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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen
Autoren: Susanne Wiemer
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hörte, wie sich der taubstumme Hüne hinter ihm herumwarf. Acharat floh, versuchte mit langen Schritten, die Tür zu erreichen. Wieder gellte das teuflische Gelächter, und als hätte die jähe Bewegung als Signal gewirkt, begannen sich die tanzenden Flammen erneut zu verwandeln. Gestalten schälten sich heraus. Knochengestalten. Gerippe. Blauer, gleißender Feuerschein umgab die grinsenden Totenschädel, schien die bleichen Knochen wie durchsichtige Gewänder einzuhüllen. Skelette drehten sich im grotesken Totentanz, kamen näher und näher. Schon glaubte Ramondo, die Hitze des Feuers zu spüren - aber er war sich nicht sicher, ob es wirklich Hitze war oder die eisige, unvorstellbare Kälte des Todes. Eines der Gerippe hob den Arm, streckte die weiße feuerumflossene Totenhand aus, als wolle sie ihn berühren. Ramondo fuhr zurück.
    Er keuchte. Tief in ihm schien eine unsichtbare Barriere zu zerbrechen. Angst sprang ihn an. Eine kalte, würgende, alles erstickende Panik, die gleich einer dunklen Flutwelle sein Bewußtsein überschwemmte. Er warf sich herum. Blindlings wollte er fliehen, diesen unheimlichen Raum verlassen - aber schon nach zwei Schritten prallte er zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.
    Eine Feuersäule wuchs zwischen ihm und der Tür empor. Eine Feuersäule, die sich verdichtete, veränderte, binnen Sekunden ebenfalls zu einem grinsenden Gerippe wurde. Es gab kein Entkommen!
    Er war eingekreist. Eingekreist von Toten, von Dämonen, die er selbst befreit hatte. Louis de Montagne kannte das Geheimnis. Er hatte sich gerächt. Er hatte eine Falle gestellt und… Die Knochenhand des Dämons schoß vor. Ramondo wollte ausweichen, aber er schaffte es nicht. Wie Eisenklammern schlossen sich die dürren Finger um seinen Arm. Er glaubte, Kälte zu spüren, eisige Kälte - doch es war eine Kälte, die ihn verbrannte, den Stoff der Jacke und die Haut versengte und glutheißen Schmerz durch seinen Körper schickte. Ramondo schrie. Er schrie wie ein Tier, gellend, sich überschlagend. Vielstimmiges Gelächter gellte in seinen Ohren - und irgend etwas, irgendein Unterton in diesem gräßlichen, satanischen Gelächter brachte ihn wieder zu sich und weckte seinen Selbsterhaltungstrieb. Mit einer wilden Bewegung riß er sich los, fegte die Knochenhand von seiner Schulter. Für eine Sekunde verschwand das Gerippe, schien zu ertrinken im gestaltlosen Feuerschein.
    Und als es erneut auftauchte, war das Höllengelächter verstummt. Ramondo straffte sich. Blitzschnell hob er die Hände, schob die Unterarme übereinander - das uralte, magische Zeichen des Kreuzes.
    Stöhnen erfüllte die Luft. Wie von einem Bannstrahl getroffen wichen die Gerippe zurück, verschwammen, wurden wieder zu Feuer. Die Flammen tanzten, loderten, bewegten sich in gespenstischem Reigen - aber eine unsichtbare Wand schien sie zurückzuhalten. Ramondos Augen glühten wie Kohlen in dem ausgemergelten Gesicht. Seine Stimme bebte.
    »Brenne!« flüsterte er leise, fast unhörbar. »Brenne, Feuer! Glühe, Flamme! Glühe ewig, wie der Geist, der dich erschaffen! Brenne in der Glut, der du gehörst! - Flamme zu Flamme! - Feuer zu Feuer! - Brenne für mich - brenne für mich…«
    Langsam wich er zurück. Schritt für Schritt. Seine Augen hingen an den Feuersäulen.
    Sahen, wie sie zurückwichen, verblaßten, wie sie wieder zu Wolken von tanzenden Funken wurden.
    Immer noch sprach er, murmelte leise, monotone Beschwörungsformeln - und dann, als er die Tür erreicht hatte, warf er sich mit einer blitzartigen Bewegungen herum. Hinter ihm zischten Flammen.
    Etwas wie ein wilder, fauchender Wutschrei erfüllte die Luft. Dr. Ramondo wußte, daß er die Geister nicht bannen konnte. Daß er sie nur verwirrt hatte, nur für einen winzigen Moment getäuscht durch sein Wissen, das nichts war ohne die magische Kraft des Amuletts. Er wußte es - und die panische, alles verschlingende Angst trieb ihn vorwärts wie eine gnadenlose Peitsche. Dr. Ramondo floh. Er floh blindlings, rannte taumelnd, stolpernd, verzweifelt durch die langen, endlosen Gänge von Château Montagne. Und als er das Schloß verlassen hatte, als er die klare, kühle Nachtluft spürte, erlosch die Panik, und er konnte wieder einen vernünftigen Gedanken fassen…
    ***
    Louis de Montagne war in Schweiß gebadet.
    Mit einer verzweifelten Anstrengung hatte er es geschafft, sich von den Lederriemen an seinen Handgelenken zu befreien und die Fesseln abzustreifen. Er zitterte. Immer
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