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0073 - Gegen eine ganze Stadt

0073 - Gegen eine ganze Stadt

Titel: 0073 - Gegen eine ganze Stadt
Autoren: Gegen eine ganze Stadt
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schon auf der Schwelle.
    »Ja?«, fragte ich und sah zurück.
    Holder grinste. Aber es war ein ganz eigentümliches Grinsen, ein ernstes Grinsen gewissermaßen.
    »Sie werden sich noch umsehen«, knurrte er. »Sie werden den Tag verfluchen, an dem Sie dieses nette Städtchen betreten haben. Sie werden Gott im Himmel danken, wenn Sie erst wieder nach Hause fahren dürfen. Und Sie werden in manchen Stunden sechzigmal beten: Lieber Gott im Himmel, lass mich dies alles überstehen.«
    Ich stemmte meine Fäuste in die Hüften.
    »Und wenn ich auf allen vieren in Ihr Office gekrochen komme, Sheriff«, sagte ich betont, »und mein Freund nicht anders: Wir bleiben! Wir bleiben hier so lange, bis wir einigen Leuten die Hand auf die Schulter legen können mit dem bekannten Sprüchlein, das bei uns hierzulande eine Verhaftung zu begleiten pflegt.«
    »Fein, G-man, fein. Ich habe das von euch nicht anders erwartet. G-men sind verdammt zähe Burschen, das weiß ich. Trotzdem werden Sie sich noch wundern. Verlassen Sie sich drauf. Und sagen Sie hinterher nicht, dass ich Sie nicht gewarnt hätte. Wenn ein Vulkan kocht, dürfen Sie nicht an seine Vernunft appellieren. Wenn er überhaupt welche hat… Na, wir sehen uns nachher.«
    Ich nickte und drehte mich wieder um, der Tür zu. Als ich schon die Klinke in der Hand hatte, rief mich der Sheriff noch einmal an. Ich drehte mich wieder um.
    Holder warf mir eine neue Flasche Whisky zu.
    »Für Ihren Freund!«, sagte er. »Und jetzt machen Sie, dass Sie endlich verschwinden!«
    ***
    Mein Jaguar brachte mich ziemlich rasch wieder hinaus zu der Abzweigung des kleinen Fußweges. Ich ließ den Wagen am Straßenrand stehen und lief den Weg hinunter zum Fluss.
    Phil hockte mit dem Rücken gegen eine der Eichen gelehnt.
    Er saß so, dass er die Leiche des Mädchens nicht zu sehen brauchte.
    »Da«, sagte ich und drückte ihm die Flasche in die Hand. »Von Holder. Er freut sich, dass wir bleiben wollen. Aber er stellt düstere Prognosen.«
    »Wieso?«
    »Er meint, es würde noch die Stunde kommen, wo wir sechzigmal beten würden, dass wir das alles überstehen möchten.«
    Phil grinste schwach.
    »Schlimmer als das da kann es eigentlich nicht mehr kommen. Und wir haben immerhin auch schon einiges überstanden, bevor wir Little Hill überhaupt sahen.«
    »Eben«, erwiderte ich leichtsinnig. Wir hatten noch nicht die geringste Ahnung, was uns hier erwartete.
    Es war ein schöner Tag, wie man ihn nur im Mittelwesten zu dieser Jahreszeit so herrlich erleben kann. Lerchen sangen hoch oben am wolkenlosen Himmel, und wir atmeten den Geruch reifen Getreides, kniehohen Grases und eines kaum von Industrieabwässern vergifteten Flusses.
    Aber wir dachten an das Blut, das sechs Schritte von uns entfernt langsam in der Erde versickerte. Das Blut einer sechzehnjährigen Negerin…
    Es dauerte fast eine Dreiviertelstunde, bis wir oben auf der Straße die kreischenden Bremsen mehrerer Fahrzeuge hörten. Sie waren ohne Polizeisirene gekommen.
    Mit neun Mann kamen sie den schmalen Fußweg herunter. Voran der Sheriff, hinter ihm ein drahtiger Kerl von ungefähr meiner Größe.
    Er trug die schmucke Uniform der State Police und hatte den breitrandigen Pfadfinderhut hinten im Genick an der langen Kordel baumeln. Auf der Oberlippe trug er ein gepflegtes Bärtchen.
    »Was machen die beiden Gaffer hier?«, raunzte er uns an.
    Ich stand ganz langsam auf und musterte den Schreihals gründlich.
    Seinen Rangabzeichen nach war er Captain.
    »Hallo, Lieutenant!«, sagte ich absichtlich. »Die beiden Gaffer sind G-men aus New York und wundern sich darüber, dass eine Mordkommission im Einsatz zur Bewältigung von achtzehn Meilen eine geschlagene Dreiviertelstunde braucht!«
    Er lief rot an.
    »Ich verbitte mir jede Kritik an meiner Person und meiner Arbeitsweise!«, bellte er. »Sie sind vielleicht G-men, aber mir haben Sie nichts zu befehlen.«
    Ich zuckte die Achseln.
    Wenn er den Gernegroß spielen wollte, sollte er es meinetwegen tun. Die Hauptsache für uns blieb, dass er hoffentlich ein fähiger Leiter seiner Mordkommission war.
    Er warf überhaupt keinen Blick in die Richtung der Leiche, und er konnte sie auch noch gar nicht gesehen haben. Er winkte über die Schulter zurück und brummte: »Doc, lassen Sie sich schon mal die Leiche zeigen! Ich muss mich noch ein bisschen mit diesen beiden' komischen New Yorkern befassen.«
    Ich sah, wie Phil die Augen leicht zukniff.
    Wir sind allerlei gewöhnt an Großspurigkeit, aber
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