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0015 - Der siebenarmige Tod

0015 - Der siebenarmige Tod

Titel: 0015 - Der siebenarmige Tod
Autoren: Friedrich Tenkrat
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natürlich wünschte er sich selbst diesen Erfolg auch so sehr wie nichts sonst auf der Welt.
    Schleifende Schritte kamen an der schäbigen Hundehütte vorbei. Tony duckte sich. Mochte der Himmel geben, daß keiner auf die Idee kam, hier hereinzusehen, sonst war er geliefert. Der Mann blieb stehen. Tony rann der Schweiß in breiten Bächen übers Gesicht. Vor seinem geistigen Auge lief alles noch einmal in rascher Bilderfolge ab, was er in der schwarzen Kirche mitangesehen hatte. Er sah Rozzo und Lemuri. Er sah, was Rozzo seinen Männern als Beweis seiner übernatürlichen Fähigkeiten vorgeführt hatte. Und er erschauerte, als er an die Männer dachte, die ihn im Augenblick so verbissen suchten und zu Red Rozzo schaffen wollten.
    Ein zweiter Maskierter kam.
    Tony hörte ihre gedämpften Stimmen.
    »Nichts?« fragte der eine.
    »Nichts«, gab der andere grimmig zurück.
    »Verdammt, der Junge kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.«
    »Scheint aber doch geschehen zu sein.«
    »Das ist unmöglich. Wir müssen ihn finden, sonst erzählt uns Red Rozzo was, und das mit gutem Recht. Los, sieh dort drüben nach. Ich gehe da lang.«
    Die Männer trennten sich. Als sie weit genug von der Hundehütte entfernt waren, wagte Tony Shamrock endlich wieder einen erleichterten Atemzug. Stille umfing jetzt die Hundehütte, aber Tony hatte nicht den Mut, diesem gläsernen Frieden zu trauen, er blieb weiterhin zitternd auf seinen Knien liegen und wagte nicht, die Nase aus dem morschen Bretterverschlag zu stecken.
    Er hatte keine Ahnung, wieviel Zeit bereits verstrichen war.
    Er sehnte sich nach Geborgenheit, wollte heim zu seinem Großvater. Würde er dorthin jemals wieder zurückkehren können? Allmählich fingen die Knie zu schmerzen an und auch das Kreuz. Tony begann, die Enge der Hundehütte als quälend zu empfinden. Er fühlte sich eingeengt wie von einem Stahlkorsett, das ihn nicht richtig atmen ließ. Die Wände schienen ihn zu erdrücken.
    Und plötzlich hielt er es nicht mehr länger in dem morschen Verschlag aus.
    Er mußte raus.
    Mochte passieren, was wollte, er mußte hinaus.
    Atemlos kroch er auf allen vieren aus der schmalen Öffnung. Draußen richtete er sich stöhnend auf. Er spannte den Rücken, bog ihn nach vorn durch, schaute sich ängstlich um. Die Luft schien rein zu sein. Die schwarzgekleideten Gestalten suchten ihn anderswo. Jetzt mußte Tony aufpassen, daß er ihnen nicht doch noch in die Arme lief.
    Zögernd machte er die ersten Schritte.
    Er traute dem Frieden immer noch nicht.
    Sie konnten überall auf ihn lauern, aus der Dunkelheit über ihn herfallen, ihn mit ihren Fäusten bedrohen und zur schwarzen Kirche zurückschleppen.
    Tony wischte sich den Schweiß mit dem Pulloverärmel vom Gesicht.
    Gott, wenn er nur schon weit genug von hier weggewesen wäre. Ein zentnerschwerer Stein lag auf seiner Brust und drohte seine Rippen zu zerquetschen. Er lauschte mit angehaltenem Atem. Nichts. Vielleicht hatte er das Glück, das er so dringend nötig hatte.
    Er spürte, wie ihn seine aufgepeitschten Nerven wieder zu schütteln begannen. Der Streß war einfach zuviel für ihn. Er war nahe daran, durchzudrehen.
    Klaren Kopf bewahren! befahl er sich.
    Aber das war leichter gesagt, als getan. Das Pochen hinter seinen Schläfen wurde stärker. Es verwirrte ihn. Er hätte seine Angst am liebsten laut zum tintigen Nachthimmel hinaufgeschrien. Jawohl, so war ihm im Moment zumute. Zum Schreien.
    Die große Erregung brachte ihn so sehr durcheinander, daß er bald keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen konnte.
    Nur eines hallte immerzu laut in seinem Kopf: Weg von hier! Nichts wie weg! Nach Hause! NACH HAUSE!
    Er lief an der Rückfront eines flachen Einfamilienhauses entlang, erreichte eine Ginsterstrauchgruppe, wich ihr aus, flankte über einen niederen Holzzaun, gelangte auf einen Gehsteig, warf einen gehetzten Blick zurück, sah niemanden und sprintete los, als gelte es, die Schallmauer zu durchbrechen.
    Acht, zehn Straßen überquerte er.
    Er achtete kaum darauf, wo er langlief.
    Er fand trotzdem den richtigen Weg.
    Immer wieder schaute er sich furchtvoll um, aber die Satansbrüder verfolgten ihn nicht. Gott sei Dank.
    Eine andere Straße. Autobusverkehr. Ein paar Personenkraftwagen waren unterwegs. Auf den Bürgersteigen vereinzelt Passanten. Beleuchtete Schaufenster. Leben! Tony wurde langsamer. Ein Mann und eine Frau sahen ihm verwundert nach. Vermutlich war es seinem Gesicht anzusehen, wie scheußlich er sich
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