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0073 - Gegen eine ganze Stadt

0073 - Gegen eine ganze Stadt

Titel: 0073 - Gegen eine ganze Stadt
Autoren: Gegen eine ganze Stadt
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sind.«
    »Wer nahm sich des Mädchens an?«
    »Niemand direkt, wenn Sie das meinen. Wir steckten sie in den städtischen Kindergarten zu den anderen Kindern und richteten ihr ein kleines Zimmerchen ein, damit sie dort auch schlafen konnte. Sie blieb in ihrer geistigen Entwicklung sehr zurück. Vermutlich eine Folge dieses unbekannten Schocks, den sie erlebt haben muss.«
    »Ging sie denn zur Schule?«
    »Natürlich. Wir versuchten es mit ihr. Aber es hatte keinen Sinn. Sie gab sich die höllischste Mühe, aber es war eine Quälerei für sie. Nicht, als ob sie nichts verstanden hätte. Sie begriff schnell und man konnte ihr nahezu alles erklären. Aber sie hatte es nach fünf Minuten bereits wieder so gründlich vergessen, als ob sie es nie gehört hätte.«
    »Und was tat sie in den letzten Jahren? War sie in irgendeinem Haushalt, um sich ein bisschen nützlich zu machen?«
    »No. Wir ließen sie im Gebäude des Kindergartens weiter wohnen. Die Leute bestellten sie oft, um auf ihre Kinder aufzupassen, wenn sie mal abends Weggehen wollten. In dieser Beziehung war Wanda das Musterbeispiel eines guten Babysitters. Ich glaube, alle Kinder der Stadt liebten sie. Sie hätten Wanda einmal hören müssen, wenn sie im Garten irgendeines Hauses saß, ein Baby auf dem Schoß, zärtlich in den schwarzen Händen wiegend, und wenn sie dann ihre Lieder sang. Kein Mensch konnte sie verstehen, aber es waren Töne wie aus einer anderen Welt. Mir lief’s manchmal kalt über den Rücken, und ich bin sonst weiß Gott kein rührseliger, sentimentaler Schwächling.«
    Wir hatten inzwischen die Stadt verlassen und fuhren auf der Ausfallstraße nach Südwesten. Bis jetzt hatte uns der Sheriff mit kurzen Handbewegungen dirigiert. Nun sagte er: »Stoppen Sie da vorn an der Kurve. Da zweigt ein winziger Fußweg ab, den müssen wir benutzen. Dort unten am Ufer sehen Sie ja schon die sechs Eichen.«
    Ich nickte. Während ich den Wagen ausrollen ließ, besah ich mir kurz die Gegend.
    Links stieg ein meilenweiter Hang langsam an und neigte sich in einer sanften Rundung zu einer lang gestreckten Hügelkuppe. Rechts von der Straße ging es ein wenig steiler hinab zu dem nicht sehr breiten Fluss, den jedes halbwüchsige Schulkind mit einem Steinwurf Überwerfen konnte.
    Am Ufer, in einem Abstand von etwa zwanzig Yards standen sechs knorrige, uralte Eichen. Offenbar war es die Stelle, die der Alte gemeint hatte.
    Wir stiegen aus und gingen hintereinander den schmalen Fußweg hinab. Der Sheriff voran, dann Phil und zum Schluss ich.
    Plötzlich gab es eine Stockung, Ich beugte mich über Phils Schulter und sah, dass der Sheriff stehen geblieben war.
    Er nahm sich mit einer langsamen, müden Geste seinen breitrandigen Hut ab und murmelte: »Mein Gott… wie ist das möglich?«
    Ich konnte nichts sehen, denn rechts und links von dem schmalen Fußweg stand der Weizen mannshoch und genau vor mir standen Phil und der Sheriff.
    Holder setzt sich langsam wieder in Bewegung.
    Er trat zwischen dem Getreide heraus auf den grünen Platz zwischen den Eichen und deutete wortlos nach links.
    Wir machten ein paar Schritte an ihm vorbei in die Richtung. Dann sahen wir den Körper des Mädchens in einer großen Blutlache.
    Phil drehte sich um. Sein Gesicht war gelb, und in seiner Kehle würgte es. Ich drehte mich auch um. Der Brechreiz im Magen stieg.
    Hier waren nicht mehr nur einfache Mörder am Werk gewesen. Das war tausendmal schlimmer als die wildeste Bestie.
    ***
    »Wo sitzt die nächste Mordkommission?«, fragte Phil heiser.
    Holder deutete über den Fluss.
    »In Heureka. Achtzehn Meilen von hier. Da ist das Distrikthauptquartier der Staatspolizei.«
    »Wir müssen sie alarmieren. Es hat keinen Zweck näher heranzugehen. Tot ist sie gewiss. Und wir würden vielleicht nur den Experten von der Spurensicherung eventuelle Spuren zertrampeln.«
    Holder nickte.
    »Ja. Ich weiß. Fahren wir zurück und rufen wir Heureka an.«
    »Das ist das Einzige, was wir im Augenblick tun können. Phil, vielleicht bleibst du solange hier? Ich komme sofort wieder zurück, wenn ich den Sheriff bei seinem Office abgesetzt habe.«
    Phil nickte mit verzerrtem Gesicht.
    »Okay«, sagte er leise. »Okay, Jerry. Bringe einen Schluck Whisky mit.«
    »Sicher, alter Junge.«
    Wir drehten uns um und gingen schweigend den schmalen Fußweg zurück.
    Als wir zwischen dem Getreide hervor auf die Straße traten, stießen wir fast mit einem kleinen dicken Mann zusammen, der ächzend die Straße
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