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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen
Autoren: Susanne Wiemer
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zu öffnen - aber es gelang ihm erst nach ein paar Sekunden, weil getrocknetes Blut seine Lider verklebte. Das flackernde Licht einer Fackel blendete ihn. Undeutlich sah er Gestalten, Gegenstände, feuchte Bruchsteinmauern. Die erste Bewegung zeigte ihm, daß er an Händen und Füßen gefesselt war, daß er auf einem Hocker oder einem ähnlichen Möbelstück saß - und im nächsten Moment wurde ihm auch die Berührung von kühlem Metall an seinem Hals bewußt. Er zuckte zusammen. Das war doch… Für Sekunden hatte er das Gefühl, als sei ein mörderischer Schwinger in seine Magengrube eingeschlagen. Er hielt den Atem an. Ein hölzerner Sitz, registrierte sein Gehirn. Ein Holzpfeiler im Rücken, ein eiserner Halsring. Er kannte die Bedeutung, er wußte, was das vorstellte, was mit ihm geschehen würde - aber ein Teil seines Verstandes weigerte sich einfach, es zu glauben. Er versuchte, den Kopf zu drehen. Es ging nicht. Das Halseisen lag eng um seine Kehle, verurteilte ihn zur Bewegungslosigkeit - und das Gefühl des Erstickens, das ihn bei der leisesten Regung überfiel, überzeugte ihn endgültig, daß dies hier Wirklichkeit war und kein makabrer Alptraum. Eine spanische Garrotte! Eines jener teuflischen Instrumente, mit denen noch bis in die Neuzeit hinein zum Tode Verurteilte hingerichtet worden waren.
    Die unglücklichen Deliquenten wurden mit dem Halseisen erwürgt, langsam und qualvoll. Zamorra erinnerte sich an Beschreibungen dieses barbarischen Verfahrens, an Bilder, die er gesehen hatte, und fühlte, wie ihm ein eiskaltes Prickeln vom Nacken her über das Rückgrat rann. Er biß sich auf die Lippen. Mühsam versuchte er, den Blick zu wenden, irgend etwas zu erkennen. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an den flackernden Fackelschein, er unterschied Umrisse, Gestalten, und die kalte Angst in seinem Innern verstärkte sich. Er befand sich in der Folterkammer von Château Montagne - das war ihm schon vorher klargewesen. Ein breitschultriger und kahlköpfiger Hüne hielt die Fackel.
    Dicht neben ihm hatte sich ein dürrer, knochiger alter Mann aufgebaut, dessen schmaler Schädel an einen Totenkopf erinnerte. Derselbe Mann, den Zamorra schon einmal getroffen hatte, bei der Verfolgung Charles Varecks! Zamorra erkannte ihn sofort. Die schwarzen Augen funkelten, der fast lippenlose Mund lächelte teuflisch, und hinter ihm… Zamorra hielt den Atem an. Nein, dachte er. Nein, das ist nicht wahr! Das kann nicht wahr sein! Aber das Bild vor seinen Augen blieb, änderte sich nicht.
    Es war Nicole. Nicole Duval, die hinter den beiden Männern stand, frei, ungefesselt, die die Arme unter der Brust verschränkt hatte und die Szene mit gleichgültigen Augen beobachtete. Mit gleichgültigen - und leeren, seltsam leblosen Augen. Sie war nicht sie selbst. Zamorra spürte es, obwohl sie nicht sprach, nichts tat, sich nicht rührte. Ein einziges Mal nur streifte ihn ihr starrer, unendlich ferner Blick - und das genügte ihm um zu begreifen. Er starrte den Hageren an.
    »Wer sind Sie?« fragte er heiser.
    »Was haben Sie mit Nicole gemacht?«
    Der Mann mit dem Totengesicht lächelte.
    »Nichts weiter«, sagte er zynisch. »Nur ein wenig Hypnose. Ihre Freundin besaß die Freundlichkeit, mich einzulassen. Ich bin Dr. Arcaro Ramondo.«
    Zamorra preßte die Lippen zusammen. Er kannte den Namen nicht.
    Aber vor seinem inneren Auge lief eine rasche Folge von Bildern ab. Er dachte an den Tod seines Onkels. An das rätselhafte Benehmen seines Vetters, an Charles Varecks Leichnam. Und die Schlüsse, die sein wissenschaftlich geschulter Verstand daraus zog, kamen der Wahrheit ziemlich nahe.
    »Was wollen Sie?« fragte er so ruhig und beherrscht wie möglich.
    Der Mann mit dem Totengesicht kam einen Schritt näher. Ein seltsamer, fremder Glanz lag in seinen Augen. Der fiebrige Glanz des Wahnsinns. Sein Gesicht verzerrte sich zur Grimasse.
    »Das Amulett«, flüsterte er. »Das silberne Amulett Leonardo de Montagnes! Ich werde es bekommen…«
    Zamorra schloß die Augen und öffnete sie wieder.
    »Ich weiß von keinem Amulett«, sagte er ruhig.
    Ramondos Augen verengten sich.
    »Du weißt es!« zischte er. »Du bist Louis de Montagnes Erbe, du mußt das Geheimnis kennen. Ich gebe dir eine Minute Zeit. Eine Minute, verstehst du? Überleg es dir gut!«
    Zamorra biß die Zähne zusammen. Seine Gedanken überstürzten sich. Er hatte das Amulett bei sich, trug es unter seiner Kleidung um den Hals. Aber wenn er es auslieferte, würde dieser
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