Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
004 - Geister im Moor

004 - Geister im Moor

Titel: 004 - Geister im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
Vom Netzwerk:
noch einen Spaziergang und entdeckte neue Strassen und Gassen, obgleich ich der Meinung gewesen war, ich hätte am Vormittag eigentlich schon alle gesehen. Ich entdeckte in einem schönen alten Haus den Antiquitätenladen von Peter Gilcross und stattete ihm einen Besuch ab. Dabei stellte ich fest, dass er in seinem Laden angefangen von alten Matratzen und Töpfen, ausgestopften Vögeln und anderem Schnickschnack bis zu wunderschönen handgeschnitzten Möbeln eigentlich alles hatte. Man konnte ihn also sowohl als Trödler wie auch als Antiquitätenhändler bezeichnen.
    Ich erkundigte mich bei ihm nach geschichtlichen Aufzeichnungen über Guilclan, aber er schüttelte bedauernd den Kopf. Niemand hätte sich je die Mühe gemacht. Als ich mich bei ihm ein wenig umsah, entdeckte ich einen alten Dolch mit kurzer, breiter Klinge. Er steckte in einer silbernen Scheide, die besonders schön gearbeitet war. Auf dem Griff des Dolchs entdeckte ich, tief eingraviert, wieder jenes Zeichen, das ich schon auf dem Schild meines Hotels und in den Steinverzierungen verschiedener Häuser von Guilclan gesehen hatte: ein Kreis mit einem merkwürdigen Symbol in der Mitte. Ich fragte Peter Gilcross, was es bedeutete, und zeigte ihm die Waffe.
    Er entriss mir den Dolch und rief: »Dieses Stück ist nicht zu verkaufen!«
    Ich blickte ihn erstaunt an. »Schon gut, aber Sie könnten mir doch wenigstens sagen, was dieses Zeichen zu bedeuten hat.«
    Er zögerte, dann erwiderte er: »Sie sehen es hier überall – es ist das Wappen der Ludmar.«
    »Wer waren die Ludmars?«
    »Die Besitzer des zerstörten Schlosses oben auf dem Plateau.«
    »Was waren das für Leute?«
    »Davon weiß ich nichts. Das weiß man nicht.«
    »Und wann ist dieses Schloss zerstört worden?«
    »Oh, das ist einige Jahrhunderte her.«
    »Wer hat es zerstört, und warum?«
    »Das weiß man nicht.«
    »Gehen Sie öfter auf dem Plateau spazieren?«
    Er wurde ein wenig blass, dann lächelte er. »Ich sehe, Sie wissen bereits Bescheid … Der gute Doktor ist ein Schwätzer, wenn er getrunken hat. Ja, ich gehe gelegentlich über das Plateau, wenn ich es eilig habe.«
    »Und Sie haben keine Angst?«
    »Wenn ich große Angst hätte, würde ich überhaupt nicht hingehen, wie die meisten hier. Aber ich würde Sie gern mal dort oben sehen, bei Einbruch der Nacht, bei einem Sturm oder einem Gewitter. Versuchen Sie’s mal, und dann erzählen Sie mir hinterher, wie Ihnen dabei zumute war. Waren Sie noch nicht dort?«
    »Doch, heute Vormittag, aber nur ganz kurz, weil es schon spät war. Übrigens sah ich dort einen merkwürdigen jungen Mann, der bei meinem Anblick in das große Haus flüchtete, das ganz oben am Hang liegt.«
    »Ah ja«, sagte Gilcross. »Das war der verrückte Dichter.«
    »Der verrückte Dichter? Von dem habe ich schon gehört. Wie heißt er?«
    »Herold Gruen.«
    Herold Gruen! Ich kannte seinen Namen. Vor Jahren hatte ich voller Bewunderung seine zwei Gedichtbände gelesen. Mir war auch zu Ohren gekommen, dass er einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte und für einige Zeit nicht mehr schreiben würde. Ein Jammer! Aber sogleich packte mich das Verlangen, ihn kennen zu lernen und herauszufinden, was seine Nerven so angegriffen hatte.
    Es war schon dunkel, als ich mich schließlich von Peter Gilcross verabschiedete und zum Hotel zurückging. Als ich auf den kleinen Platz gelangte, wuchsen plötzlich drei groteske Schatten vor mir aus dem Boden und verstellten mir den Weg. Es waren die drei hinkenden Frauen. So aus der Nähe hatte ich sie bisher noch nicht gesehen. Die Zwergin, die Pamela hieß, betrachtete mich spöttisch, aber nicht unfreundlich. Ihre Arme und Beine waren ganz kurz, ihr Kopf dagegen riesig. Sie hatte rote, zerzauste Haare. Sie war nicht blind, schielte aber ein wenig.
    »Ah, Sie sind’s«, sagte sie. »Ich grüsse Sie, Mr. Jack Deans. Sie werden uns einen feinen Gruselroman schreiben viel phantastischer, als Sie selbst ahnen. Und noch dazu einen, den Sie selbst erlebt haben. Guten Abend, teurer Autor!«
    Die drei hinkenden Frauen verschwanden und ließen mich verblüfft stehen.
     

     
    Es vergingen mehrere Wochen, ohne dass irgendetwas Besonderes geschah. Die Leute hatten sich daran gewohnt, mich herumlaufen zu sehen. Ich hatte inzwischen einige von ihnen kennen gelernt – im Allgemeinen in der Schankstube des Hotels und wenn ich sie irgendwo zufällig traf, dann unterhielten wir uns einen Augenblick. Sie zeigten sich freundlich mir gegenüber,

Weitere Kostenlose Bücher