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0067 - Die Teufelssekte

0067 - Die Teufelssekte

Titel: 0067 - Die Teufelssekte
Autoren: Jason Dark
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Als er mich sah, schob er seinen alten Hut – einen Filz, den schon sein Großvater getragen haben mußte – mit dem Daumen in den Nacken und begann zu stöhnen.
    »Mit allem habe ich gerechnet, nur nicht mit Ihnen Sinclair. Dann können meine Leute ja gleich einpacken. Bestimmt ist die Leiche von einem Geist gekillt worden.«
    Ich zeigte meine Zähne und deutete ein bissiges Grinsen an. »Irrtum, mein Lieber. Selbstmord.«
    Tanner reichte mir die Hand. »Wirklich?«
    »Vielleicht.«
    »Können Sie Näheres mitteilen, Sinclair?« Der Chiefinspektor bückte sich und hob die Decke hoch. Sekundenlang schaute er sich die Leiche an. Dann schüttelte er den Kopf. »So jung noch, verdammt, es macht bald keinen Spaß mehr.«
    Ich berichtete, daß mir die Tote fast auf die Kühlerhaube gefallen wäre.
    »Und mehr wissen Sie auch nicht?« fragte Tanner.
    Ich rammte meine Hände in die Manteltaschen. »Nein, leider nicht.«
    »Das ist dumm. Wenn man wenigstens den Namen wüßte.«
    Mit dem Daumen deutete ich auf das Apartmenthaus.
    »Fragen Sie doch da mal die Bewohner?«
    Tanner schickte zwei Leute los.
    Der Fotograf schoß inzwischen ein paar Aufnahmen, und die Experten der Spurensicherung begaben sich an ihre Arbeit. Viel würden sie nicht finden, aber sie mußten sehr sorgfältig zu Werke gehen, denn noch stand nicht fest, ob die Frau Selbstmord verübt hatte. Sie konnte ebensogut vom Dach gestürzt worden sein.
    Aber das würde eine genauere Untersuchung zeigen.
    Zeugen fanden sich schnell. Das heißt, Personen, denen die Tote bekannt war.
    Die beiden Beamten kamen mit einem grauhaarigen Mann zurück, der neben uns stehenblieb, einen scheuen Blick auf die Leiche warf und sich dann über das Gesicht wischte.
    »Ja«, sagte er, »das ist Miriam Gray.«
    »Sie wohnte bei Ihnen?« fragte Tanner.
    »Zwei Apartments weiter, um genau zu sein.«
    Tanner nickte. »Wir nehmen Ihre Aussage noch zu Protokoll. Bitte halten Sie sich bereit.«
    »Geht in Ordnung, Sir.«
    Ich hatte noch einige Fragen an den Mann. »Wie gut kannten Sie Miß Gray eigentlich. Sie war doch unverheiratet – oder?«
    »Sicher.«
    Ich wiederholte meine Frage.
    »Nicht sehr gut. Wir haben uns gegrüßt, und das war alles.«
    »Sie haben sich doch bestimmt ein Bild von ihr gemacht. Wußten Sie, wo Sie arbeitete?«
    »Bei irgendeiner Versicherung.«
    »Fantastisch. Sie wissen ja mehr über die Tote, als ich angenommen habe.«
    Er wurde rot. Ich grinste innerlich. Wahrscheinlich war er hinter dem Girl hergewesen und konnte bei ihm nicht landen.
    »Welchen Umgang hatte sie? Ich meine, kannten Sie Ihren Freund oder die Freundin?«
    Er wollte nicht so recht mit der Sprache heraus. Ich beruhigte ihn, indem ich sagte: »Ihre Aussagen werden vertraulich behandelt.«
    »Okay, Sir«, meinte er dann. »Wissen Sie, ich bin verheiratet, und wenn meine Frau…«
    »Verstehe schon.«
    »Ich war mal bei ihr«, erzählte er. »Vor ungefähr einer Woche. Aber der Abend verlief völlig anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Sie interessierte sich überhaupt nicht für mich, sondern sprach nur von sich. Sie machte einen fast geistesabwesenden Eindruck und redete von einer gewissen Todessehnsucht, die sie überfallen hat. Ja, sie wollte sterben.«
    Der Mann schwieg.
    Ich aber machte mir meine Gedanken. Menschen, die sich nach dem Tod sehnen, gibt es. Sie werden mit dem Leben nicht fertig und warten förmlich auf das Jenseits. Aber meistens sind dies einsame Menschen, die mit sich selbst und ihrer Umwelt nicht zurechtkommen.
    »War Miß Gray einsam?« fragte ich.
    »Nein, ganz im Gegenteil.«
    »Erzählen Sie.«
    »Nun, Sir, sie redete an diesem bewußten Abend sehr viel. Sie sprach über ihre Todessehnsucht, und dann, als der Wein ihre Zunge noch mehr gelockert hatte, erzählte sie von dem Woman’s Circle.«
    »Was ist das?« erkundigte sich Tanner.
    »Irgendein Frauenclub, glaube ich.« Der Mann winkte ab. »Solch ein Emanzenkreis, Sie wissen ja.«
    »Sind Sie da sicher?« hakte ich nach.
    »Es hörte sich so an. Miß Gray redete über Freiheit. Damit meinte sie nicht nur die Freiheit des Körpers, sondern auch die der Seele. Ich habe gar nicht richtig zugehört, ich weiß auch nicht, wo sich der Club befindet und wie viele Mitglieder er hat. Mich interessierte das nicht weiter. Der Abend war auf jeden Fall ein ziemlicher Mißerfolg, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Ich nickte gedankenverloren.
    Chiefinspektor Tanner sagte: »Ich danke Ihnen für Ihre Aussage, Mister.
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