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0024 - Bestien aus dem Schattenreich

0024 - Bestien aus dem Schattenreich

Titel: 0024 - Bestien aus dem Schattenreich
Autoren: Susanne Wiemer
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Gebärde, die im nächsten Sekundenbruchteil erschlaffte.
    Ricci Tours sackte zusammen und die Meute kam wie eine graue Woge über ihn.
    Sekunden vertickten.
    Sekunden, in denen nichts zu hören war außer wildem Fauchen, gierigem Schnappen und dem grässlichen Geräusch von splitternden Knochen, die zwischen gelben, kräftigen Fangzähnen brachen.
    Reglos, halb wahnsinnig vor Grauen, musste Jean Calmat zusehen, wie das Wolfsrudel seinen Komplizen zerfleischte.
    Eine Ewigkeit verging, bevor die Bestien von dem Leichnam abließen. Calmat zitterte wie Espenlaub. Er erwartete, dass das Rudel jetzt über ihn herfallen würde; er stand da wie ein Schlachtopfer, das den tödlichen Stoß erwartete, aber nichts passierte.
    Die Wölfe duckten sich.
    Fauchend und winselnd wichen sie zurück. Ihre Nackenhaare stießen steil empor – und selbst der knochige Gangster begriff in einem Winkel seines Hirns, dass die Bestien Angst hatten…
    ***
    »Fabelhaft«, sagte Professor Zamorra im Brustton der Überzeugung.
    Nicole Duval zog die linke Augenbraue hoch, was ihr überraschenderweise das Aussehen einer spitzbübischen Sphinx verlieh. Auf acht Zentimeter hohen Plateausohlen blieb sie stehen und blinzelte in die Pariser Frühlingssonne.
    »Dernier cri«, verkündete sie. »Der Mini kommt wieder, das sagen alle Experten.«
    »Und Sie sind der Mode wie immer einen Schritt voraus.« Zamorra betrachtete wohlgefällig und ungeniert die langen, erstklassig proportionierten Beine seiner Sekretärin – da sie sie so freimütig enthüllte, sah er keinen Grund, schamhaft zur Seite zu blicken. Der Rock, den sie trug, war in der Tat sehr mini. Weiße Blümchen tummelten sich auf hellrotem Grund, hauchdünne Spaghettiträger hielten das Nichts von Kleid auf den nackten, sanft gebräunten Schultern, und das lange zur Abwechslung einmal blonde Haar hatte den faszinierend lebendigen Schimmer von reifem Weizen.
    Die goldfarbenen Funken, die in Nicoles Augen tanzten, passten dazu. Sie ließ eine Winzigkeit von Handtasche um den Zeigefinger kreisen und krauste unternehmungslustig die kleine, energische Nase.
    »Und jetzt bummeln wir über die Champs Elysées«, verkündete sie. »Man gibt in Paris nicht sündhaft viel Geld für ein neues Frühjahrsmodell aus, um es dann zu verstecken.«
    Zamorra stimmte zu.
    Mit seinem Freund Bill Fleming war er erst für den Nachmittag verabredet. Und überdies wusste er, dass er mindestens drei Wochen lang eine missgelaunte und daher zweitklassige Sekretärin haben würde, wenn er widersprach. Nicole hatte sich in das Schicksal gefügt, einen Teil des Jahres in der Abgeschiedenheit von Château Montagne zu leben, das Zamorra von seinem Onkel geerbt hatte – aber zweimal im Jahr, nämlich jeweils zu Beginn der Frühjahrs- und Herbstsaison, zog es die kapriziöse Französin unweigerlich nach Paris ins Zentrum der Mode, um ihre Garderobe auf den neuesten Stand zu bringen.
    Der momentan neueste Stand fand auch Zamorras Beifall. Er hatte es ohnehin satt, seine Sekretärin stets in wadenlange Tweedröcke und warme Pullover gehüllt zu sehen. Der Mini bot einen weitaus erfrischenderen Anblick und er stellte fest, dass Nicole damit selbst auf den Champs Elysées einiges Aufsehen erregte.
    Er blieb dicht neben ihr, weil er aus Erfahrung wusste, dass weibliche Wesen auf Plateausohlen leicht stolpern. Außerdem bemühte er sich seit einigen Minuten, dem leichten Duft auf die Spur zu kommen, der Nicole umschwebte. Sie schien seine Gedanken zu erraten und warf ihm einen funkelnden Blick zu.
    »Scandal«, raunte sie halblaut.
    »Wie bitte?«, fragte er konsterniert.
    »Scandal«, wiederholte sie. »So heißt mein neues Parfüm, Professor. Und wie wäre es jetzt mit einer hübschen, verschwiegenen Parkbank?«
    Zamorra stellte fest, dass die Pariser Luft eine anregende Wirkung auf den Kreislauf ausübte. Oder war es der Duft von ›Scandal‹? Jedenfalls überquerte er mit seiner Begleiterin sehr zielstrebig den Place de la Concorde und steuerte den Eingang der Tuilerien an.
    Sie fanden eine etwas abseits stehende Bank im Schatten schöner alter Bäume. Eine gepflegte Rasenfläche lag vor ihnen, in einiger Entfernung bummelten bunt gekleidete Menschen über den kiesbestreuten Fußweg. Nicole setzte sich und schlug gekonnt die langen Beine übereinander. Grüngoldene Schatten huschten über ihr Gesicht, was ihren Blick vollends rätselhaft wirken ließ.
    »Und wie geht es jetzt weiter?«, erkundigte sich der Professor mit
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