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0110 - Wer andern eine Grube gräbt

0110 - Wer andern eine Grube gräbt

Titel: 0110 - Wer andern eine Grube gräbt
Autoren: Wer andern eine Grube gräbt
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stehen.«
    Der seltsame Alte nickte und bewegte damit zum ersten Male seinen Kopf.
    »Ich sehe, daß man mich in jeder Beziehung richtig unterrichtet hat, Mister Cotton!«
    Er wandte sich zu mir, und zwar mit seinem ganzen Körper. Erst als er genau mit der Front zu mir saß, nahm er langsam seinen Hut ab und sagte würdevoll:
    »Ich bin in der Lage, Ihnen den Aufenthaltsort von Johnny Raymond zu nennen. Allerdings werde ich mir gestatten, hier zu warten, bis Sie zurück sind und ich die ausgesetzte Belohnung gleich mitnehmen kann. Fahren Sie in die Morningside Avenue. Es ist die Hausnummer 428. In der neunten Etage bewohnt Johnny Raymond eine Mansarde. Eine gewisse Vorsicht dürfte angebracht sein, denn Raymond ist im Besitz einer Maschinenpistole, und es steht zu erwarten, daß er sie gebrauchen wird…«
    ***
    Mein Freund Phil Decker ließ sich unterwegs erzählen, wie ich zu der plötzlichen Kenntnis von Johnny Raymonds Aufenthaltsort kam.
    »Du mußt dir den seltsamen Heiligen mal ansehen, wenn wir zurück sind«, schloß ich meine Erzählung. »Ich habe noch nie so einen seltsamen Alten gesehen.«
    »Macht er den Eindruck, als ob er gute Beziehungen zur Unterwelt hätte?«
    »Nein, eigentlich nicht. Er sieht verdammt harmlos aus.«
    »Woher weiß er dann, wo sich Johnny Raymond aufhält?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Da fragst du mich zuviel. Ich weiß es nicht.«
    Phil schob die Unterlippe vor und dachte eine Weile nach. Dann brummte er:
    »Vielleicht stimmt es überhaupt nicht, was er uns gesagt hat?«
    »Das ist möglich«, sagte ich. »In diesem Falle werden wir ihm eine kleine Ordnungsstrafe anhängen wegen Irreführung der Behörden. Er wartet ja in meinem Office auf unsere Rückkehr.«
    »Und du glaubst,, daß er auch wirklich noch da sein wird, wenn wir zurückkommen, Jerry?«
    Ich grinste.
    »Ja. Ich habe nämlich Ben Richester gebeten, ein bißchen auf den Alten aufzupassen. Er wird ihn in ein Gespräch verwickeln, damit es nicht wie eine Bewachung aussieht. Im Ernstfall, wenn nämlich der Alte sich plötzlich verdrücken wollte, wird er ihn notfalls mit Gewalt daran hindern. Wir können uns also bestimmt an diesen komischen Burschen halten, wenn er uns sinnlos in der Gregend herumhetzt.«
    »Immerhin ein Trost.«
    Phil zog seine Pistole und begann, sie gründlich nachzusehen. Er nahm das Magazin heraus, versuchte ein paarmal die Mechanik der Waffe und schob das Magazin wieder hinein, als die Prüfung zu seiner Zufriedenheit ausgefallen war. Dann griff er mir in die linke Achselhöhle, holte meine Kanone aus der Schulterhalfter und sah auch sie gründlich nach.
    »Der Alte sagte, Johnny hätte eine Maschinenpistole?«
    »Ja«, bestätigte ich.
    »Dann hätten wir besser auch ' eine mitgenommen.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ging nicht. Ich habe absichtlich auf Maschinenpistolen verzichtet. Du kennst ja diese Mietshäuser. Bei schlechtem Wetter sitzt in jedem Etagenkorridor ein halbes Dutzend Kinder und mehr. Wenn wir in Johnnys Bude auch noch unsere Tommy Guns spielen ließen, müßte man damit rechnen, daß unschuldige Kinder draußen auf dem Flur etwas abbekommen. So ein Risiko dürfen wir unter keinen Umständen laufen.«
    »Richtig«, murmelte Phil. »Na ja, wir stehen also wieder mal mit der geringeren Feuerkraft vor einem Kerl, der sich kein Gewissen daraus machen wird, uns ein paar Löcher in den Körper zu pusten. Ich muß schon sagen, unser Beruf ist manchmal gar nicht langweilig…«
    Ich lachte.
    »Dafür sind wir zwei, alter Junge.«
    »Tatsächlich«, gab Phil zurück. »Dann wollen wir uns gegenseitig die Daumen halten, daß wir in einer Stunde noch leben.«
    Ich nickte nur. Es war, wie es schon so oft gewesen war. Man zog aus, um einen Mann abzuholen, von dem sicher war, daß er keine Sekunde zögern würde, den nächsten Mord zu begehen. Das ist ein eigenartiges Gefühl. Es hat nichts mit Angst zu tun, wenigstens nicht direkt. Es ist nur ein besonderes, ganz eigenartiges Angespanntsein der Nerven. Was wird die nächste Stunde bringen?
    Wir waren vom Broadway her in meinem Jaguar in die Manhattan Avenue gekommen. Diese fuhren wir nach Norden, bis wir den kleinen Park gegenüber der Kathedrale von St. John erreichten. Dahinter nahmen wir die Gabelung nach links und waren damit in der Morningside Avenue. Nur auf der rechten Seite standen Häuser, links lag die Verlängerung des schmalen Parks.
    Langsam ließ ich den Jaguar an den Häusern vorbeirollen, während Phil auf die Hausnummern
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