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0010 - Ich gegen alle

0010 - Ich gegen alle

Titel: 0010 - Ich gegen alle
Autoren: Delfried Kaufmann
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Kälte macht müde, und nach der kurzen Hitze des Gefechts wurde mir sehr schnell wieder kalt.
    Nach endlosen Stunden, von denen ich schließlich jede Minute wie ein Jahr empfand, verblaßte der schon weit gesunkene Mond, und der Tag begann den Himmel grau zu färben. Ich rollte mich aus meinem Loch, und ich hatte nicht wenig Mühe, überhaupt auf die Beine zu kommen. Ich war so steif gefroren wie ein Stück Stockfisch.
    Ich entschloß mich, zu unserer Hütte zurückzugehen, bevor es völlig hell geworden war. Ich mußte durch Vanboughts Schußfeld, und ich rechnete fest damit, daß er versuchen würde, mir eins auszuwischen. Ich veranstaltete eine ganze Menge Freiübungen, damit meine Knochen wieder weich genug zum Laufen waren.
    Ich brauchte nicht zu laufen. Obwohl der Weg zu unserem Blockhaus immerhin an die drei Minuten in Anspruch nahm, so fiel in dieser Zeit doch kein Schuß. Ich kann nur annehmen, daß Vanboughts Posten döste. Ich erreichte unangefochten die Hüttentür, und Phil lachte mir erleichtert entgegen.
    »Alles okay, Jerry?«
    Ich bemühte mich sofort um das Feuer im Herd.
    »Bin nicht ganz sicher«, antwortete ich. »Könnte sein, daß Vanbought mir entwischt ist, aber bevor ich das nachprüfe, muß ich erst einmal auftauen.«
    Sobald das Feuer brannte, kochte ich Tee, holte dann Schnee und versorgte Phils Beine. Seine Pritsche stand so, daß er Vanboughts Hütte im Auge behalten konnte, und so konnte ich es wagen, den Schlafsack vor dem Herd auszubreiten, hineinzukriechen und mich in den Schlaf zu schnattern, denn ich fror immer noch wie ein Sudanneger am Nordpol.
    ***
    Zwei Stunden schlummerte ich wunderbar, dann schreckte mich Phils Anruf hoch.
    »Hallo, Jerry«, rief er, »komm her, Vanbought scheint eine Volksversammlung abzuhalten!«
    Ich krabbelte aus dem Schlafsack und stürzte zum Fenster.
    Phil hatte genau das richtige getroffen. Alle zweiundsechzig Schürfer standen um Vanboughts Haus herum. Von ihm selbst konnte ich nicht mehr erkennen als seinen Hut, und hin und wieder hörte ich paar Worte, die er sprach.
    »Mit den Schürfern ist eine Wendung passiert«, sagte Phil.
    »Ja, ich sehe es«, brummte ich. »Sie sind bewaffnet, alle bewaffnet, nicht nur Vanboughts Gefolgsleute.«
    Ich griff nach dem Revolvergurt und schnallte ihn um.
    »Er scheint sie zu seinen Freunden machen zu wollen«, stellte ich fest. »Wollen doch mal sehen, was er ihnen zu erzählen hat.«
    Ich griff nach dem Hut und nahm das Gewehr in die Linke, um die Rechte für den Revolver frei zu haben.
    »Du gibst mir Deckung durch das Fenster, Phil«, sagte ich. »Wenn es losgehen sollte, triff nach Möglichkeit Vanbought oder wenigstens Bauber!«
    »Willst du die Dinge nicht wenigstens abwarten?« fragte er besorgt. »McDonald ist in spätestens zwei Tagen hier.«
    »Okay, ich würde es abwarten, aber ich kann nicht Zusehen, daß Vanbought vierzig Leute verführt, straffällig zu werden. Es ist nicht so gefährlich, wie es aussieht. Die Burschen sind nur gewohnt, auf Rentiere, Biber und vielleicht Bären zu schießen, aber bei Menschen fällt es ihnen schwer, den Finger krumm zu machen, vor allem dann, wenn es Auge um Auge heißt.«
    Ich probierte den lockeren Sitz des Revolvers, stieß die Tür auf und trat ins Freie.
    Ich tat zehn Schritte, fast die Hälfte der Strecke zwischen unserer Hütte und der Vanboughts, vor der die Versammlung stattfand. Ich legte die Hand an den Griff des Revolvers und sagte sehr laut: »Geht mal ein wenig zur Seite, damit ich den Redner sehen kann!«
    Sie warfen samt und sonders die Köpfe herum und standen wie die Säulen.
    »Habt Ihr nicht verstanden?« fragte ich. »Ihr sollt zur Seite gehen. Ich will auch hören, was Vanbought euch vorlügen will.«
    Die Masse geriet in Bewegung, schob sich nach links und recht auseinander und gab den Blick auf die Tür frei. Vanbought stand im Rahmen und hielt den Revolver in der Hand. Er lächelte ein seltsames, völlig verzerrtes Lächeln.
    Ich beobachtete genau seine Hand.
    »Besser, du steckst den Revolver wieder fort, Vanbought«, sagte ich ruhig. »Ich schieße viel besser und viel schneller als du, selbst wenn du deine Kanone schon in der Hand hast und meine noch in der Halfter steckt. Außerdem kann dich mein Freund vom Fenster aus unter Feuer nehmen.«
    »Ich lasse mich nicht von dir abknallen, G-man«, sagte er mit einer Stimme, die schwankte und überzukippen drohte.
    »Ich will dich nicht abknallen, Vanbought«, antwortete ich. »Wenn ich das
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