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0042 - Herr der wilden Wasser

0042 - Herr der wilden Wasser

Titel: 0042 - Herr der wilden Wasser
Autoren: Susanne Wiemer
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Schweben…«
    Mit Absicht suggerierte er ihr nicht Schwere und Müdigkeit – er wollte die Reizworte vermeiden, die John Garfield vermutlich gebrauchte. Flüchtig blitzte Überraschung in Rebeccas Augen auf – dann atmete sie tief durch, entspannte sich sichtlich und ließ sich von Zamorras monotoner, zwingender Stimme führen.
    Zwei Minuten später befand sie sich in einer Trance von erstaunlicher Tiefe.
    Ihre Augen waren geöffnet und blickten ins Leere. Ihr Atem ging flach, hatte sich deutlich verlangsamt. Ab und zu flirrten ihre Lider leicht, bewegten sich die Augäpfel – Reaktionen auf erste schwache Reize, die von irgendwoher zu ihr kamen und in ihren Geist sickerten. Ansonsten war ihr Gesicht eine blasse Maske, und Zamorra hatte nicht den Eindruck, dass noch irgendetwas anderes in diesem Raum für sie existierte außer ihm, dem Hypnotiseur.
    Er wandte sich zu John Garfield um, der das Experiment schweigend beobachtete.
    Der junge Mann hatte sich vorgebeugt. Sein Gesicht verriet Spannung – aber es sah nicht so aus, als ob er sich konzentriere, um seinerseits irgendwelche Suggestionen zustande zu bringen.
    »Rufen Sie sie«, bat Zamorra. »Von Ihrem Platz aus.«
    Garfield nickte. Sein Blick haftete am Gesicht des Mediums.
    »Rebecca!«, rief er. »Hörst du mich, Rebecca? Hörst du mich?«
    Keine Reaktion.
    Das Mädchen lag ruhig da, ihr Blick richtete sich nach wie vor ins Leere. Sie hatte nichts gehört, den Ruf nicht empfangen. Zamorra war vollkommen sicher, dass er sie gegen jede Beeinflussung von außen abgeschirmt hatte.
    »Rebecca?«, fragte er leise.
    Fast unmerklich bewegte das Medium den Kopf hin und her. Die Farbe der blauen Augen schien sich zu verdunkeln, und die Stimme klang weicher, murmelnd, seltsam ausdruckslos:
    »Ich höre nicht… Wer bist du? Wer spricht zu mir? Wer …«
    Zamorra war nicht sicher, ob sie ihn meinte, ob sie in der Tiefe ihrer Trance empfand, dass etwas anders war als sonst. Er zögerte, wollte antworten – aber da spannte sich Rebecca bereits wie unter einer heftigen Anstrengung.
    »Ich höre eine Stimme, die mich ruft! Nie habe ich diese Stimme vernommen, nie vorher! Es ist weit, weit! – Ich sehe ein Gesicht. – Blut sehe ich! Und ich höre Flügelschlag! – Die Geschöpfe der Finsternis sind aus ihrem Reich gekommen und wollen ein Opfer! – Wer bist du? – Wer bist du?«
    Ihre Stimme brach. Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer bleichen Stirn, rannen in glitzernden Bächen über ihre Haut. Schneller, heftiger bewegte sie den Kopf hin und her – als habe der Geist irgendeines anderen Wesens von ihr Besitz ergriffen, lasse sie seine Gedanken denken und seine Angst empfinden.
    »Was hören Sie, Rebecca?«, fragte Zamorra eindringlich.
    Sie atmete rasch. »Ich höre – einen Hilferuf. Weit, weit weg… Jemand – ist in großer Gefahr. Er braucht mich! Er will mich zu sich rufen! Er ruft, ruft …«
    »Können Sie ihn sehen, Rebecca?«
    »Ich sehe eine Höhle. Es ist ein schlimmer Ort, ein Ort der Finsternis. Da ist – ein Mann! Ich sehe sein Gesicht. Er ruft uns! Er ruft die Menschen an, ihm zu helfen gegen die bösen Mächte. Es ist… ist…«
    »Den Namen, Rebecca! Nennen Sie den Namen!«
    Das Mädchen verkrampft sich.
    Wie unter einer ungeheuren Anstrengung hob und senkte sich ihre Brust. Unablässig wandte sie den Kopf auf dem Kissen hin und her, als wolle sie irgendeinem Schmerz ausweichen, und ihre Augen wirkten schwarz unter den halb geschlossenen Lidern.
    »Maruth«, flüsterte sie fast unhörbar. »Er heißt – Charles Maruth. – Maruth…«
    Zamorra fuhr zusammen.
    Charles Maruth…
    Wie ein Peitschenhieb traf ihn der Name. Er kannte ihn, kannte ihn seit Jahr und Tag – und etwas von seinem jähen, unbeherrschbaren Erschrecken schien sich dem Medium mitzuteilen wie ein Stromstoß.
    Rebecca stöhnte auf.
    Scharf sog sie den Atem durch die Zähne, dann erschlafften ihre verkrampften Muskeln. Ihr Kopf fiel zur Seite, die Lider senkten sich über die Augen, und ihr Atem kam ruhig und regelmäßig.
    Zamorra wusste, dass die Trance in einen tiefen Erschöpfungsschlaf übergegangen war und dass er für diesmal nichts mehr erfahren würde…
    ***
    Charles Maruth schreckte hoch. Seine Konzentration zerbrach, er lauschte in erstarrtem Entsetzen. Neben ihm kauerte Patricia auf einem Stein, bleich und voller Angst, hörte es ebenfalls und schien die Bedeutung nicht zu begreifen.
    Da war es wieder!
    Helle, tackende Geräusche wie Hammerschläge! Oder
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