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0060 - Der Geisterfahrer

0060 - Der Geisterfahrer

Titel: 0060 - Der Geisterfahrer
Autoren: Walter Appel
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Und ein bestialischer Schwefelgestank breitete sich aus.
    Wir husteten, wichen zurück und hielten uns die Nasen zu.
    »Sacre tonnerre, was ist das?« rief der große Wandervogel. »Quel malheur!«
    Suko hatte die Fäuste geballt und stand auf dem Sprung. Will Mallmann hielt die Hand am Pistolengriff. Ich tastete nach dem silbernen Kreuz auf meiner Brust. Eigenartige Laute, ein Glucksen und Schmatzen, waren hinter den Burgmauern zu hören.
    Ich riß am Glockenzug, aber drinnen rührte sich nichts. Wir hämmerten mit den Fäusten gegen das Burgtor, Suko trat dagegen, daß es krachte. Aber Dietrich Künzler ließ nichts mehr von sich sehen und hören.
    Nach mehreren Minuten wich der bestialische Schwefelgestank, der fahle Schein verblaßte, und die unheimlichen Laute verstummten. Der Spuk war vorbei. Ich glaubte, das hämische Kichern des fetten Burgverwalters und Herbergsleiters zu hören.
    Er hatte gut lachen, wir standen vor dem Burgtor wie bestellt und nicht abgeholt. Die dicken Mauern waren fünf Meter hoch. Ohne Hilfsmittel konnten wir sie nicht übersteigen.
    Vielleicht stand auf einer anderen Seite, von hier aus nicht sichtbar, ein Baum in der Nähe der Mauer. An diesem Baum hätte ich hochklettern und über die Zinnen gelangen können.
    Aber ich überlegte mir etwas anderes. Der Urheber dieses Spuks war keinesfalls schwach und harmlos. Wenn ich gegen ihn bestehen wollte, mußte ich gut gewappnet sein. Daß der Werwolf Suko in die Nähe der Burg gelockt hatte, war kein Zufall gewesen.
    Unsere dämonischen Feinde lauerten auf uns, noch spielten sie mit uns.
    »Wir kehren nach Königstein zurück und fahren morgen wieder zur Burg herauf«, sagte ich. »Wir ändern unsere Pläne. Wir quartieren uns hier ein, und dann wollen wir einmal sehen.«
    Kommissar Mallmann und Suko stimmten sofort zu.
    »Und was fangen wir an?« fragte der Kleine mit der Brille. »Sollen wir vielleicht im Wald schlafen?«
    Das konnten wir den beiden keinesfalls zumuten. Zumal es sich um eine Spukburg handelte und der Werwolf vielleicht noch in der Gegend umherstreifte. Ich schlug ihnen vor, sie mit nach Königstein zu nehmen, wo sie sich im Hotel einquartieren konnten.
    Die beiden stimmten dankbar zu. Ich trat eine Strecke zurück, um nach der Leuchterscheinung mit den kabbalistischen Zeichen sehen zu können. Sie war erloschen.
    Burg Felseneck lag im Dunkeln, außer dem Rauschen des Windes war nichts mehr zu vernehmen. Wir stiegen in den Wagen. Die Rucksäcke der zwei Wandervögel waren im Kofferraum verstaut. Die beiden jungen Männer zwängten sich zu Suko auf den Rücksitz.
    Bei der Rückfahrt erzählten sie, daß sie beide aus Toulon stammten und Studenten der Zahnmedizin waren. Der Große mit der Gitarre hieß Jean Arnois, der Kleine mit der Nickelbrille Bernard Roget. Sie wollten den Taunus durchwandern und waren am Sonntag in Frankfurt eingetroffen.
    Nach einem ausgedehnten Bummel durch die Sachsenhäuser Apfelweinlokale hatten sie an diesem Morgen in ihrer Pension erst spät aus dem Bett gefunden. Dann waren sie mit der Straßenbahn nach Kronberg gefahren und von dort nach Falkenstein gewandert, wo sie zum Abendessen in einer Gaststätte einkehrten.
    Und da versackten sie wieder und zogen erst reichlich spät zur Jugendherberge los. Jean und Bernard waren zwei lustige Vögel. Doch jetzt hatten ihnen die Spukerscheinungen aufs Gemüt geschlagen.
    Sie fragten mich wegen des Spuks.
    »Ich kann euch darüber nichts sagen«, antwortete ich. »Aber ich rate euch, Burg Felseneck fernzubleiben. Es gibt noch andere Jugendherbergen.«
    Der große Jean ließ einen langgezogenen Hmm-Brummer los. Er überzeugte mich keineswegs, daß die beiden meinen Rat beherzigen würden.
    ***
    Als der Wagen abgefahren war, watschelte der fette Dietrich Künzler zu dem Ziehbrunnen hin, der zwischen Söller und Hauptgebäude der Burg lag. Man sah, daß auf der Burg tagsüber die Maurer und Verputzer am Werk waren. Am Hauptgebäude und an einem Nebenbau standen Arbeitsgerüste aus Metallstreben, auf denen Bretter lagen.
    Nicht nur die Innenräume der Burg sollten gründlich renoviert werden.
    Außer Künzler hielten sich noch sechs Personen ständig auf der Burg auf. Eine Köchin und zwei Gehilfinnen sowie zwei Arbeiter, die Künzler zur Hand gingen. Außerdem noch ein Beamter des Amtes für Bau- und Denkmalspflege.
    Auf der Burg und in den Gewölben geschah allerlei, wovon die zuständigen Stellen des Landes Hessen nichts wußten. Dietrich Künzler war nach
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