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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig
Autoren: Richard Wunderer
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brauchte Luft! Luft! Ich wollte nicht ersticken!
    Doch meine Kräfte reichten nicht. Der schwarze Kerl hielt mich mit seinen unheimlichen Kräften zurück, da konnte ich machen, was ich wollte. Ich bin ein durchtrainierter Schwimmer, aber gegen eine magische Fessel richtet man nichts mit Muskelkraft aus.
    Der Mann mit dem Schlapphut stand in einer Art Glocke. Er machte sich jedenfalls seinen Umhang nicht naß.
    Ein zahnloser Mund öffnete sich zu einem höhnischen Gelächter, das mir schaurig in den Ohren dröhnte. »Willkommen in Venedig, John Sinclair!« schrie er mir entgegen. »Hier endet dein Besuch schon! Du wirst den Canal Grande nicht lebend verlassen!«
    Das Blut begann in meinen Ohren zu rauschen. Oder waren es die Schrauben der beiden zusammengestoßenen Schiffe, die sich wieder voneinander lösten? Vor meinen Augen leuchteten rote Sterne. Es waren keine Lichtblitze, die der Schwarze gegen mich aussandte, sondern Sauerstoffmangel in meinem Hirn. Wenn ich nicht schnellstens an die Oberfläche kam, war es aus!
    Oberinspektor John Sinclair, der Geisterjäger, als Wasserleiche im Canal Grande! Eine böse Sache!
    In höchster Not griff ich unter mein Hemd und riß es mit einem Ruck auf der Brust auseinander. Die Knöpfe sprangen ab. Mein silbernes Kreuz mit den Symbolen der vier Erzengel, das ich an einer Kette um den Hals trug, leuchtete hell wie eine Sonne durch das schlammige Wasser und hüllte den Kerl mit dem Schlapphut in eine bläuliche Aura.
    Das höhnische Gelächter endete wie abgeschnitten. Statt dessen hörte ich einen gräßlichen Aufschrei, ein Gemisch aus Schmerz und Wut.
    Im nächsten Moment konnte ich den Unheimlichen nicht mehr sehen. Und die Fesseln, die mich auf dem Grund des Canale festgehalten hatten, waren verschwunden.
    Mit letzter Kraft schlug ich um mich, aber es war schon zu spät! Ich verlor die Orientierung.
    Ich wollte den Mund nicht öffnen, wollte nicht anstelle der rettenden Luft das schmutzige Wasser einatmen!
    Und doch riß ich den Mund auf… als mich starke Hände packten, mit eisernem Griff festhielten und hochzerrten.
    ***
    Die Sonne stach grell in meine brennenden Augen. Mit einem röchelnden Laut atmete ich tief ein, verschluckte mich an dem restlichen Wasser in meinem Mund und hustete laut. Neben mir schwamm Suko, der mich nicht mehr losließ. Ich steckte in seinen gestählten Armen wie in einem Schraubstock.
    Von dem Schiff streckten sich uns zahlreiche Hände entgegen. Ich brauchte nur die Arme auszustrecken, wurde gepackt und an Deck gehievt. Suko kletterte aus eigener Kraft an Bord.
    Ich war wieder auf dem Schiff unserer Reisegruppe. Ermattet sank ich zu Boden. Jane beugte sich besorgt zu mir herunter, und Shao überzeugte sich davon, daß ihrem Suko nichts passiert war.
    »Es geht schon«, sagte ich mit einer Stimme, die zwischen zwei Reibeisen hervorzukommen schien. »Wie sieht es aus?«
    »Die beiden Schiffe haben ordentlich etwas abbekommen«, berichtete Jane. »Keine Verletzten. Die Boote können aus eigener Kraft weiterfahren. Aber zuerst muß sich die Polizei um den Toten kümmern.«
    Das erinnerte mich an den Grund für diesen Zusammenstoß! Der Tote, dem man das Gesicht auf den Rücken gedreht hatte! Ich beugte mich über die Reling. Er schwamm noch im Wasser. Ein schrecklicher Anblick.
    »Der Fahrer des anderen Schiffes kennt ihn«, sagte Suko zu mir. »Darum hat er nicht aufgepaßt. Er war so geschockt. Der Tote ist einer seiner Kollegen.«
    Über den Canal Grande hallte das auf- und abschwellende Heulen einer Polizeisirene. Aus einem Seitenarm schob sich ein Boot mit zuckendem Blaulicht am Bug.
    Während das Polizeiboot herankam und beidrehte und sich die Polizisten um den Toten kümmerten, wandte ich mich an meine Freunde.
    »Hat einer von euch gesehen, wer mich gestoßen hat?« erkundigte ich mich.
    Sie sahen mich überrascht an. »Niemand«, behauptete Jane. »Ich habe dich genau beobachtet. Du warst ganz allein!«
    »Ja, bist du nicht durch den Zusammenstoß über Bord gegangen?« fragte Suko erstaunt.
    Ich schüttelte grimmig den Kopf. Wasser tropfte aus meinen Haaren und lief aus meinen Kleidern. »Oh nein! Diesen Stoß hat mir jemand verpaßt. Ich kann mir schon denken, wer es war!«
    So leise, daß nur sie es verstanden, schilderte ich meinen Freunden mein Erlebnis unter Wasser.
    »Er hat schon auf mich gewartet, dieser Kerl mit dem schwarzen Schlapphut, wer immer das auch sein mag«, schloß ich. »Ohne mein Kreuz und ohne Suko würden sie mich
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