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0085 - Der Feuergötze

0085 - Der Feuergötze

Titel: 0085 - Der Feuergötze
Autoren: Hans Wolf Sommer
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die Polizei verständigt, Raffael?« erkundigte er sich.
    Ja, Raffael hatte die Polizei verständigt. Die Beamten waren bereits aktiv geworden. Aber der Professor versprach sich nicht viel von ihren Bemühungen. Das Dorf, in dessen unmittelbarer Nähe das Château lag, war ein ruhiger, friedlicher Ort, in dem man Kapitalverbrechen nur aus der Zeitung und vom Bildschirm kannte. Die Polizisten beschäftigten sich üblicherweise mit Hühnerdieben oder Krawallköpfen in der Auberge. Ein Entführungsfall mußte sie maßlos überfordern.
    »Ich komme sofort zurück«, sagte der Professor in die Sprechmuschel. Dann legte er den Hörer auf und begann in fliegender Hast, seinen Koffer zu packen.
    Nur wenige Minuten später saß er bereits in seinem Citroën und gab Gas.
    ***
    Im Morgengrauen erreichte Zamorra das Château.
    Er hatte die Strecke in neuer Rekordzeit zurückgelegt. Die alles andere als langsame Hinfahrt verblaßte dagegen zu einer reinen Spazierfahrt.
    Ein paarmal hatte er unterwegs angehalten, um sich telefonisch bei Raffael zu erkundigen, ob sich die Situation irgendwie verändert hatte. Die Bescheide, die er bekommen hatte, waren frustrierend gewesen.
    Nichts!
    Die Polizei hatte noch keine Spur von den Entführern gefunden, und diese hatten sich auch noch nicht wieder gemeldet.
    Als er jetzt auf den Schloßhof einfuhr, sah es jedoch etwas anders aus.
    Raffael, übernächtigt aussehend und mit einer dicken Beule an der Stirn, kam ihm entgegengelaufen.
    »Herr Professor, sie haben sich gemeldet!« rief er völlig aufgelöst.
    Zamorra sprang aus dem Wagen. »Wann?« bellte er.
    »Vor einer Stunde etwa…«
    »Und? Was haben sie gesagt?«
    »Nicht viel. Nur, daß sie mit Ihnen sprechen wollten.«
    Der Professor eilte bereits auf das Eingangsportal zu. Raffael hatte einige Mühe, ihm zu folgen.
    »Hast du ihnen gesagt, daß ich bereits auf dem Wege hierher bin, Raffael?«
    »Selbstverständlich. Sie haben angekündigt, daß sie später wieder anrufen würden.«
    Der Professor rannte ins Haus. Wenn die Kerle in diesen Augenblicken anriefen, und niemand meldete sich… Wer wußte schon, auf welche Gedanken sie dann kommen mochten.
    Vorerst jedoch rief niemand an. Zamorra setzte sich in einen Sessel in unmittelbarer Nähe eines der Telefonapparate im Haus. Dumpf brütete er vor sich hin.
    Nicole…
    Raffael trat an seine Seite.
    »Mit Verlaub, Herr Professor, Sie sehen nicht gut aus. Sie sollten etwas essen. Einen kleinen Imbiß vielleicht…«
    Zamorra wehrte ab. »Nein, nein, Raffael. Ich bekäme jetzt keinen einzigen Bissen herunter. Eine starke Tasse Tee aber…«
    »Sofort, Herr Professor!«
    Der gute Geist von Château de Montagne entfernte sich. Erst jetzt merkte der Professor, daß er ziemlich erschöpft war. Die physischen und vielleicht noch mehr die psychischen Anstrengungen der schlaflosen letzten vierundzwanzig Stunden waren selbst an einer so eisernen Konstitution, wie er sie besaß, nicht spurlos vorübergegangen. Der Tee, den ihm der Butler wenig später servierte, war eine echte Wohltat.
    Während er das goldgelbe Getränk in kleinen Schlucken genoß, wurde ihm bewußt, wie gedankenlos er war. Auch der alte Mann hatte in dieser Nacht noch kein Bett gesehen, hatte aber darüber hinaus ebenfalls die Brutalität der Tunesier zu spüren bekommen. Er forderte Raffael auf, sich schnellstens hinzulegen, um sich zu erholen.
    Hiervon wollte der Butler jedoch nichts wissen.
    »Unter keinen Umständen, Herr Professor«, widersprach er heftig. »Ich könnte doch niemals… Letzten Endes trage ich an allem die Schuld. Hätte ich besser auf Mademoiselle Duval aufgepaßt, wäre dies alles nicht geschehen.«
    Trotz aller guten Worte gelang es dem Professor nicht, Raffael von seinem Schuldkomplex zu befreien, für den natürlich nicht der geringste Grund vorlag. Der Butler hatte getan, was er tun konnte. Mehr noch sogar. Dennoch war er untröstlich.
    Eine Viertelstunde später klingelte das Telefon. Der Professor riß den Hörer förmlich von der Gabel.
    Es war einer der Entführer.
    »Professor Zamorra?«
    »Ja, ja…«
    »Gut, daß Sie da sind, Professor. Wir hätten da…«
    Zamorra ließ ihn nicht weiterreden.
    »Wo habt ihr sie, ihr Lumpen?« brüllte er in den Apparat. »Was wollt ihr mit ihr anstellen? Wenn ihr nur ein einziges Härchen gekrümmt wird… Ich schwöre euch, daß ich euch finden werde. Und wenn ihr euch in der tiefsten Hölle verkriecht!«
    Der Kerl hatte die Stirn, leise zu lachen.
    »In der
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