst und bange wurde.
    Er verkroch sich noch mehr in der Flanke des Kamels. Das Tier zitterte. Sidi spürte, wie Mahmet seinen Arm schützend über ihn legte, und plötzlich war alles vorbei.
    Das Heulen und Brausen hatten schlagartig aufgehört.
    Der Sandsturm zog weiter.
    Der Himmel, der sich verdunkelt hatte, klarte auf.
    Hier und da regten sich die Männer, schüttelten den Sand aus ihren Kleidern und erhoben sich.
    »Vater!« sagte Sidi und wies nach Osten.
    Mahmet nickte. »Es ist mir schon aufgefallen, mein Sohn.«
    Kabu trat zu ihnen. »Ich habe noch keinen schlimmeren Sturm erlebt. Ich dachte, der Sand würde uns alle unter sich begraben.«
    »Das rote Leuchten ist verschwunden«, sagte Mahmet.
    »Tatsächlich.«
    »Es ist vorbei«, sagte Mahmet erfreut. »Wir haben es überstanden!«
    »Ich wage mich noch nicht mit dir zu freuen, mein Freund«, sagte Kabu ernst. »Es ist noch nicht alles geschehen, was geschehen sollte.«
    Einer der Tuareg war auf eine neu entstandene Düne hinaufgelaufen. Jetzt begann er, wie verrückt zu schreien. Er winkte den anderen und rief: »Kommt her! Kommt! Das müßt ihr unbedingt sehen!«
    Kabu senkte den Blick. »Ich weiß, was wir sehen werden.«
    »Was?« fragte Mahmet.
    »Die verfluchte Oase. Der Sturm hat sie wieder freigelegt.«
    »Und Armara?« fragte Mahmet erschrocken.
    »Der ist jetzt auch wieder frei!«
    Mahmet ließ Kabu stehen. Er rannte mit Sidi die Düne hinauf, und er traute seinen Augen nicht, als er tatsächlich eine Oase erblickte. Es handelte sich um keine Fata Morgana.
    Die Oase war keine Luftspiegelung.
    Sie existierte wirklich.
    Der Höllensturm hatte sie ans Tageslicht gebracht.
    Verblüffend daran war, daß um das Wasserloch Palmen und Akazien standen, deren Blätter grün waren und angenehmen Schatten spendeten.
    Grüne Blätter!
    Wie war das möglich? Hätten sie im Sandgrab nicht schon längst verfault sein müssen? Wer oder was hatte diese Pflanzen über eine so lange Zeit am Leben gehalten?
    Mahmet ahnte, wer seine Hände im Spiel hatte.
    Seine Augen suchten den Dämon, der hier irgendwo sein mußte.
    Kabu trat neben ihn.
    »Ich wußte es«, sagte er kummervoll. »Das ist sie: Armaras Oase. Ein Hort des Grauens, des Schreckens und des Todes! Der Sand bedeckt ihn nicht mehr, alles, was einmal geschehen ist, wird wieder geschehen.«
    »Wo ist er?« fragte Mahmet gespannt.
    »Armara?«
    »Ja. Ich kann ihn nirgendwo entdecken.«
    »Er ist trotzdem hier. Du kannst dich darauf verlassen, und wir werden seine ersten Opfer sein!«
    Sidi zuckte herum und blickte Kabu erschrocken an. »Was sagst du da?«
    Mahmet starrte Kabu wütend an. »Du hast mir doch versprochen…«
    »Entschuldige, aber es wäre dumm, wenn wir dem Jungen die Wahrheit noch länger vorenthalten würden. Er muß wissen, woran er ist.«
    »Wer ist Armara?« fragte Sidi.
    Mahmet sagte ihm alles, was er von Kabu erfahren hatte. Sidi fuhr der Schrecken bis ins Knochenmark.
    Zwei Tuareg stiegen die Düne hinunter.
    »Halt!« rief ihnen Kabu nach. Sie blieben stehen, wandten sich um. »Geht nicht weiter!« rief Kabu.
    »Warum nicht?« wollten die beiden wissen.
    »Bleibt der Oase fern!«
    »Sag uns, warum!«
    »Sie ist verflucht!«
    Die Tuareg glaubten Kabu nicht. Sie machten eine wegwerfende Handbewegung und sagten: »Alter Narr!«
    »Zurück!« schrie Kabu. »Sonst seid ihr verloren!«
    »Ach, laß uns in Ruhe!«
    Die Männer gingen weiter, doch sie kamen nicht weit.
    Vor ihnen begann plötzlich der Sand zu rieseln. Es bewegte sich etwas darunter. Es konnte kein Mensch sein, denn dazu war es zu groß. Doppelt so groß wie ein erwachsener Tuareg! Wenn nicht noch größer!
    Die Männer blieben stehen. Eine unbändige Kraft schien sich unter dem Sand zu entfalten. Eine trichterförmige Öffnung bildete sich, und aus dieser schoß im nächsten Moment eine Krallenhand.
    Die beiden Männer wichen schreiend zurück.
    Alle andern Tuareg sahen die Krallenhand ebenfalls.
    Kabus olivfarbene Haut wurde fahl. »Armara!« preßte er zitternd hervor. »Das ist er! Nun erhebt er sich wieder, und er wird mehr Angst
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