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0081 - Ich galt als Verräter

0081 - Ich galt als Verräter

Titel: 0081 - Ich galt als Verräter
Autoren: Ich galt als Verräter
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»Bis wann brauchen Sie das Gutachten?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Eigentlich überhaupt nicht. Ich will ehrlich s.ein: Offiziell hält man dieses Schreiben bei uns für irgendeinen Blödsinn. Der Rechnungshof des FBI wird deshalb nicht bereit sein, Geld für ein Gutachten auszugeben.«
    »Trotzdem verfolgen Sie aber diese Angelegenheit?« erkundigte sich Harvay, den ich das Schreiben auch hatte lesen lassen, nachdem mir beide absolute Verschwiegenheit zugesichert hatten.
    »Verfolgen wäre zuviel gesagt«, meinte ich. »Ich kümmere mich ein bißchen um die Sache. Reine Routine. Aber ich würde gern wissen, wie weit die Drohungen dieses Briefes ernst genommen werden können und müssen.«
    Die Frau machte eine vage Handbewegung.
    »Natürlich kann ich Ihnen nicht sagen, ob der Schreiber des Briefes tatsächlich im Besitz solcher Raketen ist«, erklärte sie. »Ich kann aus Stil, Satzbau, Wortschatz und anderen Dingen höchstens gewisse Wahrscheinlichkeitsmerkmale über Charakter und persönliche Umstände des Schreibers herauslesen.«
    »Na schön«, grinste ich. »Das ist ja schon etwas. Was können Sie herauslesen?«
    »Dazu braucht man Zeit«, sagte die Frau. »Wenn Sie Wert darauf legen, will ich ohne finanzielle Forderungen eine Analyse des Briefes durchführen.« Sie lächelte und fuhr fort: »Wenn Sie sich privat darum kümmern, will ich Ihnen in patriotischem Pflichtgefühl nicht nachstehen.«
    Ich war ein bißchen enttäuscht. »Können Sie denn noch gar nichts sagen?« fragte ich.
    Sie zuckte die Achseln.
    »Höchstens zwei Dinge: Der ganze Aufbau des Briefes zeugt von einem geschulten, streng logisch arbeitenden Verstand. Die klare Untergliederung der Absätze zeigt die Fähigkeit, Gedankengänge sachlich, logisch und sehr geordnet auszudrücken. Auffällig ist die Vorliebe des Schreibers für Formulierungen wie ›im folgenden‹ und ›nachfolgend‹. Man müßte sehr genaue Einzelprüfungen vornehmen, um vielleicht herauszufinden, wodurch sich diese Vorliebe erklären läßt.«
    »Im folgenden«, murmelte ich. »Jawohl, das ist es…«
    »Was meinen Sie?« fragte die Frau.
    Ich wehrte ab.
    »Ach, das war nicht von Bedeutung. Mir war etwas am Briefstil aufgefallen. Es wurde mir nur selbst nicht klar, was eigentlich. Jetzt weiß ich es. Auch ich stolperte über dieses wiederkehrende ›folgende‹.«
    Ich bat sie, mich doch anzurufen, wenn sie mit der Analyse des Briefes fertig sei, und gab ihr meine Karte mit der Telefonnummer. Dann bedankte ich mich im voraus und verabschiedete mich. Alles in allem hatte ich mir von diesem Besuch mehr versprochen.
    Da es erst elf Uhr war, fuhr ich noch einmal zurück in meine Wohnung. Dort hatte ich noch nicht ganz den Schlüssel im Schloß der Wohnungstür, als mir schon das heftige Läuten des Telefons entgegenschrillte.
    »Ja? Cotton«, meldete ich mich hastig.
    »Gott sei Dank«, knurrte Phil. »Wo, zum Teufel, steckst du eigentlich? Seit einer guten Stunde versuche ich, dich zu erreichen.«
    »Ich habe ein paar Besorgungen erledigt«, schwindelte ich. »Sonst kommt man ja nicht dazu, wenn man nicht mal einen freien Vormittag hat. Was ist denn los?«
    »Setz dich in deinen Jaguar und komm in die 98. Straße Ost! Wir waren schöne Optimisten, als wir uns einbildeten, heute nacht würde es ruhig bleiben. Die Anwesenheit von 20 Mann der Mordkommission und einem Dutzend uniformierter Cops hat die Bande nicht vor neuen Schandtaten zurückgehalten.«
    »Was?« fragte ich erschrocken.
    »Ja, leider. Hausnummer 180 ist es.«
    »Nun spann mich nicht auf die Folter! Was ist los?«
    »Der Inhaber eines Geschäfts für Hausratwaren ist in seiner eigenen Wohnung bis zur Bewußtlosigkeit mißhandelt worden! Wie weit seine völlige Wiederherstellung überhaupt möglich ist, können wir erst heute nachmittag im New York City Hospital erfahren. Die Wohnungseinrichtung ist ziemlich in die Brüche gegangen, wobei man allerdings mehr mit Schraubenzieher und verschiedenen Handsägen gearbeitet zu haben scheint als mit roher Gewalt.«
    »Nanu?« wunderte ich mich. »Seit wann arbeiten denn zerstörungssüchtige Mobster mit Werkzeugen?«
    »Wahrscheinlich wollten sie nicht zuviel Radau machen, um die Polizei nicht zu alarmieren.«
    »Die Boys werden noch merken, daß niemand so leise sein kann, daß wir von seinem Verbrechen nicht doch Wind bekommen«, brummte ich böse. »Okay, ich komme sofort…«
    Ich legte den Hörer auf und wollte mich umdrehen. Aber eine sanfte Stimme warnte:
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