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0079 - Das Gespensterschiff

0079 - Das Gespensterschiff

Titel: 0079 - Das Gespensterschiff
Autoren: Franc Helgath
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steuern, weil er wohl eingesehen hatte, daß er diesem gespenstischen Schoner auch mit voll durchlaufenden Motoren nicht mehr entkommen konnte.
    Die CARIBBEAN QUEEN lag schon wieder etwas näher, und man konnte bereits die verblaßte Schrift am Rumpf lesen. Mit grünem Gesicht kam Bill Fleming bei Nicole Duval an.
    Das Mädchen stellte erst gar keine Fragen. Nicole hatte mit Professor Zamorra schon soviele Abenteuer durchlebt und durchlitten, daß ihr die wahre Natur dieser Erscheinung schon längst aufgegangen war. Die dämonische Natur dieser Erscheinung…
    Und sie wußte auch, daß nichts und niemand sie mehr schützen konnte, daß sie dem Schiff und seiner Besatzung hilflos ausgeliefert waren, wenn nicht ein Wunder geschah…
    Und an Wunder glaubte Nicole Duval ebensowenig wie Bill Fleming, von dem alle Sicherheit abgefallen war wie das Herbstlaub von den Bäumen.
    Der Funker hastete an ihnen vorbei, vor zur Steuerkabine. Seine Mimik sagte alles. Es war kein Priester an Bord.
    Dafür tauchten nun die geröteten Köpfe der Amerikaner auf. Ihre Augen waren glasig vom Alkohol, doch die Männer wurden sehr schnell stocknüchtern.
    Die CARIBBEAN QUEEN lag jetzt fast gleichauf mit der SEA-BELL. Drüben, huschten Männer über das Deck.
    Männer?
    Gestalten in zerschlissenen Gewändern schwangen Enterbeile, drohten mit den Fäusten.
    Obwohl Nicole etwas ähnliches erwartet hatte, schrie sie gellend auf, als sie sich einige dieser Gesichter näher betrachtete.
    Diese Gestalten sahen aus wie Mumien, die man nach Jahrhunderten aus ihren verschwiegenen Gräbern geholt hat. Die knochigen Gelenke klackten bei jeder Bewegung wie ein Metronom.
    Hinter Bill und Nicole schrie ein Mann gellend auf.
    »Unter Deck! Sofort alles unter Deck!« brüllte irgend jemand.
    Die See war plötzlich rauh geworden. Die SEA-BELL tanzte auf den Wellen wie eine Nußschale. Der Kapitän hatte seine Bemühungen eingestellt, dem Schoner durch das Fahren von Schlangenlinien zu entkommen. Er wollte die Yacht nur mehr am Kentern hindern und mußte voll gegen die heranrollenden Brecher steuern, von denen jeder die SEA-BELL hochhob wie einen schwimmenden Tischtennisball, um sie wieder im nächsten Wellental versinken zu lassen.
    Bill und Nicole klammerten sich aneinander. Ihre Augen konnten den grauenhaften Anblick dort drüben nicht mehr ertragen.
    Luken wurden geöffnet, und es zeigten sich die häßlich gähnenden kopfgroßen Mündungen schwerer Kanonen. Die Halb verwesten johlten und übertönten mit dem Klappern ihrer Gebisse noch den Sturm, der plötzlich aufgekommen war.
    Der Tag war dem düsteren Zwielicht der Dämmerung gewichen. Die flachen Wolkenbänke am nähergerückten Horizont hatten sich zu nachtdunklen Schwaden verbreitert.
    »Hoooaah, ho…«, tönte es schauerlich langgezogen und verweht herüber, überklang noch das Tosen der Elemente. »Hoooaah ho…«
    Unter dem Bugspriet war die Gallionsfigur noch ziemlich gut erhalten. Ein in Holz geschnitzter nackter Frauenoberkörper mit einem geschwungenen Fischunterleib. Die Figur hatte eine Krone auf.
    CARIBBEAN QUEEN…
    Im Sturm baumelte ein Mensch, angetan mit einer braunen Mönchskutte, an einem Hanfstçjck an der Rahe. Der Tote schien das einzige Wesen auf dem Gespensterschiff zu sein, das noch, nicht in Verwesung übergegangen war. Deutlich konnte man die Tonsur eines Franziskaners erkennen. Der Körper pendelte wie der Perpendikel einer Uhr.
    Doch als Nicole einen weiteren Blick riskierte, sah sie noch etwas, was ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Das Wams des Mannes mußte früher einmal scharlachrot gewesen sein. Jetzt war es vom Alter rostbraun geworden. Und auch dieses Wesen war noch nicht in Verwesung übergegangen. Die Augen saßen noch in ihren Höhlen und brannten wie zwei glühende Kohlen.
    Der Mann war hohlwangig, ungeheuer bleich, und sein Haar glänzte rabenschwarz. Unter der Hakennase erteilte ein weitaufgerissener, lippenloser Mund gellend Befehle. In beiden Seiten der Mundwinkel hingen die Fäden eines Malayenbartes. Die Enden wippten bei jedem Wort.
    Unter dem Wams trug der Mann ein graues, früher wohl mal weißes Hemd, das an der Brust wie von einem Degen durchstochen war. An dieser Stelle war es ebenfalls rot.
    Die Beine steckten in schwarzen Hosen, die durch eine grüne Schärpe abgeschlossen war. Dazu noch hohe Schaftstiefel aus weichem Leder, wie die Offiziere sie früher auf französischen Schiffen trugen. In der Hand schwang dieses Wesen ein
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