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0073 - Der Satansfjord

0073 - Der Satansfjord

Titel: 0073 - Der Satansfjord
Autoren: Richard Wunderer
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nicht, daß ein Boot der Küstenwache an derselben Stelle verschwand wie die NORGE. Spurlos!«
    »Nicht so ganz spurlos!« korrigierte Lieutenant Gulbranson, der trotz seines nordischen Namens wie ein Südländer aussah. Ich hätte in ihm einen Italiener oder Spanier vermutet. »Wir erhielten kurz vor dem Verschwinden des Bootes noch den Funkspruch eines Besatzungsmitgliedes. Darin hieß es, das Meer wäre von schwimmenden Rentieren bedeckt, die das Boot nur in Richtung Klippen fahren ließen.«
    »Bringen Sie mich zu dieser Stelle!« verlangte ich. »Ich muß sie mir genauer ansehen.«
    »Exakt das hatten wir vor, Mr. Sinclair«, antwortete Captain Farraer mit einem knappen Lächeln. Er wirkte langsam und hatte eine schwerfällige Aussprache, aber seine Augen blickten wachsam. »Folgen Sie uns!«
    Suko und ich schlossen uns den Offizieren an. Wir waren gespannt, was wir vorfinden würden.
    Abseits der normalen Start- und Landebahnen stand ein Hubschrauber der Marine bereit. Ich freute mich schon, daß ich die Küste aus der Luft kontrollieren konnte, wurde jedoch enttäuscht. Kurz nach dem Start gerieten wir in Nebel, der während des ganzen Fluges nicht aufhörte. Einmal sprach ich Gulbranson darauf an. Der Lieutenant schüttelte den Kopf, als ich ihm den Vorschlag machte, tiefer zu gehen.
    »Was meinen Sie, Sinclair, was wir schon alles versucht haben?« fragte er mit einem verzerrten Grinsen. »Der Nebel reicht fast bis auf die Wasseroberfläche herunter. Wenn Sie vorzeitig im Seemannsgrablanden wollen, können wir tiefer gehen und gegen die Klippen fliegen.«
    »Danke, kein Bedarf«, wehrte ich ab.
    Auch in einem zweiten Punkt wurde ich enttäuscht. Wir landeten erst, als es schon vollständig dunkel war. Dazu kam der Nebel, von dem beide Offiziere versicherten, er wäre ungewöhnlich dicht und hielt sich hartnäckiger als sonst in dieser Jahreszeit.
    »Wir müssen die Suche auf morgen verschieben«, meinte Suko, als wir etwas steifbeinig aus dem Hubschrauber kletterten. »Wo sind wir hier überhaupt?«
    Gulbranson beantwortete seine Frage. »In unserem Camp, Mr. Suko. Eine Unterkunft steht für Sie beide bereit. Sie sollen es während Ihres Aufenthaltes so bequem wie möglich haben.«
    »Wir sind nicht zum Urlaub hier«, warf ich ein, doch die beiden Offiziere gingen nicht weiter darauf ein. Sie zeigten uns ein Zimmer in einer der Baracken, in dem es sich wirklich leben ließ.
    Wir packten gerade aus, als draußen im Lager ein Tumult entstand. Es fielen sogar zwei Schüsse.
    Ich riß die mit geweihten Silberkugeln geladene Beretta aus der Halfter und stürmte ins Freie. Neben mir drängte sich Suko durch die Tür.
    Es hatte zu regnen begonnen. Im Lager brannten nur wenige Lampen. Um sie herum entstand ein milchiger Hof. Außerhalb der Reichweite der Laternen war es stockdunkel.
    Die Tür der Offiziersmesse flog auf. Farraer und Gulbranson stürmten ins Freie. Sie schienen genauso ratlos zu sein wie wir.
    Befehle hallten auf Norwegisch über den Platz. Daraus wurde ich erst recht nicht schlau. Dann fielen wieder Schüsse.
    »Was ist los?« schrie ich Captain Farraer zu.
    Er wandte sich kurz zu uns um. »Überfall auf das Lager! Vier Mann sind eingedrungen!«
    Auch die Offiziere hielten Revolver in den Händen. Die Soldaten strömten aus ihren Quartieren, ausnahmslos bewaffnet. Aber vorläufig gab es keinen Gegner. Die Dunkelheit verschluckte alles.
    Eine Minute verging in atemloser Spannung, eine zweite. Scheinwerfer flammten auf und tauchten plötzlich das Lager in gleißende Helligkeit.
    »Das ist auch nicht das Gelbe vom Ei«, murmelte Suko verärgert und versuchte vergeblich, seine Augen abzuschirmen. »Siehst du etwas, John?«
    »Ein paar Sonnen, sonst nichts«, erwiderte ich wütend. »So ein Unsinn! Wer soll bei dieser Helligkeit denn…«
    Weiter kam ich nicht, denn plötzlich ertönten von allen Seiten laute Schreie. Ich zwang mich dazu, trotz der Blendwirkung die Augen aufzureißen. Neben mir stöhnte Suko leise.
    Mich traf der Schock nicht so unvorbereitet, weil ich in London einen ähnlichen Anblick verdaut hatte. Genau in der Mitte des Lagers tauchten vier grauenhafte Gestalten auf. Zwei von ihnen trugen Uniformen, die aber total zerfetzt, zerschlissen und blutbefleckt waren. Die beiden anderen Männer sahen noch fürchterlicher aus. Ihre Kleidung war verfault. Große Löcher klafften im Stoff.
    Die Haut der vier Männer schimmerte bleich. Ihre Gesichter waren so aufgedunsen – vor allem die der
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