Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

Titel: 0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett
Autoren: Paul Ernst Fackenheim
Vom Netzwerk:
einen guten Tag. Das Dämmerlicht der Schreckenskammer empfing mich, Blut und Gräuel. Man müsste so etwas verbieten. Da war wieder Marie Antoinette und daneben der Gl, der immer noch nicht mit seinen Japanern fertig geworden war.
    Eigentlich war er ein prächtiger Bursche, groß, breitschultrig und blondhaarig. Er schwang das breite, haarscharfe Buschmesser, das er einem seiner Feinde gerade ins Herz gestoßen hatte. Das Messer war unzweifelhaft echt, wahrscheinlich das einzig Echte an der ganzen Gruppe. Die Wunde in der nackten Brust des Japaners, breit und scharfkantig.
    Ich starrte auf diese Wunde… Ein-Vorhang ging hoch… Es war, als ob ein Blitz vor mir in die Erde gefahren wäre…
    Die Szene verwischte sich. Der Japaner verschwand wie in einem Nebel, und an seiner Stelle stand Carmen Rodriguez.
    Nur die Wunde war die Gleiche, und wieder fielen die Nebel, und wieder wechselte die Szene.
    Jetzt war es Jane, Petes Braut, auf die das Messer des großen, blonden Gl niederzuckte.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dastand. Das also war es, was das tote Mädchen aus Puerto Rico während all dieser Tage versucht hatte mir zu sagen.
    Mr. High hatte Recht behalten. Das Blitzlicht war aufgeflammt, aber klar sah ich noch nicht. Nur meine Phantasie arbeitete unentwegt, die Gesichtszüge des Soldaten, der sein Messer schwang, verwischten sich. Ich wusste, was ich zu tun hatte.
    Vor der Tür hielt ich ein Taxi an. Es dauerte trotzdem endlos lange, bis ich wieder im Office war. Dort gab ich einen Funkspruch an das Pentagon, das Kriegsministerium in Washington, auf, und dann erkundigte ich mich, wann der nächste Zug nach Mendota ging. Es war der Express nach Philadelphia, und ich hatte gerade noch zwanzig Minuten Zeit, um ihn zu erwischen. Ich ließ den Jaguar stehen und mich von einem unserer Wagen zum Grand Central Terminal an der 42th Street fahren.
    Eine Stunde später war ich am Ziel.
    Mendota war ein Städtchen von nicht viel mehr als tausend Einwohnern. In der Polizeistation hockten drei Cops und spielten Karten. Natürlich wussten sie, wo die Familie Rodriguez wohnte. Sie kannten auch Carmen und wussten, dass sie vor ungefähr 14 Tagen weggefahren war.
    »Was für ein Mädel war Carmen Rodriguez?«, fragte ich.
    »Ein anständiger, netter Kerl. Sie arbeite als Buchhalterin in der Eisfabrik. Wenn ich den Lump in die Finger bekäme, der sie umgebracht hat, ich würde dem Henker die Arbeit sparen«, knurrte der Cop mit dem Sergeantenstreifen auf dem Ärmel. »Das kommt davon, wenn die Girls unbedingt in die Großstadt wollen.«
    Ich gab ihm Recht und fragte nach der Adresse der Rodriguez. Es war Mainstreet 120. Der Sergeant bestellte mir eines der fünf Taxis, über die Mendota verfügte. Der Ort bestand fast nur aus einer langen Straße, an der ein kleines Hotel, zwei Drugstores, ein Warenhaus und was sonst noch dazugehörte lagen. Die Rodriguez bewohnten das Erdgeschoss eines dreistöckigen Hauses, und als ich klingelte, öffnete mir eine grauhaarige Frau in schwarzer Kleidung, die Carmen vollkommen glich. Ich brauchte nicht zu fragen, ob sie die Mutter sei.
    »Ich heiße Cotton und komme aus New York«, begann ich, aber sie ließ mich gar nicht ausreden.
    »Sie können sich die Mühe sparen, Mister. Wir geben keine Auskünfte an Reporter. Bitte gehen Sie.«
    Sie versuchte die Tür zu schließen.
    »Ich bin kein Reporter«, sagte ich und stellte den Fuß dazwischen. »Hier ist mein Ausweis. Ich muss darauf bestehen, Ihnen und ihren Angehörigen einige Fragen zu stellen.«
    »Carlo!«, rief sie mit schriller Stimme.
    »Was ist los? Brauchst du mich?«, klang es durch eine halb geöffnete Tür.
    Ein großer braunhäutiger Mann mit grauem, dichtem Haar und langem Schnurrbart erschien.
    »Was wollen Sie?«, fragte er brüsk, und dann studierte er meine Legitimation, die ihm aber wenig zu imponieren schien. »Wir sind schon dreimal von der Polizei verhört worden, gar nicht zu reden von den Reportern, Wir haben alles gesagt, was wir wissen. Kein Mensch kann uns unser Kind wiedergeben.«
    »Seien Sie vernünftig, Mr. Rodriguez«, bat ich und schaffte es endlich, an ihm vorbei in die Diele zu kommen. »Sie müssten doch das größte Interesse daran haben, dass der Mörder Ihrer Tochter gefasst wird.«
    »Natürlich, aber den müssen Sie in New York suchen und nicht hier. Hier gibt es nur anständige Menschen.« Er sagte das in einer Tonart, als wolle er behaupten, dass ganz New York nur von Gangstern bevölkert sei und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher