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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen
Autoren: Susanne Wiemer
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Gestalt straffte sich. Das Totengesicht mit den vorstehenden Wangenknochen, der gelblichen Pergamenthaut und den dünnen Lippen wirkte steinern. Nur in den Tiefen seiner lavaschwarzen Augen begann der Triumph zu glühen wie ein Feuer…
    ***
    Professor Zamorra atmete tief durch und ließ die Schultern sinken. Er war ein großer, schlanker Mann, dunkelhaarig, mit hellwachen grauen Augen in einem schmalen, markanten Gesicht. Jetzt wirkte er ein wenig abgespannt. Mit einer knappen Geste griff er nach dem Wasserglas auf dem Schreibtisch, trank einen Schluck und wandte sich seiner Sekretärin zu.
    »Das war's für heute«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß noch allzu viele Korrekturen nötig sind.«
    Nicole Duval ließ den Stenoblock sinken und hob das hübsche Köpfchen. Über ihrer kleinen, energischen Nase stand eine winzige Falte in Form eines V.
    »Himmel«, seufzte sie. »Müssen Sie sich denn wirklich immer mit diesen Gespenstergeschichten befassen, Chef?«
    Zamorra lächelte. Er hatte sich inzwischen an Nicoles Eigenschaften gewöhnt. Nur an den Blick ihrer verteufelt hübschen Augen würde er sich wohl nie gewöhnen. Dunkelbraune Augen, hell gesprenkelt. Winzige Tupfen, die wie Goldfunken tanzen konnten. Und die bisweilen auch verschwanden, wenn sich die Irisringe verdunkelten und zu schwarzen Seen wurden. Nicole war ein echter Glücksfall. Schön, intelligent, sprühend vor Lebendigkeit und Charme - und im Bedarfsfall so zuverlässig wie ein Felsen in der Brandung. Wenn es galt, ihren Chef vor ungebetenen Besuchern und auch störenden Anrufen abzuschirmen, konnte sie es mit jedem Vorzimmerdrachen aufnehmen.
    Wenn sie dagegen Auskünfte brauchte, Termine ausmachte, irgend etwas erreichen wollte, dann taute sie Eisberge auf und wickelte den hartgesottensten Verhandlungspartner um den kleinen Finger.
    Lediglich für das weite Gebiet der Parapsychologie und alle diesbezüglichen Forschungen fehlte ihr jeder Funke von Verständnis.
    »Das ist keine Gespenstergeschichte, sondern eine wissenschaftliche Abhandlung über Telepathie und Elektromagnetismus«, erklärte Zamorra geduldig. »Und sie ist für eine höchst seriöse Zeitung bestimmt, die von der NASA mitfinanziert wird.«
    »Telepathie«, wiederholte Nicole in einem Tonfall, als habe ihr jemand ernsthaft den Vorschlag gemacht, sie mit dem legendären Mann im Mond bekannt zu machen. Zamorra seufzte. Nicoles spezielle Spielart von Logik war immer wieder verblüffend.
    »Sie glauben doch zum Beispiel an Liebe auf den ersten Blick, nicht wahr?« versuchte er es noch einmal. Die Tupfen in Nicoles Augen verwandelten sich in pures Gold.
    »Ich bin schließlich Pariserin«, sagte sie mit Würde.
    »Na, sehen Sie! Also glauben auch Sie, daß es Beziehungen zwischen Menschen gibt, die sich nicht rational begründen lassen. Ausstrahlungen. Magnetfelder, die…«
    »Aber Chef«, unterbrach Nicole ihn vorwurfsvoll. »Was hat das denn mit Liebe zu tun? Liebe auf den ersten Blick ist…«
    »Ja?«
    »Also, Liebe auf den ersten Blick, das ist - das ist, wenn…«
    Sie verstummte. Statt weiterzusprechen, wurde sie glühend rot. Ihre Augen versprühten das Feuer von Brillanten.
    »Wenn ich das hier noch schreiben soll, muß ich mich jetzt beeilen«, erklärte sie kategorisch, schob ihren Stuhl zurück und verließ, energisch mit den Absätzen klappernd, das Zimmer.
    Zamorra blickte ihr nach. Ein amüsiertes Lächeln spielte um seine Lippen. Nicole hielt sich für eine Realistin. Sie glaubte nicht an Übersinnliches. Aber wenn sie irgendwann einmal einen Ort kennenlernen würde wie zum Beispiel Château Montagne, das Schloß seiner Vorfahren… Er stockte.
    Tief in seinem Gehirn schien etwas einzurasten. Der Gedanke an das Schloß, an seinen Onkel Louis de Montagne, war aus der Tiefe des Unbewußten an die Oberfläche gewirbelt worden, war plötzlich da, und er wußte selbst nicht, wieso ihn dieser Gedanke beunruhigte. Verbindungen zwischen Menschen, die sich nicht rational erklären lassen. Strahlenfelder. Wissen, das da war wie aus dem Nichts… Er wußte, daß es das gab. Parapsychologie war sein Spezialgebiet. Aber er hatte nie so deutlich empfunden wie jetzt, daß dieser Bereich trotz aller strengen Wissenschaftlichkeit etwas Unheimliches hatte. Mit zwei Schritten stand er am Fenster, öffnete es und atmete tief die klare warme Luft ein. Irgendwo geschah etwas. Etwas, das ihn betraf. Er wußte nicht, was es war - aber er spürte dennoch, wie ihm ein kühles Prickeln vom
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