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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Autoren: Jean M. Auel
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nicht zu überprüfen. Sie wußte genau, was darin war.
Sie hob ihren Grabstock auf und schleuderte ihn beiseite, als Zorn in ihr aufwallte, den Kummer verdrängte und sie in ihrer Entschlossenheit noch bestärkte. Broud wird es nicht fertigbringen, daß ich sterbe!
Tief holte sie Atem und zwang sich dann weiterzupacken. Jetzt kamen das Gerät zum Feuermachen und das Auerochsenhorn hinein; dann holte sie verschiedene Feuersteingeräte aus den Falten ihres Überwurfs. Einer besonderen Falte entnahm sie einen runden Kieselstein, warf ihn in die Luft und fing ihn wieder auf. Jeder Stein, sofern er von der richtigen Größe war, ließ sich mit der Schleuder schleudern, aber zielsicher treffen ließ sich am besten mit glatten, runden Geschossen. Die paar, die sie hatte, behielt sie.
Dann griff sie nach ihrer Schleuder, einer Hirschlederschlaufe, die sich im mittleren Teil verbreiterte und lang zulaufende, durch vielen Gebrauch zusammengedrehte Enden besaß. Daß sie die Schleuder behalten mußte, war keine Frage. Sie löste die Verknotung des langen Lederriemens, den sie dergestalt um ihren weichen Ziegenlederumhang geschlungen hatte, daß die verschiedenen Falten entstanden, in denen sie Dinge mit sich herumtrug. Der Umhang fiel zu Boden. Sie stand nackt da und trug nur den kleinen Lederbeutel an einem Riemen um den Hals – ihr Amulett. Sie streifte Riemen und Beutel über den Kopf und erschauerte; ohne Amulett kam sie sich nackter vor als ohne Umhang; die kleinen Dinge darin gaben ihr Sicherheit.
Das waren nun all ihre Habseligkeiten, alles, was sie brauchte, um zu überleben – diese Dinge und dazu Wissen, Können, Erfahrung, Klugheit, Entschlossenheit und Mut.
Rasch rollte sie ihr Amulett, die Werkzeuge und ihre Schleuder in ihren Umhang ein und steckte auch dies in die Kiepe. Dann wickelte sie das Bärenfell drum herum und verschnürte es mit ihrem langen Riemen. Dieses Bündel wiederum rollte sie in ihr Zelt aus Auerochsenfell, und das Ganze zurrte sie mit Hilfe des frischgebrochenen Schlingengewächses auf dem Baumstamm fest.
Eine Weile starrte sie auf den breiten Strom und das ferne Ufer, dachte dann an ihr Totem, schob mit dem Fuß Sand auf das Feuer und schleifte den Baumstamm mitsamt all ihrer kostbaren Habe hinunter ins Wasser. Dort stellte sie sich fest auf die Astgabelung, hielt sich an den stehengebliebenen Enden der ehemaligen Zweige fest und stieß dann mit ihrem Floß ab.
Immer noch eiskalt vom Schmelzwasser der Gletscher umfing das Wasser ihren nackten Leib. Sie schnappte nach Luft und konnte kaum atmen, doch Gefühllosigkeit setzte ein, und sie gewöhnte sich an das eisige Element. Die mächtige Strömung packte das Floß und versuchte, es weiter hinunterzutragen zum Meer. Das Floß schaukelte auf den Wellen, doch die Gabelung der Äste hielt es davon ab, sich um sich selbst zu drehen. Mit aller Macht strampelnd, kämpfte Ayla darum, es durch die schäumende Strömung hindurchzuschieben; in einem schrägen Winkel wurde sie abgedrängt, doch ging es immer noch auf das gegenüberliegende Ufer zu.
Sie kam nur quälend langsam voran. Jedesmal, wenn sie aufblickte, war das gegenüberliegende Ufer weiter entfernt, als sie gedacht hatte. Sie trieb viel rascher flußabwärts, als sie über den Fluß hinüberkam. Als die Strömung sie an der Stelle vorbeitrug, an der sie geglaubt hatte, landen zu können, war sie ausgepumpt und unterkühlt. Sie zitterte. Ihre Muskeln schmerzten. Ihr war, als hätte sie eine Ewigkeit mit den Füßen gestrampelt, um von Felsbrocken freizukommen, die man daran befestigt hatte. Trotzdem zwang sie sich weiterzumachen.
Schließlich war sie dermaßen erschöpft, daß sie sich der unerbittlichen Kraft der Strömung überließ. Das Wasser machte sich das augenblicklich zunutze und trieb das Floß zurück in die Richtung, die der Flußlauf nahm. Ayla klammerte sich verzweifelt an den Baumstamm, der jetzt sie beherrschte.
Doch weiter unten änderte der Fluß seinen Lauf und bog dort, wo es um eine Landzunge herumging, scharf von seiner südlichen Richtung nach Westen ab. Ayla hatte mehr als drei Viertel quer über die reißende Strömung geschafft, ehe sie sich ihrer Erschöpfung überließ, doch als sie jetzt das felsige Ufer sah, riß sie sich entschlossen noch einmal zusammen.
Sie zwang ihre Beine zu strampeln, stemmte sich gegen das Wasser, um das Ufer zu erreichen, ehe der Fluß sie um die Landzunge herumtrug. Geschlossenen Auges konzentrierte sie sich darauf, die Beine zu bewegen.
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