Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder

Titel: 0008 - Ich faßte den Eisenbahn-Mörder
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
muß herausgefallen sein, als Sie mich auf den Arm schlugen. Bitte, glauben Sie mir, ich hatte keine bösen Absichten.« Und sie versuchte, mich mit einem Blick anzusehen, der verführerisch und treuherzig zugleich sein sollte, aber aus dem die nackte Angst sprach.
    Langsam hob ich die linke Hand, führte sie an das Brillengestell und nahm die Brille ab. Ich sah Lilly an, sie starrte mich an, mit halboffenem Mund, um den langsam das Lächeln erlosch.
    »Es war ein schöner Tag am Michigansee, Liane«, sagte ich langsam und leise. »Schade, daß er ein schlechtes Ende nahm.«
    Sie erkannte mich. Ihre Augen schlossen sich. Sie fiel ohnmächtig nach hinten auf das Bett.
    Eine halbe Minute lang stand ich nachdenklich und kaute an meiner Unterlippe. Ein paar Gedanken schossen mir durch das Gehirn, aber dann glätteten sie sich rasch. Daß der Eisenbahn-Mörder, einer der Mörder wenigstens, eine Frau war, spielte keine Rolle. Daß diese Frau Liane Baker war, die ich ein wenig besser kennengelernt hatte als andere Frauen, durfte keine Rolle spielen.
    Der Kampf war noch nicht zu Ende. Es mußte weitergehen, und ich hatte keine Zeit.
    Ich steckte die Waffe weg, füllte das Zahnputzglas mit Wasser und goß es ihr ins Gesicht. Sie stöhnte und drehte den Kopf auf die andere Seite. Ich packte die Schultern und schüttelte sie kräftig.
    »Los, kommen Sie zu sich«, sagte ich. Widerwillig schlug sie die Augen auf. »Sind Sie allein im Zug? Haben Sie einen Kumpanen bei sich? Reden Sie, und der Teufel holt Sie, wenn Sie lügen.«
    »Ich… bin allein«, hauchte sie.
    »Stehen Sie auf! Kommen Sie mit in Ihre Kabine!«
    Sie erhob sich mühsam. Ich hob die Handtasche, die Lampe und die schallgedämpfte Waffe auf. Sie taumelte vor mir den Gang entlang zur Kabine vierundzwanzig. Als Gepäck besaß sie einen einzigen Koffer, ein helles Ding. Ich durchwühlte ihn, und außerdem uninteressanten Inhalt fand ich zwei Dinge, die ungewöhnlich waren, eine kleine Taschenlampe mit überdimensioniertem Leuchtkörper aus blauem Glas und einen nicht sehr großen Leinensack, der mit einem starken Eisenring versehen war.
    Ich wog die beiden Dinge in den Händen, und plötzlich blitzte ein Gedanke in mir auf. Ich ging zum Fenster, öffnete es und lehnte mich weit hinaus.
    Laut drang jetzt das Donnern der Räder des rasenden Zuges an meine Ohren, es war noch ein anderes Geräusch in der Luft, ein gemächliches, sich fast gemütlich anhörendes Knattern, der Lärm eines Hubschraubers. Ich suchte den nachtschwarzen Himmel ab und entdeckte das rote und grüne Seitenlicht nicht weit ab vom Zug in geringer Höhe.
    Ich wandte mich in die Kabine zurück.
    »In diesen Sack tun Sie die Beute, den Revolver? Mit der blauen Lampe geben Sie dem Hubschrauber Signal, und er holt den Sack ab, nicht wahr?«
    Sie war völlig gebrochen und nickte willenlos.
    Kurz entschlossen riß ich die Vorhangschnur herunter, band ihr die Hände und Füße. Sie ließ alles ohne Widerstand mit sich geschehen. Ich lief in die Kabine einunddreißig zurück. Sounds Brieftasche steckte in seinem Anzug. Es waren rund zehntausend Dollar darin. Ich tat die Brieftasche in den Leinensack, öffnete das Fenster und feuerte zwei Schüsse aus dem Revolver in die Nacht, fügte dann Revolver und die Taschenlampe dazu und ging in Lianes Kabine zurück. Ich löschte das Licht und beugte mich erneut aus dem Fenster. Die Bordlichter des Hubschraubers schwammen immer noch parallel zum Zug in der Luft.
    »Habt ihr ein bestimmtes Signal vereinbart?« fragte ich.
    »Nein«, flüsterte sie.
    Ich brauchte mir keine Gedanken darüber zu machen, ob sie die Wahrheit sprach. Ich wußte, daß sie in diesem Augenblick nicht log. Ich wußte es mit unumstößlicher Sicherheit.
    Weit lehnte ich mich aus dem Fenster. Der Fahrtwind riß an meinen silbergrauen Haaren. Ich hob die blaue Lampe und drückte in kurzen Abständen auf den Knopf.
    Fast unmittelbar erhielt ich Antwort. Zwischen dem roten und dem grünen Licht blitzte dreimal ein bläulicher Schein auf. Die Bordlampen veränderten ihre Stellung, senkten sich. Der Hubschrauber näherte sich dem Zug.
    Ich fuhr fort, mit meiner blauen Lampe zu blinken. Das Knattern mischte sich immer stärker in das Donnern des fahrenden Zuges. Die Lichter des Hubschraubers verschwanden über dem Zugdach, tauchten dann wieder auf, jetzt gewissermaßen unmittelbar über meinem Kopf, fielen zurück und holten dann wieder auf. Etwas schnurrte an der Seitenwand entlang, ein kräftiges,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher