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0063 - Sandra und ihr zweites Ich

0063 - Sandra und ihr zweites Ich

Titel: 0063 - Sandra und ihr zweites Ich
Autoren: Richard Wunderer
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sich eine vermummte Gestalt ins Freie. Ein Kopftuch und ein weiter Umhang machten die Frau fast unkenntlich, bis ein Windstoß durch den Garten fauchte. Er riß ihr das Tuch aus dem Gesicht.
    Sandra Stanwick. So hatte ich sie in ihrem Haus gesehen, doch jetzt war ihr Gesicht in wildem Triumph verzerrt. Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß ein gellendes Gelächter aus, das mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
    Ich rührte mich nicht von der Stelle, sondern wartete ab. Bis jetzt verstand ich noch nicht, was sich in diesem Haus abgespielt hatte. Doch schlagartig wußte ich, daß Larry Flint nicht fantasiert hatte.
    Sandra Stanwick kehrte in das Haus zurück. Sekunden später erschien sie wieder und zerrte einen großen Sack hinter sich die Stufen hinunter. Keuchend richtete sie sich auf. Wieder sah ich ihr Gesicht. Kein Zweifel, es war die Frau, die ich als Sandra Stanwick kennengelernt hatte.
    Aus einem Schuppen holte sie eine Schaufel und begann, weiter hinten im Garten zu graben.
    Ein Grab hob sie aus.
    Ich überlegte fieberhaft. Natürlich hätte ich jetzt aus meinem Versteck kommen und nachsehen können, was sich in dem Sack befand. Aber ich hatte das Gefühl, daß das ein gefährlicher Fehler gewesen wäre. Ich kannte Sandra Stanwick noch zu wenig und wußte nicht, über welche Fähigkeiten sie verfügte.
    Ich ließ sie graben. Eine halbe Stunde lang. Offenbar mit letzter Kraft schob sie das schwere Bündel in die Grube und häufte Erde darauf. Sie machte sich nicht mehr die Mühe, die Oberfläche glattzustreichen oder die abgestochenen Rasenstücke daraufzulegen.
    Zum Umfallen müde wankte sie ins Haus zurück und schloß hinter sich ab.
    Ich wartete noch eine halbe Stunde und wollte mich dem Grab nähern.
    In diesem Moment tauchte neben mir eine massige Gestalt aus den Büschen auf und versperrte mir den Weg.
    ***
    Schon wollte ich mich auf den Mann stürzen, als ich ihn erkannte.
    »Suko!« rief ich unterdrückt. »Was tust du hier?«
    Der Hüne grinste. »Es hat Jane und mir zu lange gedauert, John«, gab er flüsternd zurück. »Wir haben im Yard angerufen und erfahren, wo du bist. Den Rest haben wir uns zusammengereimt.«
    Ich erklärte ihm kurz, was geschehen war. Er wurde sehr ernst und deutete auf das frische Grab.
    »Sehen wir nach«, sagte er und wollte losstapfen.
    »Wo ist Jane jetzt?« fragte ich.
    »Ich habe sie überredet, zu Hause zu bleiben«, antwortete mein Freund.
    »Und mein Koffer?«
    Er machte ein schuldbewußtes Gesicht. »Habe ich ehrlich gesagt vergessen«, gestand er. »Komm, John, wir wollen keine Zeit verlieren.«
    Er watete durch den aufgeweichten Boden zu dem Grab, schnappte sich die Schaufel und stieß sie in die weiche Erde. Ich beobachtete ununterbrochen das Haus und die Umgebung, aber nichts rührte sich. Nach fünf Minuten löste ich Suko ab, und der riesige Chinese übernahm die Wache.
    Endlich stieß ich auf den Sack. Ich legte ihn vorsichtig frei. Suko reichte mir ein Taschenmesser in die Grube herunter.
    Er leuchtete mit einer Taschenlampe, während ich den Sack an einem Ende aufschnitt und auseinanderschlug.
    Mein Freund stöhnte unterdrückt, und ich hielt nur mit Mühe einen Schrei zurück.
    Es war eine Leiche. Eine Frauenleiche.
    Die Wunden waren schrecklich anzusehen.
    So töteten nur Dämonen!
    Das Schockierendste aber war, daß ich diese Tote kannte. Es war die Frau aus der Villa – Sandra Stanwick.
    ***
    Fassungslos starrte ich auf die Leiche. Schreckliche Wunden! Das stimmte mit Larry Flints Beschreibung überein.
    Es gab also wirklich diese schauerlich zugerichtete Leiche! Flint hatte sie gesehen. Und es stimmte auch, daß seine Freundin tot war.
    Wer aber war dann die andere Frau? Sie glich der Toten perfekt. Sogar Flint hatte sie für Sandra Stanwick gehalten. Und sie hatte über Flint Bescheid gewußt.
    Eine perfekte Doppelgängerin!
    Suko rüttelte mich an der Schulter. »He, John, wach auf«, sagte er ungeduldig. »Was ist denn los? Hast du noch nie eine Leiche gesehen?«
    Ich sagte ihm, was los war. Danach sah er aus, als würde er einen Whisky brauchen.
    »Das ist doch…!« murmelte er und musterte finster die unheimliche Villa. »Was machen wir jetzt?«
    »Wir besuchen Sandra Stanwick – oder die Frau, die wie sie aussieht!« Ich deutete auf die Hintertür. »Probiere, ob du da hinein kommst.«
    So schwerfällig Suko wirkte, so gewandt und lautlos konnte er sich bewegen. Er schlich auf die Tür zu, und eine halbe Minute später
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