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0062 - Die blauen Zwerge

Titel: 0062 - Die blauen Zwerge
Autoren: Unbekannt
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nahezu sechzig Stunden keine Nachricht über den Verbleib der Expedition mehr bekommen hatte.
    Wer Hollander so gut kannte wie Mullon, dem fiel es nicht schwer anzunehmen, daß Hollander diese Phase der Ungewißheit für seine Zwecke ausgenutzt haben mochte. Es war leider so, daß die Volksversammlung, obwohl eine dem Wesen nach demokratische Organisation, in der Hauptsache von der Willensstärke ihres Präsidenten lebte. O'Bannon und Wolley waren zwar kluge Männer, die notfalls die Volksversammlung hätten in Mullons Sinn leiten können, aber Hollander waren sie nicht gewachsen.
    Mullon ließ also sein Gewehr an der Stelle, an der er sich zum Wachen niedergelassen hatte, und stieg den Hügel hinauf zum Hubschrauber. Er öffnete die Kabine, kletterte hinein und schaltete die Standbeleuchtung an, um sich den Schaden anzusehen, den Pashens Zange angerichtet hatte.
    Dann löste er vorsichtig die Schaltknöpfe, die verschont geblieben waren und nahm die Frontplatte ab.
    Auf den ersten Blick schien es ihm, als werde er das Gewirr von Drahtleitungen, das sich hinter der Platte verbarg, niemals entwirren können, zumal er von Hochfrequenztechnik nicht allzuviel verstand. Aber in einer Stunde konsequenter Arbeit erreichte er es, sich einen Überblick zu verschaffen, und als das geschehen war, glaubte er sogar, den Sender wieder instandsetzen zu können.
    Er ruhte sich eine Weile aus und machte sich dann von neuem an die Arbeit. Er nahm die nötigen Werkzeuge aus dem Kasten, der neben dem Pilotensitz auf dem Boden angebracht war, und ging daran, die abgerissenen Leitungsenden anzustückeln, so, daß sie wieder mit den Knopfkontakten verbunden werden konnten.
    Da hörte er ein winziges, schwaches Geräusch hinter sich und fuhr herum. Aus der Finsternis draußen, jenseits der Kabine, schaute Pashens Gesicht herein. Mullon hatte ihn nicht kommen hören. Er stand auf der Trittleiter, die zur Kabine heraufführte, und starrte Mullon unbeweglich an.
    „Mann, haben Sie mich erschreckt!" stöhnte Mullon. „Was wollen Sie hier?"
    „Ich suche nach dem Mann", antwortete Pashen, „der mitten in der Nacht seinen Posten verläßt!" Mullon stutzte. „Machen Sie sich nicht lächerlich: Ich habe Wichtigeres zu tun, als die Mücken zu zählen, die um Ihr Zelt fliegen." Pashen schüttelte den Kopf. „Sie werden den Sender nicht mehr brauchen. Mullon", sagte er dumpf.
    Mullon hatte plötzlich eine Ahnung - so erschreckend, daß er ein paar Sekunden brauchte, um die Sprache wiederzufinden. „Warum nicht?" Pashens Gesicht verzog sich zu höhnischem Grinsen.
    „Haben Sie das noch nicht gemerkt?"
    Zeit gewinnen, dachte Mullon, nur Zeit gewinnen. Vielleicht hört jemand unser Gespräch und kommt herauf. Pashen trägt wahrscheinlich seine Pistole bei sich.
    „Doch, ich denke", antwortete er grimmig. „Es hätte mir schon längst auffallen sollen, nicht wahr?"
    Pashen schien einem Gespräch nicht abgeneigt. „So, meinen Sie? Wo denn?"
    „Schon in den Bergen. Die Kapillarleitung bekam ein Leck. Die Kapillarleitung, die am wenigsten beansprucht wird und bei zu starker Beanspruchung höchstens abknicken oder brechen, aber kein Loch bekommen kann." Pashen nickte ungerührt. „Sie beobachten gut", sagte er. „Aber leider zu spät."
    „Ja", seufzte Mullon, „da haben Sie recht. Hollander wollte sichergehen, daß Harper und seine Genossen mich in den Bergen auch fänden. Deswegen lädierten Sie den Helikopter, so, daß wir nicht fliegen konnten. Als Sie glaubten, daß Harper nun dicht genug herangekommen sei und ein Zeichen brauche, damit er uns finden konnte, entdeckten Sie freundlicherweise das Leck an der Kapillarleitung und setzten die Maschine wieder instand. War es so?"
    „Genau", antwortete Pashen. „Und der Sender ist natürlich auch nicht zufällig entzweigegangen", fuhr Mullon fast gemächlich fort. „Sie mußten verhindern, daß ich Nachricht nach Greenwich gab. Warum eigentlich? Wenn ich Nachricht gegeben hätte, was würde das an Ihren Plänen ändern?"
    „An meinen gar nichts", gab Pashen zu, „aber an Hollanders. Nur Hollander darf von der Existenz der blauen Zwerge erfahren, sonst niemand."
    „Aha", machte Mullon. „Sie denken, daß er sich die Blauen zunutze machen will."
    „Wenn er von ihnen erfährt, ganz sicher."
    „Und was haben Sie von dem Verrat, zu dem Sie sich da hergeben?" Pashen hob die Schultern.
    „Hollander belohnt seine Leute. Sie müssen wissen: Mit der Demokratie wird es zu Ende sein, sobald
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