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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
Autoren: Franz Seinsche
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Am besten war, man ging wieder nach Obermauelsbach hinab und ließ sich auslachen. Es war, als hätte Willem diesen Gedanken aller erraten, denn plötzlich sagte er: »Wenn wir jetzt heimkommen, kriegen wir fürchterliche Hiebe !«
    »Wieso denn ?« fragte der rote Philipp. »Weil wir die Schule geschwänzt haben«, antwortete Willem. »Wenn wir gewallfahrtet wären, hätten wir natürlich frei gehabt .« Dann war es wieder still unter den »Verstoßenen«. Es war eine bittere Stimmung bei den Zwölfen.

    Um das Maß voll zu machen, fing auch der dicke Emil nun an zu stänkern und sagte zu Willem: »Du bist das ganze ja überhaupt schuld, weil du uns am falschen Ende des Dorfes herausgeschleppt hast .«
    »Sei doch ruhig«, sagte Herbert, Willems Freund, »jeder kann sich mal vertun, und außerdem: Wenn wir richtig zum Dorfe heraus wären, hättest du mit deinem Sack Kartoffeln uns bestimmt nicht mehr eingeholt, du Schlafmütze .«
    »Hört doch auf mit so ‘nem Quatsch«, sagte Willem, »und hört mal zu: Wir müssen jetzt in Gottes Namen warten, bis Pause ist, und dann geh ich zu den Mohrenbachern und will mit ihnen verhandeln. Schließlich sind es doch anständige Kerle, oder ?«
    »Da müssen wir also warten, bis Pause ist«, sagte der dicke Emil, »ich möchte bloß wissen, wann wir dann die Prozession einholen wollen! Denk mal nur, was die jetzt schon für ‘nen Vorsprung hat !«
    »Wir kriegen sie doch ein«, sagte Willem, »du mußt dir mal das Stänkern abgewöhnen, Emil, das paßt nicht für ‘ne Wallfahrt. Die Prozession ist jetzt zweieinhalb Stund’ unterwegs, laß es bis 10 Uhr dauern, ehe wir das Rad wiederhaben, bis abends sind wir bestimmt bei .«
    Das sahen alle ein, und Emil schwieg. Da blieb jetzt also nichts anderes übrig, als zu warten. Die »Verstoßenen« dösten vor sich hin und warteten auf die Schulpause. >Willems Vorschlag, in der Zwischenzeit zu frühstücken, lehnten alle ab, sie hatten keinen Hunger. Einmal sprach Theo einen leisen Zweifel aus, ob es wohl ganz sicher sei, daß die »Hungerleider« das Rad gutwillig herausgeben würden. »Sie müssen«, sagte der rote Philipp, »denn wir brauchen es, da gibt’s nichts anderes .«
    Das Warten wurde den Zwölfen schrecklich sauer. Je langsamer die Zeit vorwärtskroch , um so mehr glaubten sie zu erkennen, daß Theos Zweifel an der Gutwilligkeit der »Hungerleider« berechtigt seien. Aber keiner sprach seine Bedenken mehr aus.
    In der »kleinen« Pause kamen nur ein paar Buben und Mädchen von Möhrenbach auf den Schulhof. Das Rad hatte keiner bei sich. Trotzdem leitete Willem gleich seine Verhandlungen ein. Der Erfolg war niederschmetternd. Die »Hungerleider« antworteten mit höhnischem Gelächter.
    Als es wieder still auf dem Schulhof war, war die Hoffnung bei den zwölf Wallfahrern so mächtig gesunken, daß selbst Willem sagte: »Ich glaub jetzt auch, die Sache geht schief! Soll’n wir nicht heimgehen ?« Und da geschah das Wunder! Plötzlich ertönte aus irgendeinem Klassenzimmer im ersten Stock der Schule verworrener Lärm. Lachen und Geheul klang von oben herunter. »Da ist was los, die „Hungerleider“ machen Blödsinn«, sagte der rote Philipp eben, und alle guckten zu den Fenstern hinauf. Und da kam es! Ein Fenster tat sich auf. Der Kopf von Lehrer Biesenbach ward sichtbar, ein schleudernder Arm..., bums! Unten lag das Rad, und oben flog das Fenster zu. Leise jubelten die Zwölfe. Ehe eine Viertelstunde verflossen war, waren sie wieder unterwegs, sie sangen Wanderlieder, und selbst Karo bellte vergnügt in den Morgen.
    Schon gegen halb elf waren die »Verstoßenen« in Kottenheim und hatten damit die Wallfahrtsstraße nach Heiligkreuz erreicht. Jetzt waren sie endlich richtig. Gleich hinterm Dorf ließ Willem kurze Rast machen. Nun hatten alle Hunger. Sie aßen jeder drei bis vier Doppelschnitten, und Jupp und Franz, die beiden Wirtssöhne stifteten zwei große Flaschen Limonade, die sie zu Hause »genascht« hatten. Herbert, der im Dorf vorsichtig geschnüffelt hatte, konnte verkünden, daß die Prozession um halb acht durch Kottenheim gekommen sei. Drei Stunden Vorsprung war nicht viel!
    »Zwei Stunden Mittagspause macht die Prozession jeden Tag«, sagte Willem, »da können wir mächtig aufholen, und bis heut’ abend haben wir sie dicke bei .« Nach kurzer Zeit ging es weiter. Vom Beten und Singen wurde einstweilen noch abgesehen, damit es schneller gehe, und das Wallfahrtskreuz lag auf dem Leiterwagen. Der Weg nach
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