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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady
Autoren: A.F. Morland
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die ich dir bieten kann. Hol den armen Jungen aus Sibirien raus.«
    Zamorra überlegte noch eine Weile. Über seiner Nasenwurzel stand ein tief in die Stirn gegrabenes V. Der Professor wog alles Für und Wider ab und gab dem Freund schließlich seine Zustimmung.
    Da sprang Ball Fleming schreiend auf, stürzte sich auf den Professor, schlug ihm seine Hand ununterbrochen auf die Schulter und röhrte: »Ich wusste, dass du ein Herz im Leib hast. Ich wusste, dass du uns nicht im Stich lässt. Jessica wird leben. Sie wird ihren Semjon kriegen und wird mit ihm glücklich werden…«
    »Moment! Moment!«, rief Zamorra lachend. »Beruhige dich, Bill! Es ist noch nicht einmal ein Anfang gemacht!«
    »Du schaffst es, Zamorra!«, sagte Fleming mit eiserner Zuversicht.
    »Ich bin ganz sicher, dass du es schaffst!«
    ***
    Noch am selben Tag verließ Zamorra Château Montagne. Nicole Duval blieb zurück. Sie küsste den Professor auf die Wange und wünschte ihm mit heiserer Stimme Hals und Beinbruch. Sie hatte Angst um ihn, doch sie versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. Erst als er zu Bill Fleming in den Wagen gestiegen war, und als die beiden weggefahren waren, schlug Nicole zitternd die Hände vors Gesicht und betete zu allen Heiligen, Zamorras gefährliche Mission möge gut vorübergehen.
    Von Paris flogen sie nach London. Am nächsten Vormittag stellte Bill Fleming seinen Freund mit stolz geschwellter Brust zuerst dem Industriellen und dann dessen Tochter vor. Jessicas Teint war unnatürlich bleich. Wehmut und Sorge lagen in ihren traurigen Augen.
    Sie wirkte zart und zerbrechlich, dem harten Griff eines gnadenlosen Schicksals nicht gewachsen. Zamorra bat sie, ihm von Semjon Muratow zu erzählen. Sie tat es wehmütig. Ihr Gesicht erstarrte zu einer Maske der Melancholie. Aber was sie sagte, war von einer unbeschreiblichen Wärme getragen. Noch nie hatte Zamorra ein Mädchen mit solchen Worten über einen Mann sprechen gehört. Das war wahre, echte Liebe…
    Er bekam ein Foto von Muratow. Ein Spitzbube grinste in die Fotolinse. Blond, breitschultrig und ein lustiges Blinken in den Augen.
    Das war Semjon. Kein Wunder, dass Jessica ihn zum Mann haben wollte, dass sie mit ihm bis an ihr Lebensende beisammenbleiben wollte. Der Junge war dem Professor allein vom Foto her schon ungemein sympathisch.
    Jessica nannte Zamorra Semjons Adresse.
    Zwei Stunden später arrangierte Frank Martin eine Zusammenkunft zwischen Professor Zamorra und einem Mann vom Secret Service – Jack Frankenheimer.
    Sie trafen sich in einem kleinen Pub in der Nähe der St. Paul’s Cathedral. Frankenheimer sah aus wie ein englischer Lord. Schwarze Melone. Regenschirm. Regenmantel. Steife Haltung. Weißes Bärtchen, peinlich gepflegt. Blitzblanke Schuhe. Ein Gentleman vom Scheitel bis zur sauberen Sohle. Niemand konnte ihn für einen Agenten halten. Das waren auf jeden Fall ein paar Punkte für ihn.
    »Wir können uns nicht in dem Maße für den Jungen einsetzen, wie wir das gern tun würden, Professor«, sagte Frankenheimer bedauernd. Er trank alkoholfreies Bier. »Sie wissen ja, wie das so geht. Auch einem Geheimdienst sind hin und wieder die Hände gebunden. Wenn wir versuchten, den Jungen aus Russland herauszuholen, gäbe das bestimmt diplomatische Schwierigkeiten. Bei der angespannten politischen Lage einfach undenkbar. Die Russen würden uns ein solches Vorgehen niemals verzeihen. Deshalb müssen wir uns ruhig verhalten, obgleich wir unserem Freund, Mr. Frank Martin, gern einen Gefallen tun würden. Wenn aber jemand anders den Jungen aus Sibirien rausholt, können wir zu den Russen sagen, wir hätten mit dieser Angelegenheit nichts zu tun. Und sie würden vermutlich sehr bald darauf kommen, dass wir die Wahrheit gesagt haben, dass keiner von uns für den jungen Russen einen Finger gerührt hat. Natürlich werden wir nicht ganz so untätig sein, wie es den Anschein haben wird. Sie werden von uns mit Papieren versorgt, die Ihnen ein ganz klein wenig mehr Aktionsradius verschaffen, als dies unter normalen Umständen der Fall ist. Und Sie bekommen von uns Papiere für Semjon Muratow mit, der ihn als Ihren Sekretär ausweist. Außerdem werden wir unseren Mann in Sibirien wissen lassen, dass Sie kommen. Er ist ein Schulfreund von Semjon Muratow… Übrigens: Da gibt es eine letzte Meldung aus Russland. Der junge Ingenieur muss mächtig Radau gemacht haben, weil sie ihn nicht ausreisen ließen. Seine Hartnäckigkeit ging so weit, dass man ihn zum
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