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001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

Titel: 001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus
Autoren: Larry Brent
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...«
    Der Mann in dem alten, villenähnlichen Gebäude fuhr zusammen. Seine
Wangenmuskeln zuckten, und seine langen, schmalen Finger umschlossen die
Sprechmuschel des Telefons unwillkürlich fester. »Du hast es ... wirklich
geschafft ... Bonnard?«, stammelte er. »Unsere Hoffnungen haben sich erfüllt?«
    Der mit Bonnard Angesprochene lachte leise. »Wir sind erst am Anfang,
Canol. Die Schwierigkeiten beginnen erst jetzt. Die Blutmengen reichen nicht
mehr. Ich brauche mehr Blut ... viel mehr ...«
    »Ich komme«, sagte Canol heiser. Seine Stimme zitterte vor Erregung.
Unwillkürlich tastete seine linke Hand nach dem Pflaster am Hals. »Ich stelle
mich zur Verfügung, ich ...«
    Er wurde abermals von dem Mann namens Bonnard unterbrochen. »Es ist zu
wenig. Wir müssen sie jetzt noch öfter schicken. Wir brauchen mehr Opfer,
Canol! Ich kann sie sonst auf keinen Fall am Leben erhalten, und wir werden nie
erfahren, was vor viertausend Jahren wirklich geschah.« Ein uneingeweihter
Beobachter des Gespräches konnte den Eindruck gewinnen, dass sich zwei
Wahnsinnige unterhielten, und doch besprachen sie Dinge von grausiger Realität.
    Bonnard unterbrach schließlich das Gespräch mit dem Hinweis, den Mann, der
sich in den Citroën geschlichen hatte, nicht merken zu lassen, dass man von
seiner Anwesenheit wusste.
    Dann legte Canol beinahe bedächtig den Hörer auf die Gabel zurück. Seine
Hände zitterten, als er nach dem gefüllten Schnapsglas griff und den Inhalt mit
einem Ruck in seine Kehle schüttete. Danach tastete er nach dem dunklen Umhang,
einem capeähnlichen Kleidungsstück, das am Garderobehaken hing, und warf ihn
sich um die Schultern.
    Canol löschte das Licht, und die Dunkelheit senkte sich wie ein Mantel über
den wuchtigen Eichenschreibtisch, der von zahlreichen Papierbögen bedeckt war,
die merkwürdige Zeichnungen, Zahlenkolonnen und Skizzen aufwiesen.
    In der Dunkelheit waren die großen Bilder an der Wand kaum zu erkennen. Nur
schemenhaft nahm man die erschreckenden Szenen wahr, die jemand in Öl auf die
Leinwand gebracht hatte. Auf dem größten Gemälde, direkt über dem Schreibtisch,
erkannte man in der Finsternis gerade noch die riesige Gestalt eines
fledermausähnlichen Körpers. Die gespreizten Flügel spannten sich über eine
Wüstenlandschaft, in der sich schemenhaft die Umrisse von Pyramiden
abzeichneten.
    Als Canol durch den nachfolgenden Flur ging und den rechten Arm hob, um
nach dem Lichtschalter zu greifen, schien es für Sekunden so, als ob auch er
unter dem dunklen Cape die Flügel spreize.
    Er passierte den langen Korridor.
    Unter zwei dicht nebeneinanderliegenden Türen zeigte sich schwacher,
gelblicher Lichtschein. Hinter diesen Türen war es nicht still. Aus dem Raum
erklang ein heller, quietschender Piepton. Das schrille Quieken hörte sich an
wie ein Schrei, der aus dem Maul eines tödlich verletzten Tieres kam. Heftiges
Flügelschlagen, dann Stille ... Doch das schien Canol überhaupt nicht zu
interessieren. Er warf keinen einzigen Blick zur Seite, verließ er das Haus
durch den schmalen Seiteneingang. Dann schloss er die Tür und bewegte sich auf
seinen Wagen zu, der fahrbereit vor der Garage stand.
    So, als wäre nichts, nahm er hinter dem Steuer Platz und startete den
Wagen. Mit einem Knopfdruck löste er den Ultraschallimpuls aus, der das
wuchtige Eisentor knirschend aufgleiten ließ.
    Dies machte er alles rein mechanisch. Canol war mit seinen Gedanken ganz
woanders. Er konnte es kaum erwarten, bis sich das Tor so weit geöffnet hatte,
dass er mit dem Citroën hinausfahren konnte. Er achtete nicht mal darauf, ob
sich das Tor ganz geschlossen hatte, und so entging ihm, dass die eine Hälfte
einen dicken Ast mitschleppte, der sich unter dem Gitter verfangen hatte. Die
massiven, eisernen Flügeltüren blieben handbreit voneinander entfernt in der
Bewegung hängen ...
    Dr. Simon Canol warf keinen Blick zurück. Er fuhr den breiten Weg hinunter
und befand sich drei Minuten später auf der asphaltierten Straße, die steil den
Berg hinaufführte.
    Seine Lippen waren zu einem dunklen, schmalen Strich in dem bleichen
Gesicht zusammengepresst.
    Er wusste, dass er zum ersten Mal im Leben die Fahrt zu Professor Bonnard
nicht allein machte. Er hatte einen ungebetenen Mitfahrer. Dieser wiederum
ahnte nicht, dass Canol etwas von seiner Anwesenheit wusste.
     
    ●
     
    Zunächst sah es aus, als ob er eine Seitenstraße zum Nachbarort hin
einschlagen wolle, doch dann steuerte Canol die
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