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0074 - Die Geister-Braut

0074 - Die Geister-Braut

Titel: 0074 - Die Geister-Braut
Autoren: Jason Dark
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weiter?«
    »Nichts.«
    Ich räusperte mich. »Damit kann ich wenig anfangen.«
    »Das habe ich mir gedacht, deshalb hoffe ich ja, daß sie ihr Versprechen einlöst und am heutigen Abend zu rückkehrt. Dann können Sie sie alles fragen.« Madame Altari schaute mich jetzt fest an. »Sind Sie bereit, alle Vorurteile zu vergessen, die Sie vielleicht noch haben, John Sinclair?«
    Ich nickte.
    »Und werden Sie den Worten Glauben schenken, die Sie zu hören bekommen?«
    »Ich verspreche es.« Das war nicht einfach so hingesagt, sondern ehrlich gemeint. Diese Frau war etwas Besonderes, das hatte ich sofort bei meinem Eintritt festgestellt.
    Sie holte noch einmal tief Luft. »Dann laßt uns mit der Beschwörung beginnen. Legen Sie bitte beide Ihre Hände auf den Tisch, und spreizen Sie die Finger.«
    Wir taten es.
    Ich warf Jane Collins, die rechts von mir saß, einen raschen Blick zu. Bleich und gefaßt saß die Detektivin neben mir. Sie hatte die Lippen aufeinandergepreßt und war sehr konzentriert.
    Madame Altari begann zu sprechen. Mit Erstaunen stellte ich fest, daß sie dabei kaum die Lippen bewegte. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Die Worte schienen aus ihrem geschlossenen Mund zu dringen.
    »Su! Susan, ich rufe dich!« sagte sie mit ihrer harten Aussprache, wobei sie das ›r‹ regelrecht rollte. »Melde dich aus dem Jenseits, Susan! Komm!«
    Ihre Stimme, erst leise, schien durch einen unsichtbaren Lautsprecher verstärkt zu werden. Sie hallte plötzlich von den Wänden wider und drang von allen Seiten auf uns ein.
    »Susan, bitte…«
    Wir saßen da wie die Ölgötzen. Ich wagte mich nicht zu rühren. Meine Blicke durchstreiften das Zimmer, wanderten auch hoch bis zur Decke. Sie suchten alles ab, forschten nach jeder Einzelheit, doch ich sah nicht die Spur einer Geistererscheinung.
    Madame Altari senkte den Kopf. Dann hob sie die Hände in Tischhöhe und faltete sie. Worte in ihrer Heimatsprache sprudelten schnell hintereinander. Ich verstand nichts, und Jane Collins erging es ähnlich.
    Wir lauschten trotzdem.
    Gebannt und andächtig.
    Ich traute es ihr ohne weiteres zu, und ich gönnte es ihr von ganzem Herzen.
    Und auch uns, denn wenn Madame Altari dazu beitragen konnte, ein Verbrechen aufzuklären, war ich ihr mehr als dankbar.
    Die alte Frau verstummte.
    Sie blickte uns an. Flüsternd kamen die Worte. »Sie muß erscheinen, sie muß es. Etwas hält sie fest. Eine Magie vielleicht. Es kann mit dem Haus zusammenhängen. Dort lauert etwas Grauenvolles, etwas so Schreckliches, daß sie es selbst nicht auszusprechen wagt. Seid vorsichtig, gebt acht. Ich werde noch einmal versuchen. Sie muß einfach erscheinen.«
    Und wieder sprach sie. Dabei fuhren die Kuppen ihrer Finger über die Intarsienarbeit der Tischplatte. So leicht, als würden sie schweben. Kein Zittern verriet das Alter der Frau. Die Hände zwar gekrümmt waren dennoch sehr beweglich.
    Wieder hallten ihre Beschwörungen durch den Raum. Und abermals hielten wir den Atem an.
    Bis…
    Plötzlich zuckte ich zusammen.
    Auch Jane hatte etwas bemerkt. Sie hauchte: »John…«
    Ein kalter Windhauch hatte uns gestreift. Ein Odem aus dem Jenseits… Die Luft schien sich zu verdichten, die Stimme der Alten wurde lauter, kräftiger, überschlug sich…
    Und dann war sie da.
    Der Geist der Toten erschien direkt über dem kreisrunden Tisch!
    ***
    Der nächste Motorway lag runde fünfzehn Meilen entfernt. Bis zum Dorf waren es nur fünf.
    Aber dazwischen lag ein Gelände aus Sumpf, Wiese und Wald. Unzugänglich, nicht bewohnt und manchmal an einen Urwald erinnernd. Vielleicht hatte man gerade wegen der Abgeschiedenheit die Nervenklinik hier erbaut. Sie lag wie ein grauer Klotz in dem Grün der Landschaft. Von der Anhöhe aus hatte man bei klarem Wetter eine gute Sicht, aber in dieser Sumpfgegend war es doch zumeist dunstig.
    Zusätzlich breitete sich eine Mückenplage aus, die gerade in den Sommermonaten ihren Höhepunkt erreichte und längst nicht vor den Menschen haltmachte.
    Die Insassen der Heilanstalt zählte man zu den schweren Fällen. Deshalb lagen sie auch so außerhalb jeder Ansiedlung. Sie waren völlig von der Außenwelt getrennt. Dem Personal stand eine schmale Straße zur Verfügung, die die Anstalt mit dem Dorf verband.
    Das war alles.
    Klar, daß man als Pfleger dort auch trübsinnig werden konnte, und manch einer war schon durchgedreht. Hier wurde mehr mit der Holzhammermethode behandelt, als versucht, die Menschen über die modernen Praktiken der
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