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0085 - Der Feuergötze

0085 - Der Feuergötze

Titel: 0085 - Der Feuergötze
Autoren: Hans Wolf Sommer
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davon geahnt. Den beiden Tunesiern war es auf verblüffend einfache und deshalb besonders raffinierte Art und Weise gelungen, ihn nach allen Regeln der Kunst an der Nase herumzuführen. Wenn er Bescheid gewußt hätte…
    Zu spät! Es war sinnlos, sich Gedanken über den Schnee von gestern zu machen. Was jetzt zählte, war nur noch der Schnee von morgen.
    »Wie fühlst du dich jetzt Nicole?« erkundigte sich Zamorra. »Alles so weit in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung, ja.«
    »Und deine Erkältung?«
    »Oh, die habe ich in der Aufregung glatt vergessen.«
    Zamorra versprach Nicole, sie gleich aus dem Dorfgasthof abzuholen, und unterbrach das Telefonat. Bevor er losfuhr, wollte er zunächst den örtlichen Gendarmerieposten anrufen. Die Fahndung nach den beiden Tätern mußte unverzüglich aufgenommen werden.
    Er hatte bereits die ersten beiden Ziffern gewählt, als er es sich anders überlegte. Es hatte wenig Zweck, sich mit Jeannot zu unterhalten, wenn man sich gleich an Jean wenden und dadurch viel kostbare Zeit sparen konnte.
    Er griff nach seinem Telefonverzeichnis und rief Gustave Lepine an, den Polizeipräfekten von Marseille. Er kannte Lepine bereits seit Jahren. Außerdem war ihm der Präfekt zu Dank verpflichtet. Vor einiger Zeit hatte er bei der Aufklärung einer rätselhaften Mordserie mitgewirkt, in die Industriemagnaten und Diplomaten verstrickt gewesen waren. Das Unternehmen hatte ihn beinahe sein eigenes und Nicoles Leben gekostet.
    Lepine war gleich bereit, sich persönlich um die Fahndung nach den beiden Orientalen zu kümmern. Alle Flug- und Schiffshäfen und alle Grenzübergänge würden ab sofort strengstens kontrolliert werden. Ob es dazu allerdings nicht bereits zu spät war, stand auf einem anderen Blatt. Sieben Stunden waren eine lange Zeit für Leute, die es eilig hatten.
    Zwei Tage später setzte sich Lepine wieder mit ihm in Verbindung. Alle Bemühungen waren umsonst gewesen. Die beiden Räuber von Zamorras Amulett waren der Polizei nicht ins Netz gegangen.
    Der Professor hatte auch nicht mehr ernstlich damit gerechnet. Seine Vorbereitungen waren bereits abgeschlossen. Die beiden Flugkarten zum Flughafen Tunis-Carthage, die die inzwischen wieder völlig hergestellte Nicole geordert hatte, lagen zur Abholung bereit.
    ***
    Wie gebannt blickte Sidi Ahmed ben Chedli auf den magischen Talisman, der vor ihm auf der schweren Marmorplatte des Tisches lag.
    Ein schwaches silbriges Glitzern, ein geheimnisvolles Leuchten, das seltsam unirdisch wirkte, ging von dem Amulett aus. Der Drudenfuß in der Mitte, der innere Ring mit den stilisierten Tierkreiszeichen, der äußere Ring mit seinen undeutbaren Hieroglyphen, Keilschriftzeichen und verschlungenen Symbolen - all das faszinierte ihn ungemein.
    Dies also war der geheimnisumwitterte Zauber des berühmten Dämonenjägers und Hexenbanners Professor Zamorra, den sie den Meister des Übersinnlichen nannten. Mit Hilfe dieses Talismans hatte es der Gelehrte aus dem Loiretal verstanden, den chaotischen Mächten der jenseitigen Welt zu trotzen.
    Nun aber war der zauberträchtige Talisman in seinen Besitz übergegangen. Er, Sidi Ahmed ben Chedli, konnte mit seiner Hilfe endlich darangehen, einen lange gehegten Traum zu verwirklichen.
    Und damit würde er sofort beginnen!
    Chedli erhob sich von dem Diwan in seinem Privatgemach, nahm das Amulett vom Tisch und trat durch die Schiebetür hinaus auf die Terrasse seiner luxuriösen Villa.
    Wohlgefällig ließ er seinen Blick über die großzügige Gartenanlage schweifen, die tropischen Pflanzen, Blumen und Bäume, die malerischen Steinbeete, die Springbrunnen, die im Hintergrund aufragenden Felsen, die die rückwärtige Grenze des Anwesens verkörperten.
    Chedli schritt in den Garten hinein. Nirgendwo sah er einen Menschen. Es war Mittag, die Zeit der größten Hitze. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte wie Glut. Die Mitglieder seiner Familie und die Bediensteten hielten Siesta. Chedli war das recht. Was er jetzt vorhatte, war nicht für fremde Augen bestimmt.
    Er ging weiter, das Amulett Professor Zamorras in der zur Faust geballten Hand. Er verspürte ein leichtes Prickeln auf der Handfläche, nicht direkt unangenehm, aber irgendwie seltsam. Je mehr er sich der Geröllwand im Hintergrund näherte, desto stärker wurde das Prickeln. Er hatte jetzt das Gefühl, als würde er von einer heißen Nadel gezwickt.
    Nur zögernd schritt er noch vorwärts. Und mit jedem Meter, den er zurücklegte, wurde der Schmerz in
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