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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady
Autoren: A.F. Morland
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spuckte, stand der Professor schon nicht mehr da, wohin das Projektil unterwegs war. Die Kugel schrammte über den Boden. Zamorra trieb Vitali mit einigen Schlägen durch den Raum. Plötzlich polterte die Pistole zu Boden. Vitali wurde hysterisch. Mit einer solchen Kampfmaschine hatte er nicht gerechnet. Er hatte Zamorra für einen harmlosen Wissenschaftler gehalten, dessen Muskeln über dicken Büchern langsam erschlafften. Dass Zamorra in sämtlichen Kampfsportarten geschult war und diese auch so oft wie möglich betrieb, hatte Kyrill Vitali nicht wissen können.
    Am Horizont zeichnete sich als dünner Silberstreifen ein Sieg für Zamorra ab. Da erwischte Vitali mit beiden Händen die Lehne eines Stuhls.
    Blitzartig schwang er ihn hoch. Zamorra vermochte zwar noch zur Seite zu schnellen, aber er konnte den Treffer nicht verhindern, lediglich abschwächen.
    Wie eine Granate traf der schwere Holzstuhl Zamorras Kopf. Er wankte und war für einige Augenblicke benommen. Kyrill Vitali hechtete sofort nach seiner Pistole. Nun hätte er Zamorra fertig machen können. Eine einzige Kugel hätte genügt. Doch Vitali wollte in erster Linie Semjon Muratow haben.
    Der Vorsprung des Jungen vergrößerte sich mit jeder Sekunde.
    Semjon durfte ihm auf keinen Fall entwischen. Mit Zamorra konnte er später immer noch abrechnen. Und selbst wenn Zamorra nach Akademgorod zurückfuhr, saß er dort in der Falle.
    Ohne sich weiter um den Professor zu kümmern, jagte der Oberst aus dem Haus. Der eiskalte Wind fauchte ihm ins erhitzte Gesicht.
    Er suchte Semjon und sah ihn über ein Feld rennen.
    Mit seinen Männern hatte er gebrüllt, weil sie Muratow hatten entkommen lassen. Es wäre eine Schande für ihn gewesen, wenn ihm dasselbe passiert wäre. Natürlich hätte er das vor seinen Leuten vertuschen können, nichts wäre leichter gewesen als das. Aber vor sich selbst wäre er als elender Versager dagestanden, und Kyrill Vitali hasste nichts so sehr wie Versager. Deshalb rannte er mit brennenden Lungen hinter dem Jungen her…
    Zamorra brauchte zwei wertvolle Minuten, um wieder einigermaßen klarzukommen. Der schwere Stuhl lag vor seinen Füßen auf dem Boden. Er umging ihn mit unsicherem Schritt. Sein ganzer Körper war in Schweiß gebadet. Wankend kam er aus dem Haus. Wenn er die Pelzmütze nicht getragen hätte, hätte es bestimmt eine böse Platzwunde gegeben. Zum Glück hatte die Mütze das Schlimmste abgefangen.
    Zamorras flatternder Blick entdeckte Vitali, der dem fliehenden Jungen nachlief. Sofort schlug auch der Professor diese Richtung ein.
    Er musste rennen wie die beiden anderen. Mit dem Moskwitsch wäre er schon am Anfang des Feldes stecken geblieben.
    Er lief, so schnell er konnte. Der kalte Wind machte ihn geistig wieder frisch. Es war ihm klar, dass er mit allen Mitteln verhindern musste, dass Vitali den Jungen der Miliz übergab.
    Und noch ein Problem schwirrte in seinem erhitzten Kopf herum: Wenn es ihm gelungen war, Vitali den Jungen abzujagen – wie ging es dann weiter? Der KGB-Oberst würde sofort Alarm schlagen.
    Noch in derselben Nacht. Alle Häfen, alle Flugplätze würden abgesperrt werden. Die gesamte Sowjetunion würde sich blitzartig abriegeln…
    Nicht denken! Nicht an so etwas denken! Nicht jetzt! hämmerte es in Zamorras Gehirn. Nur laufen! Schneller laufen als Vitali!
    Semjon rannte wie eine Maschine. Seine Lungen brannten wie Feuer. Seine Seiten stachen. Einmal schaute er zurück Vitali war ihm auf den Fersen. Wenn er erst einmal auf Schussnähe herangekommen war, war alles verloren.
    Deshalb lief Semjon um sein Leben. Er keuchte auf eine riesige Buschwand zu, die das Feld abgrenzte. Deutlich spürte er, wie seine Kräfte abbauten. Derselbe Prozess spielte sich vermutlich auch in Vitalis Körper ab, schließlich war der KGB-Mann kein Übermensch, doch möglicherweise ermattete Vitali nicht so schnell wie Muratow, denn Semjon war schon seit Tagen auf der Flucht, und das zehrt an den Nerven, das nagt an der Substanz eines Mannes.
    Atemlos warf sich Semjon in die dunkle Wand. Blätter und Zweige klatschten ihm ins Gesicht, wichen zur Seite, reichten ihn weiter, einige versuchten ihn zu Fall zu bringen, doch andere fingen ihn auf, als meinten sie es gut mit ihm.
    Er konnte nicht sehen, wohin er lief. Es war auch egal. Nur fort.
    Fort! Fort!
    Hinter ihm war ein Stampfen und Rascheln zu hören. Das war Vitali. Er hatte auf den letzten Metern bedenklich aufgeholt. Plötzlich war der Busch zu Ende. Semjon fiel auf
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