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0110 - Zargos, der Dämon

0110 - Zargos, der Dämon

Titel: 0110 - Zargos, der Dämon
Autoren: Richard Wunderer
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ernst.
    »Ich kann mich an eine Gruppe von ungefähr fünfzig Einwanderern aus einer der nordöstlichen Provinzen Rotchinas erinnern«, fuhr sie fort.
    »Ich hatte ein paar Wochen lang mit diesen Leuten zu tun, aber ich weiß nicht mehr, wie die Provinz hieß. Diese Menschen hatten großen Respekt und noch größere Angst vor einem Dämon. Sie nannten ihn zwar Gott und gaben vor, ihn zu verehren, aber in Wirklichkeit wollten sie ihm nur schmeicheln und ihn gnädig stimmen. Dieser falsche Gott hieß Zargos.«
    Suko machte ein skeptisches Gesicht. »Es kann sich um eine zufällige Namensgleichheit handeln«, wandte er ein. »Immerhin sind wir hier in London und nicht in Hongkong und schon gar nicht in Rotchina.«
    »Das stimmt schon«, gab ich zu. »Andererseits klingt Zargos gar nicht chinesisch. Oder täusche ich mich da, Shao?«
    »Du hast recht, John«, stimmte sie mir zu. »Als ich die Leute fragte, woher dieser Name stamme, zuckten sie nur die Schultern.«
    »Na bitte!« rief ich und griff nach meinen Zigaretten. Ich erinnerte mich an meinen Vorsatz, weniger zu rauchen, doch das war eine Gelegenheit, bei der ich eine Zigarette brauchte… redete ich mir wenigstens ein. Man hatte versucht, mich zu ermorden. Wenn das kein Grund war!
    »Welche speziellen Eigenschaften soll dieser Zargos denn haben?« fragte Suko, der noch immer nicht überzeugt schien. Er nippte an einem Tomatensaft, den er sich selbst eingegossen hatte. Shao hatte ein Bitter Lemon gewählt, während ich Orangensaft trank.
    »Die Verehrer des angeblichen Gottes sprachen von seinen tausend Gesichtern«, antwortete Shao. »Deshalb hatten sie ja solche Angst vor ihm, weil sie meinten, er könnte jederzeit unter ihnen erscheinen, ohne daß sie ihn erkennen würden. Ein Meister der Tarnung, sagten sie.«
    »Interessant«, meinte ich. »Ist das alles?«
    »Ja… das heißt, nein!« rief die hübsche Chinesin hastig. »Da ist noch etwas. Zargos kann nicht töten. Ich meine, nicht aus eigener Kraft. Aber er kann den Menschen auf andere Weise schaden.«
    Suko und ich sahen uns betroffen an. Wir wußten, welche Möglichkeiten Dämonen zur Verfügung standen, um die Menschen zu peinigen. Oftmals wurden Rivalitäten zwischen einzelnen mächtigen Dämonen nicht im Schattenreich, sondern hier auf der Erde ausgetragen.
    Und die Dämonen kämpften nicht selbst gegeneinander, sondern versuchten, Menschen für ihre Ziele einzuspannen. Solche Fälle hatten Suko und ich schon mehrfach in der Vergangenheit gehabt.
    »Na gut, Freunde«, meinte ich und versuchte ein zuversichtliches Grinsen. »Dann haben wir bis jetzt einen Mordanschlag auf mich und einen Dämon namens Zargos.«
    »Und einen verletzten Taxifahrer, der dich ohne erkennbaren Grund angegriffen hat«, fügte Suko hinzu.
    »Richtig, um den werde ich mich später kümmern. Erst einmal sollten wir alle eine Runde schlafen. Das freie Wochenende ist ohnehin im Eimer. Am morgigen Sonntag wird es heiß hergehen, wie ich meine ›Freunde‹ aus dem Dämonenreich kenne.«
    Suko lächelte zu meinem bitteren Scherz nur ganz wenig, und Shao verzog keine Miene. Ihr saßen noch die Schrecken der letzten Fälle tief in den Knochen.
    Aber so ist das eben, Freunde. Wenn man Tag für Tag mit dem Grauen zu tun hat, mit der Bedrohung durch mächtige Geister und Dämonen und durch Ungeheuer, die aus dem tiefsten Schattenreich stammen, muß man sich durch solche Sprüche Luft machen. Suko und ich gerieten auch nicht mehr so leicht aus der Fassung, wenn wir wieder einmal mit einem Dämon zusammenprallten. Das war unsere Stärke, denn wir behielten im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen einen kühlen Kopf.
    »Okay, schlafen wir uns aus, John«, stimmte mir mein chinesischer Freund zu und stemmte sich aus seinem Sessel hoch, ein Kerl aus Muskeln und Sehnen mit einer sagenhaften Reaktionsfähigkeit und Reflexen, die jeden anderen vor Neid erblassen ließen. Er streckte Shao die Hand entgegen, doch sie blieb sitzen, als das Telefon klingelte.
    Suko runzelte die Stirn. »Um diese Zeit?« meinte er. »Mitternacht.«
    Ich meldete mich mit gemischten Gefühlen. So hatte es begonnen, als man mich vor wenigen Stunden in die Falle gelockt hatte.
    »Sie haben sich bei mir nach Zargos erkundigt, Sir«, sagte eine Stimme, die mir bekannt vorkam. Dennoch schaltete ich nicht sofort und fragte nach dem Namen.
    »Conners, Funkzentrale, Scotland Yard, Sir!« meldete der Mann zackig.
    Ich atmete auf. »Jetzt erinnere ich mich. Ja, haben Sie
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