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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin
Autoren: Franc Helgath
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modrigen Luft, die uralten Gemäuern eigen ist. Dann wandte er sich um, um mit ebenso getragenen Schritten wieder in den bewohnten Teil des Schlosses zurückzukehren. Der Zauber der Stimmung, die ihn umfangen hatte, fiel wieder ab von ihm, je mehr er sich diesem Schlossteil näherte. Schließlich stand er vor der Tür zur Bibliothek und öffnete sie.
    Bill lag immer noch auf der Couch. Als Zamorra in den Raum trat, fuhr er von seinem Lager hoch.
    »Verdammt!«, waren seine ersten Worte. »Wie spät ist es?«
    »Essenszeit«, antwortete Zamorra. »An deiner Stelle würde ich mich frisch machen. In einer halben Stunde wird aufgetischt. Wer weiß, wann wir wieder anständig speisen können, wenn wir erst mal unterwegs sind?«
    »Unterwegs?«
    Bill fuhr sich mit den Fingern durch die zerstruwwelten Haare. Es war ihm anzusehen, dass er sich sein Gehirn zermarterte, dass die Erinnerung nur bruchstückhaft wiederkehrte.
    »Du meinst…«, sagte er schließlich.
    »Ich meine, dass du nicht geträumt hast«, unterbrach Zamorra ihn.
    »Wir haben uns für eine kleine Reise verabredet, eine Reise in die Vergangenheit.«
    »Dann ist es also doch wahr«, stöhnte Bill. »Und damit überfällst du mich, noch bevor ich ein Aspirin geschluckt habe. Verdammt, brummt mein Schädel.«
    »Auch wenn du dich vulgärer Ausdrücke bedienst, werden deine Kopfschmerzen nicht besser. Ich würde meinen, dass eine eiskalte Dusche, eine Rasur, frische Kleider und ein kräftiges Essen dich schnell wieder fit machen. Du kommst dann nach unten, ja?«
    Professor Zamorra ließ den Freund alleine zurück. Er kannte sich aus im Schloss und brauchte keinen Führer.
    Unten in der Halle traf Zamorra Nicole, seine Sekretärin. Trotz der Erlebnisse und der Strapazen der vergangenen Nacht sah sie frisch aus, als wäre sie eben einem Modejournal entstiegen. Keine Spur von Augenrändern oder auch nur geschickt eingesetzte Kosmetik.
    Professor Zamorra war noch nie dahinter gekommen, wie sie das schaffte.
    »Guten Tag, Nicole. Du siehst wieder einmal prächtig aus.«
    »Du nicht, Chef«, sagte sie mit entwaffnender Offenheit. »Du siehst aus, als ob du nur sehr wenig geschlafen hättest.«
    Zamorra betrachtete sich in einem großen Spiegel, der an der Wand hing. »Du hast Recht, Nicole. Was das Ausschlafen betrifft, meine ich. Aber ich werde dich einige Zeit mit meinem Aussehen verschonen. Ich verreise nämlich. Mit Bill. Diesmal bleibst du zu Hause und hütest das Schloss, verstanden?«
    Sofort bildete sich die steile, V- förmige Unmutsfalte auf Nicoles Stirn. Sie musterte ihren Chef halb mitleidig, halb schmollend.
    »Du weißt genau, dass ich dich nicht alleine verreisen lasse, Chef. Ich würde umkommen in diesem Schloss, wenn ich dich irgendwo anders wüsste. Womöglich auch noch in Gefahr. Nein. Kommt gar nicht in Frage. Natürlich fahre ich mit.«
    »Wie du meinst.« Zamorra grinste. Von dieser »Reise« konnte er sie fernhalten. Er hätte kein gutes Gewissen dabei gehabt, Nicole auch noch absichtlich in Gefahr zu bringen.
    »Wann geht es los?«, fragte Nicole, und jetzt blickten ihre Augen misstrauisch: Sie war es nicht gewohnt, dass Zamorra so schnell auf ihre Wünsche einging. Da war doch etwas faul an der Sache. Oberfaul. Nicole entschloss sich, aufzupassen. Keinesfalls ließ sie sich abwimmeln.
    »Weiß ich noch nicht genau«, antwortete Zamorra vage. »Nicht vor heute Abend.«
    »Und wohin? Soll ich Tickets bestellen? Platzkarten besorgen? Den Wagen voll tanken?«
    »Nichts von alldem. Es ist noch Zeit.«
    Nicoles Misstrauen wuchs, doch sie hatte ihre Gesichtszüge vorzüglich in der Gewalt. Wenn sie wollte, konnte Nicole ein ziemliches Luder sein.
    »Dann werde ich eben warten, bis der große Meister geruht, seiner kleinen Sekretärin Näheres mitzuteilen«, entgegnete sie schnippisch.
    »Im Übrigen: Es ist gedeckt. Soll ich auftragen lassen? Im Salon?«
    Zamorra nickte geistesabwesend. Hatte er einen Fehler gemacht?
    War er zu schnell auf Nicoles Wunsch, mitreisen zu dürfen, eingegangen? Er verbannte diese Gedanken aus seinem Denken. Er hatte bei Gott Wichtigeres zu tun. Doch das sollte ihn nicht davon abhalten, das Mittagsmahl zu genießen. Er schnupperte. Kapaun! registrierten seine empfindlichen Sinne. Mit Trüffeln und Sauce Hollandaise. Dazu in Teig gebackene Auberginenherzen.
    »Ja, Nicole. Lass auftragen. Bill wird auch gleich kommen. Er hat heute ein wenig länger geschlafen. Könntest du heute Nachmittag ein paar Besorgungen für mich
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