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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
Autoren: Deborah Crombie
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Papieren, die den ganzen Schreibtisch und zum Teil auch die Schreibmaschine bedeckten. Dies mußte Cassies Reich sein, die Schaltzentrale des Hauses. Kein Wunder, daß Sebastian vorgezogen hatte, es nicht zu erwähnen.
      Mit ihren Gläsern in den Händen bahnten sie sich einen Weg wieder durch den Salon zu einem Platz mit guter Übersicht in der Nähe der Tür. Einen Fuß hinter sich hochgestellt, lehnte Sebastian an der Wand und sah sich mit lebhaftem Interesse um.
      »So«, sagte er, »und jetzt dürfen Sie raten. Mal sehen, ob Sie mir sagen können, wer wer ist.« Vier Personen standen mit Gläsern in den Händen im Gespräch vor dem offenen Kamin, ihre Aufmerksamkeit in der Art geübter Partygänger halb auf das Gespräch, halb auf die Umgebung gerichtet. »Immer auf dem Qui-vive, hm? Damit sie’s nur ja nicht verpassen, wenn es irgendwo interessanter ist.« Sebastian trank einen Schluck und wartete darauf, daß Kincaid den Beschriebenen Namen geben würde.
      »Hm«, meinte Kincaid, die Herausforderung annehmend, »der große Blonde mit dem Maßanzug aus der Savile Row - der Herr Abgeordnete?« Schlank, mit glänzendem, perfekt gestyltem Haar und einem gutaussehenden Gesicht, dem die stark ausgeprägten Wangenknochen einen charakteristischen Zug verliehen.
      Als Sebastian nickte, fuhr Kincaid fort: »Es ist nicht nur das Aussehen, das ihn verrät. Er benimmt sich ganz wie jemand, der weiß, daß er im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Hm, und die Frau mit dem Kräuselhaar und dem langen Schlabberkleid? Das ist doch bestimmt nicht die Gemahlin, oder? Nein, das ist die Naturkostladenbe-sitzerin, Maureen. Stimmt’s?«
      Sebastian grinste beifällig.
      Ein schmächtig wirkender Mann mittleren Alters mit schütterem Haar und Brille schien das Gespräch für immer an sich gerissen zu haben. Die Gesichter der Zuhörer drückten Desinteresse unterschiedlichen Grades bis hin zur Langeweile aus. »Mr. Lyle aus Hertfordshire, ja? Und die dunkelhaarige Frau mit der Duldermiene muß seine Angetraute sein.«
      »Bravo. Lauter Volltreffer bis jetzt. Können Sie die anderen auch noch abschießen?«
      »Sie reden von den Leuten, als wären sie Schießbudenfiguren.« Doch Kincaid, dem diese Prüfung Spaß machte, sah sich gehorsam weiter um.
      An einem Tisch am Fenster saß ein wuchtiger Mann mit wenig Haar und einem dafür um so üppigeren braunen Vollbart. Er spielte mit zwei Kindern ein Brettspiel, aber obwohl er sich so konzentriert wie die Kinder über das Brett neigte, schien er sich in Jackett und Krawatte unwohl zu fühlen. Immer wieder steckte er den Finger unter seinen Kragen und bewegte unbehaglich die Schultern unter dem Jackett. »Der Rest der Familie Hunsinger, würde ich sagen.«
      Aber Sebastian hatte ihn nicht gehört. Seine Aufmerksamkeit galt einem jungen Mädchen, das allein an der Wand stand. Sie war ein wenig rundlich, Reste von Babyspeck wahrscheinlich, und ihre Gesichtszüge wirkten noch ungeformt, wie verwischt. Die dunklen Schatten, die ihre Augen umgaben, verliehen ihr das Aussehen einer Nachtschwärmerin, und ihr von violetten Strähnen durchzogenes Strubbelhaar paßte zu ihrem verdrossenen Gesicht. Kincaid stieß Sebastian an und sagte mit gesenkter Stimme: »Angela? Vielleicht sollten Sie zu ihr gehen und versuchen, sie ein bißchen aufzuheitern. Ich komme hier schon allein zurecht.«
      »Gut«, sagte Sebastian. »Bis später.«
      Kincaid bedauerte seinen Abgang beinahe sofort. Um das Sofa herum segelte die Frau mit dem Schlabberkleid mit wild entschlossenem Lächeln auf ihn zu. Sie hat anscheinend nur auf die Gelegenheit gewartet, dachte er, während er nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau hielt. Sein Blick fiel auf eine Frau, die zögernd an der Tür stand. Sie trug etwas Cremefarbenes, Seidenes, das ihre aparte, herbe Schönheit perfekt zur Geltung brachte. Die fehlende Wissenschaftlerin, dachte er, aber bevor er auch nur einen Schritt in ihre Richtung machen konnte, überschwemmte ihn Maureen Hunsinger mit einer Welle guter Absichten.
     
    Hannah sah, daß die Party schon in vollem Gang war, und bemühte sich, als sie den Salon betrat, einen, wie sie hoffte, Ausdruck freundlicher Erwartung aufzusetzen. Sie ging direkt zur Bar und schenkte sich einen Whisky ein. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letztenmal so dringend einen Mutmacher gebraucht hatte.
      Neben ihr goß sich gerade die weichere der beiden MacKenzie-Schwestern einen großen
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