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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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früher als Energieversorgung für die Seidenverarbeitung und für die zahlreichen Mühlen der Stadt genutzt.«
    »Aber warum sind sie dann zugemauert worden?«, fragte Larissa.
    »Der technische Fortschritt«, erwiderte der Musiker. »Die Eisenbahn und das Auto sind schneller als Boote. Also entstanden dort, wo früher die Kanäle durch die Stadt flossen, Straßen. Und die Menschen begannen, das Wasser unter ihrer Stadt zu vergessen.«
    Unsere Stimmen hallten in den gewölbten Gängen wider, die vom Schein der Taschenlampe in ein schwefliges Licht getaucht wurden. An einigen Stellen war die gemauerte Seitenwand in sich zusammengebrochen, und wir mussten über Stapel von Putz und Steinen klettern.
    Unvermittelt blieb unser Führer stehen. In die Tunnelwand war eine Metalltüre eingelassen, deren Oberfläche von Rostpocken übersät war. Der Musiker drückte die Klinke herunter; quietschend öffnete sich die Türe unter seinem Druck. Dahinter verbarg sich eine kleine Kammer, von der aus eine brüchige Steintreppe nach oben führte. Wir folgten den Stufen, bis wir einen weiteren Tunnel erreichten, der so niedrig war, dass wir nur gebückt laufen konnten. Nach einigen Metern erreichten wir einen Schacht, der steil nach oben führte und in dessen Wand eine Leiter eingelassen war. Im Licht der Taschenlampe konnten wir gerade noch den Metalldeckel erkennen, der den Schacht verschloss. Der Musiker kletterte voran. Er schob den schweren Metalldeckel zur Seite und stieg hinaus. Dann half er uns aus dem Schacht.
    Wir standen auf einer kleinen Piazza, die nur von einer trüben Funzel beleuchtet wurde. Der Bärtige schob den Metalldeckel wieder in seine Position und klopfte sich den Schmutz von den Händen. Ich hob den Kopf und atmete die frische Nachtluft ein, froh darüber, die Unterwelt hinter mir gelassen zu haben.
    »Von hier aus sind es nur wenige Minuten bis zur Via Galliera«, sagte er. »Ihr geht dort vorne die Straße entlang, dann die Erste links und die Nächste wieder rechts. Dann seid ihr schon fast bei Montalbas Haus.«
    Er streckte uns die Hand entgegen. »Ich kann euch leider nicht weiter begleiten. Passt gut auf das Buch der Antworten auf – und vor allem auf euch.«
    Das kam etwas überraschend. Ich hatte noch jede Menge Fragen, die ich ihm stellen wollte. Aber seine Haltung machte klar, dass daraus jetzt nichts wurde.
    »Du wirst noch alles erfahren, was du wissen willst«, lächelte er mich an. »Und dann sehen wir uns vielleicht auch wieder.«
    Wir schüttelten ihm die Hand. Er pfiff einmal kurz, und aus einer dunklen Arkade kam sein Hund schwanzwedelnd herbeigelaufen. Er tätschelte ihm den Kopf.
    » Ciao «, sagte er noch einmal. »Und grüßt den Schützenjungen von mir.« Mit diesen Worten drehte er sich um und war schon bald in der Dunkelheit verschwunden.
    Larissa und ich machten uns auf den Weg. Es war das erste Mal seit dem Wiedersehen im Parco della Montagnola, dass wir miteinander alleine waren.
    »Wie haben die Slivitskys dich behandelt?«, fragte ich sie.
    »Nicht besonders schlecht«, erwiderte sie. »Was mich genervt hat, waren nur die ewigen großmäuligen Sprüche dieses Idioten Sam. Aber die meiste Zeit hatten sie mich in einem Zimmer weggeschlossen.«
    »Und wo war das?«
    »Irgendein Haus am Stadtrand von Bologna. Erkennen konnte ich nicht viel, denn sobald sie mich am Archiginnasio ins Auto gezerrt hatten, bekam ich eine Augenbinde um.«
    »Und auch Madame Slivitsky hat dich die ganze Zeit in Ruhe gelassen?«
    »Bis auf ein kleines Verhör schon. Weißt du, wonach sie mich ausgefragt hat? Wie ich es geschafft habe, das Register von Leyden und das Buch der Antworten zu finden.«
    »Und was hast du ihr geantwortet?«
    Larissa grinste. »Gar nichts. Sie wurde ziemlich wütend und drohte mir allerlei böse Konsequenzen an, aber ich habe einfach meinen Mund gehalten. Irgendwann hat sie dann aufgegeben.«
    Ihre Erzählung erinnerte mich an etwas. Ich zermarterte mir das Gehirn, kam aber zu keinem Ergebnis. Kurz darauf standen wir vor Montalbas Haus, hinter dessen Fenstern Licht leuchtete.
    Auf unser Klingeln öffnete sich sofort die Türe, so als ob jemand oben am Türdrücker nur auf uns gewartet hätte. Signora Montalba stürzte uns schon im Hausflur entgegen, um uns an ihre Brust zu drücken. Die Freudentränen liefen ihr übers Gesicht.
    Montalba war etwas zurückhaltender, aber auch ihm war die Erleichterung deutlich anzumerken.
    »Dein Großvater hat angerufen«, sagte er zu Larissa.
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