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0049 - Der blaue Tod

0049 - Der blaue Tod

Titel: 0049 - Der blaue Tod
Autoren: Holger Friedrichs
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einen Ring um die Stadt zu schließen. Sie machen die gesamte Peripherie sozusagen hermetisch dicht. Wenn sie die kaputten Fenster unseres Schlittens sehen, versuchen sie, uns zu stoppen. Au- ßerdem dürfte die Meldung über den Raub des Streifenwagens inzwischen die Runde gemacht haben.«
    »Na wenn schon«, sagte Bienmât dumpf. »Wir schlagen uns schon durch. Bin froh, dass wir uns nicht trennen mussten.«
    Mauvais verzog den Mund zu einer düsteren Grimasse. »Besonders Paul sollte zufrieden sein. Passiert nicht oft, dass einer einen Coup vermasselt und dann auch noch mit einem Drittel der Beute flüchten darf.«
    Grivois’ Blick in den Rückspiegel wurde unstet. »Hört zu, ich… Ich kann mir selbst nicht erklären, wie das mit dem elektrischen Kontakt passieren konnte. Ihr wisst doch, dass ich sonst nie Mist baue …«
    »Das stimmt«, sagte Henri.
    »Das stimmt«, ahmte Mauvais ihn höhnisch nach. »Fehler dürfen einfach nicht geschehen. Und wenn so was wie heute Nacht vorkommt, dann ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass Paul nicht mehr der Alte ist. Jeder lässt mit der Zeit nach. Irgendwann kommt eben der Moment, in dem ein Mann aus einer Gruppe abgestoßen werden muss.«
    Grivois würgte einen dicken Klumpen herunter, der sich in seinem Hals gebildet hatte. »Jean-Luc, ich schwöre dir, dass mir was Ähnliches nicht wieder unterläuft. Mach’ mich nicht für einen Patzer fertig. Tu’s nicht…«
    »Ich werd’s mir überlegen.«
    »Da vorn«, sagte Henri Bienmât plötzlich.
    Rund fünfhundert Meter entfernt flammten auf der schnurgerade verlaufenden Straße Lichter auf. Autoscheinwerfer und zwei Blaulichter. Mauvais tippte Grivois mit dem Finger gegen die Schulter, und jener begriff sofort. Er bog in eine Seitenstraße ab. Sie trachteten danach, die Absperrung zu umrunden – doch das Unternehmen wurde vereitelt.
    Auch die Parallelstraße der Strecke, die sie bisher benutzt hatten, war von Polizisten abgeriegelt. Deutlich nahmen sich vor ihnen die Blaulichter und anderen Leuchtkörper, die Gestalten der Uniformierten und im Anschlag gehaltenen Handfeuerwaffen aus.
    »Verflucht, sämtliche Bullen von Brest sind auf den Beinen«, sagte Jean-Luc Mauvais. »Auf die klammheimliche Tour ist da nichts zu machen. Wir geben ihnen wieder Zunder. Ihr wisst, was ihr zu tun habt.«
    Sie waren, wie bereits erwähnt, ein eingespieltes Trio. Es bedurfte keiner langen Anweisungen seitens Mauvais’. Er und der Bullige kurbelten die hinteren Seitenscheiben herunter. Grivois trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch, und das Fahrzeug senkte sich hinten ein Stück tiefer. Mit aufheulendem Motor rollte es auf die Absperrung zu.
    Grelle Scheinwerfer richteten sich auf sie. Paul Grivois fluchte, schaltete die Beleuchtung des Autos ab und rutschte ein Stück tiefer.
    Er lag förmlich schräg unter dem Lenkrad. Hinter ihm beugten sich Mauvais und Bienmât aus den Fenstern und feuerten, bevor die Polizisten mit dem Schießen anfingen.
    Die Gangster hielten auf die Scheinwerfer, auf die Streifenwagen vor ihnen und auf die vielen uniformierten Männer, die schleunigst zu den Seiten fortspritzten und nach Deckungen suchten. Glas zerklirrte. Schreie waren zu vernehmen. Henri Bienmât brüllte wild und hielt auf alles, was sich regte oder Helligkeit verbreitete. Jean-Luc Mauvais blickte mit angespanntem, hasserfülltem Gesicht über den Waffenlauf hinweg und streute die tödliche Bleiladung wie Kornsaat aus.
    Als die Polizisten das Feuer erwiderten, duckten sie sich hinter die Fensterleisten. Projektile zerhieben die noch letzten Reste der Autoscheiben. Glaskrümel regneten in den Innenraum. Paul Grivois hockte unter dem Lenkrad und fuhr aufs Geratewohl durch die Absperrung hindurch. Eine Barriere aus Holz zersplitterte unter dem wuchtigen Aufprall ihres Wagens. Der rechte vordere Kotflügel streifte ein Fahrzeug. Leicht schleuderte das Auto hin und her, doch Grivois hatte den Wagen im Griff. Er verhinderte ein Ausscheren, riskierte einen Blick über das Armaturenbrett hinweg und hielt den Wagen auf richtigem Kurs auf der schnurgerade verlaufenden Fahrbahn.
    Geschossgarben wurden ihnen nachgeschickt. Aber keine Kugel traf die Reifen. Es war zu dunkel, um genaues Zielen zu ermöglichen. Auch Mauvais und Bienmât, die nach hinten Ausschau hielten, konnten die Polizisten nur noch undeutlich neben den Trümmern der Absperrung, den erloschenen Scheinwerfern und den dunklen Silhouetten der Streifenwagen ausmachen.
    Ohne zu sprechen
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