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003 - Der Puppenmacher

003 - Der Puppenmacher

Titel: 003 - Der Puppenmacher
Autoren: Dämonenkiller
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rosig geschminkte Gesichter und funkelnde Augen – als seien sie aus kostbaren Diamanten gearbeitet. Die Puppen waren Menschen so naturgetreu nachgebildet, daß es schien, als würden sie leben.
    »Tanzt, meine Puppen, tanzt!« sagte der Mann.
    Tatsächlich begannen sich die Puppen zu bewegen. Sie drehten ihre zierlichen Körper, trippelten mit den Beinen und vollführten mit den winzigen Armen graziöse Bewegungen. Es waren fünf, nein, sechs Puppen, die nach einer unhörbaren Melodie tanzten. Das Mädchen starrte fasziniert auf die Szene. Als jedoch eine der Puppen ihr das Gesichtchen zuwandte und zwei Reihen schwarzer Zähne entblößte, schrie sie auf.
    Fast augenblicklich verhallte ihre Stimme wieder. Ihr Mund blieb weit geöffnet, aber kein Laut kam heraus. Es war, als würde die Stille alle Geräusche schlucken.
    »Das ist der Begrüßungstanz, meine Puppe«, sagte der Mann.
    »Auf diese Art und Weise wollen dich deine Schwestern willkommen heißen. Sieh, meine Puppe, das Puppenhaus wird dein neues Zuhause sein!«
    Sie wich entsetzt einen Schritt zurück, doch der Mann versperrte ihr den Weg. Als sie wieder zu dem Puppenhaus hinüberblickte, war ihr, als sei es gewachsen. Es überragte sie jetzt, und die Puppen erschienen ihr plötzlich groß. Sie wandte den Kopf dem Mann zu, mußte aber hoch zu ihm hinaufsehen. Sein Gesicht entschwand immer weiter zur Decke empor. Sie mußte die Augen schließen, um gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen, das sie befiel. Als sie die Lider erneut öffnete, sah sie das Gesicht des Mannes wieder vor sich, aber es war jetzt so groß wie ein Felsmassiv, in dem jede einzelne Pore einem tiefen Krater glich. Sie preßte die Hände gegen ihre Brust, um ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. Als sie an sich hinunter blickte, erfaßte sie ein neues Schwindelgefühl.
    Sie stand barfuß auf der schweißnassen Handfläche des Mannes!
    Er öffnete jetzt den Mund, und es schien ihr, als würde sich der Rachen eines Ungeheuers öffnen und sie verschlingen.
    »Meine Puppe!« sagte der Mann jedoch nur, dann stellte er sie zart und behutsam in das Puppenhaus. »Du bekommst Kleider, damit du nicht frierst«, sagte er. »Ich werde dich mit Essen und Trinken versorgen. Und ich werde dich zähmen. Der Tag ist nicht mehr fern, da du mir zu Willen sein wirst, genau wie meine anderen lieblichen Puppen. Du wirst den anderen vergessen und nur noch mich lieben.«
    Die Vorderfront des Puppenhauses fiel zu. Sie war gefangen – gefangen in einem winzigen Körper, unterdrückt von der unheimlichen Willenskraft dieses Dämons. Aber ihr Widerstand war noch lange nicht gebrochen.

    Donald Chapman wartete in seinem Wagen mit laufendem Motor vor der O'Hara-Stiftung. Es war ein kalter, nasser Dezembertag, und die Kälte und Nässe drang einem durch die Kleider bis in die Knochen. Er hatte zusätzlich zur Heizung das Warmluftgebläse eingeschaltet, damit die Scheiben nicht beschlugen. Es schien, als starre er durch die Windschutzscheibe ins Leere; in Wirklichkeit ließ er jedoch den Eingang der Stiftung nicht aus den Augen. Er prägte sich alle Einzelheiten jeder Person ein, die herauskam oder hineinging.
    Das hatte keinen besonderen Grund; er tat es aus reiner Angewohnheit. Das brachte sein Beruf als Secret-Service-Agent nun einmal so mit sich.
    Donald Chapman war trotz seiner mittlerweile dreiundfünfzig Jahre noch immer kräftig und durchtrainiert, und er wirkte wesentlich jünger, obwohl sein dunkles Haar von Silberfäden durchzogen war. In seinem Bekanntenkreis zog man ihn damit auf. Man sagte, er hätte sich die Haare nur gefärbt, um mit seinen graumelierten Schläfen eine größere Wirkung auf Frauen zu erzielen. In der Tat war er ein Frauenheld, und sein Alter tat dieser Leidenschaft nicht den geringsten Abbruch, aber er bezweifelte, daß es etwas mit seinen Haaren zu tun hatte. Er gefiel den Frauen, und sie gefielen ihm.
    Jetzt jedoch hatte er gänzlich andere Dinge im Kopf. Er ließ seinen Blick über die hohe, von Efeu überwucherte Steinmauer der O'Hara-Stiftung wandern. Niemand kam bei diesem Anblick auf die Idee, daß hinter der Eingrenzung ein Irrenhaus lag. Freilich, die O'Hara-Stiftung war kein staatlich geleitetes Haus, in dem renitente Patienten in Zwangsjacken schmoren mußten oder durch mittelalterliche Methoden zur Räson gebracht wurden. Sie war ein Privatsanatorium, in dem psychisch Gestörte nach den neuesten Erkenntnissen der Psychoanalyse behandelt wurden – und das mit beachtlichem
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