Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0066 - Ich folgte dem roten Wagen

0066 - Ich folgte dem roten Wagen

Titel: 0066 - Ich folgte dem roten Wagen
Autoren: Ich folgte dem roten Wagen
Vom Netzwerk:
Marshall machte mich mit seiner Frau bekannt. Wir nahmen alle rings um einen modernen Rauchtisch Platz und der Hausherr bot Zigaretten an. Inzwischen hatte Mrs. Marshall auch für Gläser, Whisky und Soda gesorgt und wir tranken schweigend das erste Glas aus. Aber alle unsere Gedanken waren in diesem Augenblick mit der bangen Frage beschäftigt: Wo mag die kleine Heddy sein?
    Nachdem wir die Gläser wieder abgesetzt hatten, sagte ich: »Es tut mir leid, dass ich Sie noch einmal mit der ganzen Geschichte behelligen muss. Ich habe selbstverständlich schon alle Protokolle darüber gelesen, aber ein Protokoll kann nicht den persönlichen Eindruck eines direkten Gesprächs vermitteln. Darf ich Sie deshalb bitten, mir den Hergang noch einmal genau zu berichten?«
    Mrs. Marshall nickte.
    »Ja«, sagte sie mit leiser Stimme. »Selbstverständlich, Agent Cotton. Also das war vor drei Tagen. Ich hatte in der Stadt zu tun und Heddy nicht mitgenommen, weil sie beim Einkäufen meistens etwas lästig ist. Sie wissen ja, wie Kinder sind: Überall gibt es für sie etwas zu sehen, wo sie stehen bleiben müssen. Das stört besonders, wenn man es eilig hat. Deshalb ließ ich Heddy zu Hause… Ich mache mir schon Vorwürfe deswegen…«
    Ihre Stimme war sehr leise geworden. Man konnte es der armen Frau ansehen, dass sie längst keine Tränen mehr hatte.
    »Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen, Mrs. Marshall«, tröstete ich.
    »Die Kidnapper hätten das Kind auch entführen können, wenn Sie bei ihm waren.«
    »Meinen Sie?«
    »Aber gewiss! Im dichten Verkehrstrubel lässt sich so etwas immer arrangieren, noch dazu, wenn man ein wartendes Auto in der Nähe haben kann. Und den Kidnappern wird es bestimmt nicht an einem Wagen fehlen.«
    Mrs. Marshall atmete tief.
    »Das beruhigt mich etwas«, murmelte sie. »Sie glauben gar nicht, wie fürchterlich es ist, wenn zur Sorge um das Kind noch das atembeklemmende Gefühl hinzukommt, dass man vielleicht indirekt selbst schuld an dieser Entführung sein könnte, weil man das Kind nicht ständig beobachtete.«
    »No«, wiederholte ich, »Sie brauchen sich in diesem Punkt wirklich keine Vorwürfe zu machen. Aber kommen wir zum Thema zurück: Sie fuhren in die Stadt. Nachmittags?«
    »Ja, gegen drei Uhr.«
    »Wo war das Kind?«
    »Heddy spielte vor dem Haus.«
    »Und als Sie zurückkamen, war es verschwunden?«
    »Ja. Ich fuhr sofort zum Office meines Mannes und anschließend zum FBI.«
    »Augenblick!«, unterbrach ich. »Nach wie viel Stunden kamen Sie aus der Stadt zurück?«
    »Ungefähr nach einer Stunde.«
    »Was? Und weil das Kind nach einer Stunde verschwunden war, fuhren Sie schon zur Polizei? Das ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Kinder mal für eine Stunde verdrücken.«
    »Ich hatte ja den Brief im Postkasten an der Gartentür gefunden.«
    »Welchen Brief?«
    »Den Brief der Erpresser. Als ich zurückkam, sah ich gewohnheitsmäßig im Briefkasten nach, ob vielleicht mit der Nachmittagspost etwas gekommen sei. Da fand ich den Brief. Ich öffnete ihn ahnungslos…«
    »Stop!«, unterbrach ich wieder. »Der Brief lag also bereits eine Stunde, nachdem Sie in die Stadt gefahren waren, in Ihrem Briefkasten?«
    »Ja.«
    »Aha. Erzählen Sie weiter. Sie fuhren zu Ihrem Mann, nachdem Sie aus dem Brief ersehen hatten, dass Ihre Heddy von Kidnappern entführt worden war. Sie sprachen natürlich mit Ihrem Mann darüber und beschlossen dann, das FBI in Kenntnis zu setzen?«
    »Ja. So war es.«
    »Haben Sie sich nicht vorher nach dem Verbleib des Kindes umgesehen?«
    »Doch, natürlich. Aber Dorothy, das ist unser Mädchen, konnte mir nur sagen, dass sie zufällig gesehen hätte, wie Heddy mit einer Frau auf der Straße gesprochen hatte.«
    »Daran fand das Mädchen nichts Auffälliges?«
    »Nein. Ich hätte selbst nichts Auffälliges daran gefunden. Heddy ist nicht scheu, und sie spricht jeden Erwachsenen an, wenn ihr beispielsweise ihr Ball in einen Strauch gefallen ist, aus dem sie ihn selbst nicht herausholen kann.«
    »Ist Ihr Mädchen noch im Haus?«
    »Ja. Sie ist vor einer Viertelstunde in ihr Zimmer gegangen.«
    »Ich möchte sie gern sprechen.«
    »Ich werde sie holen.«
    Mrs. Marshall erhob sich und verließ das Zimmer. Wenig später kam sie mit einem etwa siebzehnjährigen Mädchen zurück, das verschüchtert knickste, als man ihm gesagt hatte, dass ich vom FBI käme.
    »Sie haben gesehen, dass eine Frau mit Heddy auf der Straße vor dem Hause gesprochen hat?«
    »Ja,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher