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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers
Autoren: Walter Appel
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hatten die Geisterjäger Erfolg?«
    »Ich könnte mir eine Mordwaffe denken mit der der Baron getötet worden sein könnte«, antwortete Nicole schnippisch. »Eine, die Sie zur Verfügung haben, Monsieur.«
    »Was soll das heißen? Welche soll das sein?«
    »Das Brett vor Ihrem Kopf.«
    Brest sperrte den Mund auf, und die Pfeife fiel ihm heraus. Zamorra lachte auf, besann sich dann aber, daß er sich in einem Trauerhaus befand, und verstummte. An Brest vorbei, der sich fluchend nach seiner Pfeife bückte, gingen Zamorra und Nicole ins Haus. Er bot ihr den Arm. Als Kavalier schleppte Zamorra in der Linken Nicoles schweren Kleiderkoffer und seine Reisetasche, die schmaler ausgestattet war. Nicole trug nur ihr Schmink- und Haar-Styling-Köfferchen, das nicht fehlen durfte.
    Zamorra wandte sich nach links. Ihm und Nicole waren am früheren Nachmittag Gästeräume angewiesen worden. Wieder einmal fiel den beiden auf, wie übermäßig sauber, ordentlich und im alten Stil alles hergerichtet war. Man hätte glauben können, in einem Ausstellungsschloß für den Fremdenverkehr zu sein.
    Zamorra dachte bei sich, daß die de Gascoynes unbedingt eine Tradition hochhalten wollten oder sich an längst vergangene Zeiten klammerten, in denen ihr Name noch Rang und Geltung besessen hatte.
    Zamorra brachte Nicoles Koffer in ihr Gästezimmer im ersten Stock und wollte gerade das seine betreten, das direkt daneben lag.
    Da eilte ein steifbeiniger alter Diener herbei. Er trug einen langschwänzigen Frack, dessen Schöße flogen, so rannte er.
    »Professor Zamorra!« rief er. »Professor Zamorra! Rasch, es ist ein Unglück geschehen.«
    Nicole trat aus dem Zimmer, schaute ihn mit großen runden Augen an. Ihr kirschroter Mund, vor dem Zamorra jetzt ein ganz klein wenig Lippenstift am Hals hatte, öffnete sich zu einer Frage.
    »Wo ist es passiert?« fragte Zamorra. »Hier im Schloß?«
    »Nein, nicht hier. In einem Weinberg bei Angers. Die schwarze Kapelle ist wieder aufgetaucht. Die Baronesse möchte Sie sofort sprechen, Professor. Wir haben es gerade erst eben erfahren.«
    ***
    »Vater!« rief Yvette. »Vater!«
    Die roten Nebel vor Ramond Suchards Augen verschwanden. Er konnte allmählich wieder klar denken. Ramond war ein einfacher Mann, ein Weinbauer, der keine großen Ansprüche stellte. Ein Mensch, der sich nichts vormachte.
    Er wußte, was mit Nadine passiert war, noch ehe er ihren Leichnam gesehen hatte. Er fühlte es.
    Ramond Suchard setzte sich auf. Erde klebte in seinem Gesicht. Er starrte seine Tochter an, als sei sie eine völlig Fremde.
    »Was?«
    »Die Ruine. Sie ist… ist verschwunden. Eben war sie noch da. Dann verschwammen die Konturen, und Augenblicke später war sie fort.«
    Das war einfach ausgedrückt, um zu der Stelle zu gehen, wo die schwarze Kapelle gestanden hatte. Jetzt waren da nur die Reben.
    Langsam tappte der Weinbauer auf den Platz zu.
    Seine beiden Kinder folgten ihm.
    »Ihr bleibt zurück«, sagte Ramond, und sie gehorchten.
    Nun stand Ramond Suchard dort, wo die schwarze Kapelle gewesen war. Stille herrschte immer noch, die nur von Julots leisem Weinen durchbrochen wurde. Auf der Straße unten fuhr ein Traktor vorbei, ein schmalspuriger Weinbergschlepper.
    Die Reben wuchsen, als hätte es nie eine Geisterruine gegeben.
    Nadine Suchard lag in einer Rebgasse. Ramond erkannte sie kaum wieder. Ihr Kopf saß in völlig unnatürlichem Winkel auf dem Hals, das Haar und die Kleider waren blutverklebt. Nadines Gesicht war unversehrt geblieben, aber grauenhaft verzerrt vor Schmerz und unglaublicher Angst.
    Ramond zitterte, als er die schrecklichen Verletzungen sah und wandte sich taumelnd ab. Er kehrte zu seinen Kindern zurück, aschfahl, wie ein Schlafwandler. Der Schicksalsschlag hatte ihn getroffen, wie’ ein gewaltiger Axthieb einem Baum ins Mark fuhr.
    »Geh du zur Straße hinunter, Yvette«, sagte er heiser, »halt ein Auto an und laß dich in die Stadt fahren. Verständige die Polizei. Ich warte mit Julot hier.«
    »Ist Mutter tot?«
    »Frag nicht, und sieh nicht dahin, wo sie liegt. Ihr sollt sie so in Erinnerung behalten, wie sie zu Lebzeiten war. Geh jetzt, Yvette, geh!«
    Aufschluchzend lief das Mädchen zur Treppe und stieg die Stufen hinunter. Ramond Suchard setzte sich auf die Erde und zog Julot an sich, der verzweifelt weinte. Suchards Denken kreiste nur um eine Frage. Warum Nadine?
    Welche Verbindung gab es zwischen seiner Frau und den Schwestern Jeanne und Anette Lesanque? Ramond hatte
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