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0078 - Der Todeszug

0078 - Der Todeszug

Titel: 0078 - Der Todeszug
Autoren: Walter Appel
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sprach. Er streckte den blutigen Armstumpf ins Führerhaus. Aldo Tuzzi wich zurück. Im nächsten Moment fauchte der Heißdampfstrahl aus der Düse, traf fauchend die bleiche Fratze am Fenster und hüllte sie ein.
    Der Heizer richtete den Dampfstrahl genau auf den gespenstischen Mitfahrer und vernebelte ihn. Der Geist war nicht mehr zu sehen. Dampfschwaden drangen ins Führerhaus der Lok. Aldo Tuzzi übernahm wieder das Steuerrad, er schob den Reglerhebel vor und beschleunigte.
    Die Sicherheitsgrenze war ihm jetzt egal. Er wollte so schnell wie möglich fort und Celano erreichen, wo er auf der Station Menschen sehen und sprechen konnte. Wie jeden normalen Menschen erfüllte das Übernatürliche ihn mit tiefem Schrecken und Horror.
    Fort! Fort! Fort! hämmerte es in ihm im Rhythmus mit dem Stampfen der Pleuelstangen der Lok. Der Heizer stellte das Dampfgebläse zuerst probehalber einmal ab. Der Geist war verschwunden. Aber noch wagte der Heizer es nicht, das Dampfventil wieder zuzudrehen.
    Er war käsebleich im Gesicht, seine Knie schlotterten.
    »Er ist weg, Aldo! Das war um Haaresbreite. Wenn wir angehalten hätten oder wenn das Gespenst ins Führerhaus gelangt wäre, dann wäre etwas Fürchterliches geschehen.«
    Aldo Tuzzi glaubte das auch. Er atmete auf. Die Eiseskälte war aus dem Führerhaus gewichen.
    »Schließ das Fenster!« befahl der Lokomotivführer dem Heizer.
    Der schickte sich an zu gehorchen. Der Lokomotivführer stellte die Dampfpfeife ab und schaute wieder nach vorn. Ein neuer Schrecken erwartete ihn nach dem gerade erst überstandenen. Die Lok passierte in einer Kurve ein Signal, das auf freie Fahrt stand.
    Hinter der Biegung, vor dem anfahrenden Zug, glühte es düsterrot. Es war ein Stück vor einem Tunnel, als sei da eine riesige Ofentür geöffnet oder ein Tor zur Hölle, groß genug, um ein halbes Dutzend Lokomotiven einfahren zu lassen.
    Schwefelgelbe und -grüne Dämpfe waberten. Aldo Tuzzis Herz setzte einen Schlag aus, er brachte keinen Ton über die Lippen. Er wollte bremsen. Aber da sah er, wie eine riesige Hand aus dem düsteren Glutbereich herausfaßte, die Finger zum Zugreifen gepackt.
    Gelber und roter Schein umloderte sie. Die Hand schien zu qualmen. Die überlangen, wie Krallen anmutenden Fingernägel waren deutlich zu erkennen.
    Aldo Tuzzi stand wie gelähmt. Auch der Heizer sah nun die Hand. Er brüllte auf und schlug die Hände vor die Augen. Den Dampfschlauch ließ er fallen. Wimmernd sank er auf den Boden nieder.
    Aldo Tuzzi aber hieb den Notbremshebel voll hinunter. Die Räder der Lok blockierten, eine Sekunde später wurden auch die der Waggons jäh gebremst. Die Funken stoben nur so von den Gleisen. Die Bremsen und die stählernen Räder auf dem Schienenmetall kreischten, daß es das Trommelfell zerreißen konnte.
    Aber der schwere Güterzug mit der Lok davor stand so schnell nicht. Die Hand öffnete sich noch weiter, wie eine Kralle. Sie schnellte dem näherkommenden Güterzug entgegen, und dann packte sie zu.
    Der Lokführer brüllte, als die schwere Dampflok mit Urgewalt von den Schienen gerissen wurde wie eine Spielzeugeisenbahn. Der ganze Güterzug entgleiste. Es donnerte, krachte, polterte und dröhnte wie beim Weltuntergang, der Boden erzitterte.
    Der Kessel platzte auf, Leitungen zerbarsten, und heißes Wasser spritzte, Dampf zischte, Glut wurde in der Umgebung verstreut. Die Höllenhand hieb die Lok ein paarmal auf die Erde, während die Waggons aus den Schienen sprangen und sich donnernd ineinanderschoben.
    Das Chaos war perfekt. Metallmassen krachten in dem Bergtal gegen- und ineinander, und nichts blieb heil. Der Lokführer hatte sich am Führerstand festgekrallt. Er wurde hin und her geschleudert, Schmerzwellen schossen durch seinen Körper. Er wußte nicht mehr, wo oben und wo unten war.
    Instinktiv klammerte er sich fest. Der Heizer lebte bereits nicht mehr, und der Bahnarbeiter wurde im Durcheinander der verkeilten Waggons zerquetscht.
    Die Höllenhand hatte die Lok losgelassen und schmetterte als geballte Faust in das Durcheinander von Stahl, Blech, Holz und aufgeplatzten Kisten. Qualm und Dampf stiegen aus dem geborstenen Tender der Lok. Koks und Holzteile lagen verstreut, und wenn die Glut der Feuerungsanlage sich durchfraß, mußte ein Brand entstehen.
    Spielerisch packte die Höllenhand ein paar Waggons und donnerte sie gegen den Felshang oder in das verkeilte Durcheinander hinein.
    Der glühendrote Schein lohte wie ein Fanal. Dann zog die Hand sich
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