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0079 - Das Gespensterschiff

0079 - Das Gespensterschiff

Titel: 0079 - Das Gespensterschiff
Autoren: Franc Helgath
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einredete. Er nickte ein paarmal und warf Zamorra zwischendurch immer wieder einen tief besorgten Blick zu. Nach einer Minute legte er wieder auf.
    »Tut mir leid, Sir«, sagte er dann belegt, als täte es ihm wirklich leid. »Aber Ihre beiden Bekannten scheinen die Nacht gar nicht auf ihren Zimmern verbracht zu haben. Die Betten sind unberührt. Sie haben ihre Schlüssel auch gestern abend nicht geholt und heute früh nicht abgeliefert. Mein Dienst begann um vier Uhr. An Miß Duval kann ich mich erinnern. Ist sie nicht eine reizende Französin mit seltsam gesprenkelten Augen und rotem Haar?«
    Professor Zamorra nickte fahrig.
    »Ja, ja.«
    Wenn Nicole nicht gerade eine Perücke trug, war sie rothaarig. Eine Menge Gedanken schoß ihm durch den Kopf, aber keiner wollte ihm gefallen. Es war einfach weder Bills noch Nicoles Art, ihn warten zu lassen. Sie hatten gewußt, daß er heute und mit dieser Maschine ankam, und er hatte sich bereits ein wenig gewundert, daß sie ihn nicht schon vom Flughafen abgeholt hatten, die beiden jedoch dann damit entschuldigt, daß sie sich vielleicht einen Großteil der Nacht um die Ohren geschlagen hatten und nicht zeitig genug aufgewacht waren.
    Die ganze Szene wurde ihm peinlich. Er kam sich vor wie einer, der einem Mädchen nachspionieren wollte, und auch der inzwischen freundliche Bahamaner schien etwas ähnliches zu denken, wenngleich er sich verzweifelt bemühte, seiner Mimik den Ausdruck der Schadenfreude zu nehmen.
    »Ein sehr nettes Mädchen«, drang die Stimme des Uniformierten in das Wirrwarr seiner Gedanken. »Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?«
    Zamorra überlegte noch. Er hielt den Kopf gesenkt. Als er, ihn wieder hob und den Bahamaner diesmal anschaute, tat er das mit einem Blick, der die Schadenfreude voll aus den Augen des Mannes verjagte. Zamorras Stimme klang überaus gereizt. Etwas mußte vorgefallen sein. Etwas Unvorhergesehenes. Nicole war die Verläßlichkeit in Person, und grundlos ließ sie ihn nicht warten.
    »Und ob Sie das können«, knurrte Zamorra. »Sie werden jetzt sofort feststellen, wo die beiden geblieben sind. Hatten Sie gestern auch Dienst um diese Zeit?«
    Der Mann hinter dem Tresen schielte nach der Tasche, aus der Professor Zamorra die Banknote gezogen hatte, doch Zamorra hatte nicht vor diesem raffgierigen Burschen auch nur einen weiteren Cent zukommen zu lassen. Der Uniformierte sah das wohl ein.
    »Jetzt erinnere ich mich auch an diesen Mister Fleming«, kam es eingeschüchtert. »Ein blonder Amerikaner, nicht? Ziemlich groß und schlank.«
    »Reden Sie weiter.«
    »Sie haben sich gestern früh bei mir erkundigt, wo man eine Tageskreuzfahrt mitmachen könnte. Sie wollten den Tag auf dem Meer verbringen. Und ich gab ihnen eine Adresse unten im Hafen. Die von der Albatros-Linie. Die veranstalten solche Fahrten. Sehr preiswert.«
    »Hier von Nassau aus?«
    »Ja.«
    Professor Zamorra ließ den Burschen stehen und wandte sich grußlos ab. Der Türsteher winkte ihm ein Taxi herbei. In Zamorra war ein fürchterlicher Verdacht aufgekeimt.
    Die Reklame-Schilder der Albatros-Linie waren nicht zu übensehen. Das Buchungsbüro lag in einem pinkgestrichenen Haus an der Bay-Street. Vier hübsche Mädchen taten dort Dienst. Zamorra hatte keine Augen für ihre schwelenden Formen. In einem Büro im Hintergrund wurde lautstark und erregt Papiamento geplaudert. Zamorra mußte mehr erraten, worum es ging, aber er bekam doch mit, daß der Linie ein Schiff verlorengegangen war.
    Eine Yacht namens SEA-BELL…
    ***
    Bill fehlte jede Erinnerung an den Rest der Nacht und an die Fahrt auf dem Gespenster-Schiff. Als er erwachte, war es taghell, und er lag an einem weißen Sandstrand. Die auslaufende Brandung leckte an seinen Beinen. Das Wasser war handwarm.
    Bill hob seinen Kopf. Sein Gesicht war sandverkrustet, und Sand klebte auch in seinen blonden Haaren. Er fühlte sich erschlagen als hätte er mit drei Männern kämpfen müssen, von denen jeder doppelt so stark war wie er selbst. Er spürte jeden von seinen insgesamt zweihundertundsechzehn Knochen einzeln.
    Aufseufzend fiel er wieder zurück, als er sich auf die Arme hochstemmen wollte. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich zu erheben.
    Neben ihm lag Nicole. Sie hatte die Augen noch geschlossen. Sie lag da, als würde sie träumen.
    Nur langsam drängten sich die Erinnerungen an die Ereignisse vom Vorabend in Bills Gedächtnis. Schon wollte er sie weit von sich schieben, sie ins Reich der
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