Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
Autoren: Solomon Northup
Vom Netzwerk:
auf der gegenüberliegenden Seite. Nachts legte ich mich auf den feuchten, harten Fußboden, ohne Kissen oder Bettdecke. Zweimal am Tag und überaus pünktlich kam Radburn mit seinem Schweinefleisch, dem Brot und dem Wasser herein. Ich hatte nur wenig Appetit, dafür plagte mich aber ein ewiger Durst. Meine Blessuren erlaubten es mir nicht, längere Zeit in einer Stellung zu bleiben; ich verbrachte die Tage und Nächte sitzend, stehend oder langsam umher wandernd. Ich war zu Tode betrübt und entmutigt. Die Gedanken an meine Familie, meine Frau und meine Kinder, waren allgegenwärtig. Wenn mich der Schlaf übermannte träumte ich von ihnen und dass ich wieder in Saratoga war – dass ich ihre Gesichter sehen und ihre nach mir rufenden Stimmen hören könnte. Als ich aus diesen wunderschönen Fantasien erwachte und mich wieder der bitteren Realität um mich herum stellen musste blieb mir nichts als laut aufzustöhnen und zu weinen. Aber noch waren meine Lebensgeister nicht gebrochen. Ich schwelgte in dem Gedanken, hier herauszukommen, und das möglichst bald. Es war unmöglich, schlussfolgerte ich, dass Menschen so ungerecht sein konnten mich als Sklave zu halten, obwohl sie die Wahrheit über mich kannten. Burch, dem ich versichern konnte, dass ich nicht aus Georgia geflohen war, würde mich sicher gehen lassen. Obwohl ich hin und wieder Brown und Hamilton der Mittäterschaft verdächtigte, konnte ich mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, dass sie ursächlich waren für meine Gefangenschaft. Sie würden sicher nach mir suchen und mich von der Knechtschaft erlösen. Aber ach! Ich hatte noch nicht annähernd begriffen, wie weit die "Unmenschlichkeit des Menschen" gehen, geschweige denn zu welch grenzenloser Bosheit ihn die Sucht nach Gewinn treiben kann.
     
    Nach einigen weiteren Tagen wurde die äußere Tür offen gelassen und man erlaubte mir Zugang zum Hof. Dort fand ich drei Sklaven vor – einer davon ein Junge von zehn Jahren, die anderen zwei junge Männer von vielleicht zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren. Ich brauchte nicht lange, um mit ihnen Bekanntschaft zu schließen und mehr über ihre Geschichten zu erfahren.
     
    Der Älteste war ein farbiger Mann namens Clemens Ray. Er hatte in Washington gelebt, war zuerst Taxi gefahren und hatte dann für längere Zeit in einer Mietstallung gearbeitet. Er war sehr intelligent und hatte seine Lage vollständig erfasst. Der Gedanke, nach Süden gehen zu müssen überwältigte ihn mit Trauer. Burch hatte ihn vor wenigen Tagen gekauft und ihn hier untergebracht bis die Zeit gekommen war, ihn nach New Orleans auf den Markt zu schicken. Er war der erste, der mir verriet, dass ich in Williams Sklavenstall war – einem Ort, von dem ich noch nie gehört hatte. Er erklärte mir, für welchen Zweck er gebaut worden war. Ich erzählte ihm die Einzelheiten meiner unglücklichen Geschichte, aber er konnte mir nur sein Mitgefühl als Trost anbieten. Auch er riet mir fortan das Thema meiner Freiheit nicht mehr anzusprechen, schließlich kannte er Burch und seinen Jähzorn und versicherte mir, dass jeder Versuch nur in einem erneuten Auspeitschen enden würde. Der Zweitälteste hieß John Williams. Er war in Virginia, nicht weit weg von Washington, groß geworden. Burch hatte ihn als Ausgleich für eine Schuld erhalten und er hielt immer noch an der Hoffnung fest, dass sein eigentlicher Herr ihn auslösen würde – eine Hoffnung, die sich tatsächlich erfüllen sollte. Der Junge war ein lebhaftes Kind, das auf den Namen Randall hörte. Die meiste Zeit spielte er im Hof, nur hier und da fing er an zu weinen, rief nach seiner Mutter und fragte sich, wann diese ihn holen würde. Die Abwesenheit seiner Mutter schien die große und alles bestimmende Trauer in seinem Herzen zu sein. Er war zu jung, um zu verstehen in welcher Situation er war und wenn ihn die Erinnerung an seine Mutter nicht übermannte unterhielt er uns mit tollen Späßen.
     
    Nachts schliefen Ray, Williams und der Junge im Schuppen, während ich in der Zelle weg gesperrt wurde. Schließlich gab man uns Decken; solche, die auch für Pferde verwendet wurden – es war das einzige Bettzeug, das man mir in den folgenden zwölf Jahren erlauben würde. Ray und Williams fragten mich ständig nach dem Staat New York und wie man farbige Menschen dort behandelte; wie sie dort eigene Häuser und Familien haben konnten, ohne dass jemand sie störte oder unterdrückte; und gerade Ray lechzte ständig nach Freiheit. Solche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher