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0035 - Im Land der Götter

0035 - Im Land der Götter

Titel: 0035 - Im Land der Götter
Autoren: Kurt Mahr
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trugen, nachdem sie die Transportanzüge abgelegt hatten, wieder die Kleidung, deren sie sich an Bord von Levtans Schiff bedient hatten, um nicht aufzufallen. Sie unterschieden sich also äußerlich in fast nichts von irgendwelchen anderen Leuten, die zur Besatzung eines Springerraumschiffes gehörten. Sogar die Bärte, wie sie unter den Springern Mode waren, waren ihnen in der Zwischenzeit gewachsen.
    Immerhin galt es zu fragen, inwieweit denn der Begriff Raumschiff den Bewohnern dieser Insel vertraut war. Wer mit Segelschiffen fährt, der hat für gewöhnlich keine Ahnung davon, was ein Raumschiff ist, und noch viel weniger kann er einen Raumschiffsmatrosen an seiner Kleidung erkennen.
    „Wir müssen es ausprobieren!" hatte Marshall jedoch gesagt. „Ewig Versteckspielen nutzt uns auch nichts."
    Also zogen sie ruhig ihres Weges weiter, während der rumpelnde Wagen den sanften Hang herauf ihnen entgegenkam. Ein einzelner Mann saß auf dem Bock und hielt die Zügel in der Hand wie ein altmodischer irdischer Bauer. Der Mann stutzte, als er die drei Fremden sah, hielt die Tiere an und beschattete die Augen mit der Hand, um besser sehen zu können.
    Marshall und seine drei Begleiter, die das kräftige Licht von 221-Tatlira im Rücken hatten, konnten sehen, wie er erschrak. Hoffentlich versteht er wenigstens Interkosrno, dachte Marshall. Sonst müssen wir seine Sprache erst lernen.
    Sie blieben stehen, als sie den Wagen erreichten. Der Mann hatte so viel Angst, daß er sich bisher noch nicht einmal zu rühren gewagt hatte. Er hielt immer noch die Hand über den Augen.
    „Glück jeden Tag!" entbot Marshall den geläufigsten aller Springer-Grüße.
    Der Mann auf dem Wagen riß die Augen weit auf. Mit einem Ruck senkte sich die Hand, mit einem weiten Satz sprang der Mann vom Wagen herunter, fiel auf die Knie und blieb liegen, den Kopf zu Boden gerichtet. Marshall hörte ihn unverständliche Worte vor sich hinmurmeln.
    „Steh auf!" bat ihn Marshall. Der Mann gehorchte aufs Wort. Die Gewißheit, daß er Interkosrno verstand, beruhigte Marshall ungemein.
    „Sieh mich an!" bat Marshall weiter.
    Der Mann - er war nicht mehr der jüngste - sah Marshall aus furchtsamen Augen an.
    „Wie heißt du?" wollte Marshall wissen.
    „Ich ... ich ...", stotterte der Alte mit krächzender Stimme, „... ich bin Vethussar Ologon, Herr!"
    „Wir wollen in die Stadt, Vethussar", sagte Marshall. Vethussar verneigte sich.
    „Für die Stadt wird es eine Ehre sein, oh Herr, wenn ihr sie besucht, und für mich eine noch viel größere, wenn ich euch meinen schmutzigen Wagen anbieten darf."
    Marshall betrachtete den Wagen. Er war ein Musterbeispiel an Sauberkeit.
    „Du darfst", antwortete er. „Wir sind dir dankbar für dein Angebot." Vethussar hob die Hände. „Sprich nicht von Dank, oh Herr! Ich bin euer Diener."
    Der Alte ließ Marshall und seine Begleiter aufsteigen. Marshall bewegte sich gemütlich und nahm sich Zeit, Vethussars Gedankeninhalt zu erforschen. Bisher hatte er nichts anderes wahrnehmen können als den gewaltigen Schreck, den der Alte über die Begegnung empfand und der jeden bewußten Gedanken beiseite drängte. Allmählich löste sich jedoch der Krampf, und zum Vorschein kam mit Mißtrauen durchsetzte Verwunderung.
    „Sind sie wirklich ...?" dachte Vethussar. „Gibt es überhaupt ... wie gesagt wird?"
    Der Begriff, den Marshall nur undeutlich empfand und nicht ausdeuten konnte, kam zweimal vor. Marshall zerbrach sich den Kopf, während Vethussar den Wagen umständlich wendete und den Weg zur Stadt hinunter einschlug.
    Marshall, nachdem er den gleichen Impuls in Vethussars Gedankeninhalt noch ein paar mal beobachtet hatte, entschied sich dafür, ihn mit „Götter" zu übersetzen. Im Augenblick schien es nichts zu geben, was der wahren Bedeutung näherkam.
    Marshall wandte sich um und informierte die Gefährten. Er sprach Englisch und war sicher, daß Vethussar darüber nicht mißtrauisch werden würde. Götter mußten intelligent genug sein, um mehrere Sprachen zu beherrschen. Er nahm allerdings wahr, daß Vethussar sich den Kopf über die fremde Sprache zerbrach.
    Langsam näherten sie sich der Stadt. Vethussar hatte sich in den letzten Minuten immer öfter umgewandt, als wolle er etwas sagen. Marshall empfand sein Verlangen, eine Frage zu stellen.
    „Sprich ruhig!" forderte er den Alten auf. „Was möchtest du wissen?"
    „Verzeih meine Neugierde, oh Herr", sprudelte Vethussar hervor, „aber mir armem Wesen ist es
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