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003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens
Autoren: Larry Brent
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Wachsfiguren modellierten.
    Larry
schüttelte den Kopf. »Danke, ich möchte mich nicht setzen. Mr. Flemming, ich
habe wenig Zeit. Ich habe nur ein paar kurze Fragen an Sie.«
    Flemming
lächelte. Seine Augen waren dunkel und ruhig, sein Verhalten ein wenig
abwesend, als gehe ihn das Ganze nichts an. »Ihr Besuch erfolgt zu einer recht
ungewöhnlichen Zeit«, meinte er, statt eine Antwort zu geben. Er griff
gedankenverloren nach einem prachtvollen Falken, der neben dem Treppengeländer
auf einer armdicken Säule befestigt war, und streichelte über die seidigen,
schimmernden Federn des ausgestopften Tieres. »Die Polizei aber nimmt es
offenbar auf die leichte Schulter, die Nachtruhe der Steuerzahler zu stören.«
    »Besondere
Situationen erfordern besondere Maßnahmen, Mr. Flemming. Ich suche eine junge
Frau. Ich möchte wissen, ob sie hier in diesem Haus gewesen ist.«
    Larry
beobachtete Mr. Flemming genau. Der blickte auf. »Eine junge Frau? Dann sind
Sie an der falschen Adresse, Inspektor. Außer mir und dem alten Geoffrey wohnt
kein Mensch in diesem Haus.«
    »Sie
würden mir sofort die Erlaubnis geben, das nachzuprüfen, nicht wahr, Mr.
Flemming?«
    »Aber
natürlich, Inspektor. Auf der Stelle! Mein Haus steht Ihnen offen!«
    »Auch
Ihr Kabinett?« fragte Larry ruhig.
    Sein
Gegenüber nickte. »Auch mein Kabinett.«
    Larry
fasste sofort nach. »Dann lassen Sie mich bitte einen Blick hineinwerfen, Mr.
Flemming. Es ist sehr wichtig.«
    »Ich
kann Sie in diesem Aufzug schlecht begleiten, Inspektor. Erlauben Sie, dass ich
mich zuerst umziehe?«
    »Dann
werde ich vorausgehen, Mr. Flemming. Sie werden sicher nichts dagegen
einzuwenden haben. Mich interessiert eine ganz besondere Figur in Ihrem Kabinett,
und die kann ich mir sehr gut allein ansehen. Unterhalten können wir uns dann
anschließend darüber.«
    Mr.
Flemming winkte Geoffrey zu sich her. »Den Kabinettschlüssel für den Herrn«,
sagte er, dann ging er die knarrenden Stufen hinauf.
    Larry
erhielt den langen, braunen Schlüssel, dann verließ er das Haus. Er rannte die
steinernen, gewundenen Stufen hinab und schloss das Portal hinter den
handgeschnitzten Säulen auf.
    Dann
stürmte er durch die Vorhalle, stieß die Tür auf, die unmittelbar in das
Gewölbe der Wachsfiguren führte. Dort ließ seine Taschenlampe aufblitzen. Der
helle Schein schnitt eine breite Bahn in das Dunkel der Gänge, Mauerreste und
Torbögen.
    Larry
hetzte die wenigen Stufen in das Gewölbe hinab und rannte zwischen den starren,
wächsernen Verbrechern und Mördern auf den Sockel zu, auf dem Derry Cromfield
stehen musste.
    Er
fand die Stelle auf Anhieb. Derry Cromfield stand da! In alter Pose, mit
erhobener Hand, als wolle er damit auf sein Opfer zuschlagen. Cromfield – die
Wachsfigur – hatte ein Einschussloch in der Brust und mitten in der Stirn; die
starren, gläsernen Augen stierten durch den Blick Larry Brents hindurch.
    Der
Amerikaner fühlte das kalte, feste Wachs und sah, wo die Laserstrahlen aus
seiner Smith & Wesson den Anzug verbrannt hatten. Er entdeckte die
zerflossene Wachsschicht, die klumpig über den Rücken gelaufen war und sich
wieder erhärtet hatte. Cromfield war auch an der Stirn verletzt, am rechten
Ohr. Ein Laserstrahl hatte die Hälfte der Stirnfalten völlig weggebrannt, und
das rechte Ohr war halb zusammengeschrumpft.
    Ein
Schauer lief Larry Brent über den Rücken. Er hatte das Gefühl, sich in einem
Alptraum zu befinden. Er musste Mr. Flemming sprechen. Dieser merkwürdige
Mensch mit den dunklen, stillen, abwesenden Augen – er musste wissen, was in
seinem Kabinett vorging.
    Er
hörte das Geräusch. Es war ganz nahe. Ein starkes Atmen – direkt vor ihm,
zwischen den Wachsfiguren. Larry hielt wie durch Zauberei seine Smith &
Wesson in der Hand, der Sicherungshebel schnellte automatisch zurück.
    Larry
drückte sich gegen die feuchte, kühle Wand, um mit dem Rücken gesichert zu
sein. Aus den Augenwinkeln heraus warf er einen Blick auf die Wachsfigur, die
direkt vor ihm stand. Hatte sie sich nicht eben bewegt, lief nicht ein Schatten
über ihr Gesicht, spannte sich nicht der wächserne Brustkorb?
    Unsinn,
Einbildung – es waren die Licht- und Schatteneffekte, die durch seine eigene
Taschenlampe hervorgerufen wurden! Und doch rechnete er damit, dass Cromfield
jede Sekunde auf ihn zustürzen konnte – es gab nicht mehr den geringsten
Zweifel, dass er diese Figur verfolgt hatte, dass diese Wachsfigur den
Kohlenberg über ihm zum Rutschen gebracht hatte
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