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Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
Autoren: Solomon Northup
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zurückgekehrt war fand ich mich allein, in völliger Dunkelheit und in Ketten vor.
     
    Der Schmerz in meinem Kopf war beträchtlich zurückgegangen, aber ich fühlte mich immer noch benommen und schwach. Ich saß auf einer niedrigen Bank, die aus rauen Bohlen gefertigt worden war, und hatte weder Mantel noch Hut. Man hatte mir Handschellen angelegt. Um meine Fußknöchel lagen schwere Fesseln. Ein Ende der Kette war an einem großen Ring im Fußboden befestigt, das andere an einer der Fesseln. Ich versuchte vergebens aufzustehen. Erst nach geraumer Zeit konnte ich mich einigermaßen sammeln, die Bewusstlosigkeit musste doch einige Zeit angedauert haben. Wo war ich? Was bedeuteten diese Fesseln? Wo waren Brown und Hamilton? Was hatte ich getan, dass ich es verdient hatte, in so einem Verlies gefangen zu sein? Ich verstand überhaupt nichts. Es gab eine Lücke unbekannten Ausmaßes in meinem Gedächtnis. Was vor meinem Erwachen hier passiert war konnte selbst die größte Anstrengung nicht rekonstruieren. Ich lauschte intensiv nach einem Lebenszeichen, aber nichts durchbrach die bedrückende Stille außer dem Klirren der Kette wenn ich mich bewegte. Ich sprach mit lauter Stimme, aber der Klang meiner Stimme erschreckte mich. Soweit die Fesseln es erlaubten fühlte ich nach meinen Taschen – weit genug um festzustellen, dass man mich nicht nur der Freiheit, sondern auch meines Geldes und meiner Dokumente beraubt hatte! Dann dämmerte mir der Gedanke, zuerst leise und verworren, dass man mich entführt hatte. Aber das wäre ja unglaublich gewesen.
     
    Es muss wohl einen Irrtum gegeben haben, irgendeinen unglücklichen Zufall. Es durfte nicht sein dass ein freier Bürger des Staats New York, der niemandem etwas zuleide getan, geschweige denn ein Verbrechen begangen hatte, so unmenschlich behandelt wurde. Je mehr ich über meine Lage nachdachte, desto sicherer erschien mir mein Verdacht. Es war ein trostloser Gedanke. Ich fühlte, dass kaltherzige Menschen weder Vertrauen verdienten, noch Gnade erwarten ließen. Ich empfahl mein Schicksal dem Gott der Unterdrückten, beugte mein Gesicht auf meine gefesselten Hände und begann bitterlich zu weinen.
     
     
Kapitel 3
 
    Ungefähr drei Stunden vergingen, in denen ich auf der niedrigen Bank sitzen blieb und in schmerzliches Nachdenken vertieft war. Dann hörte ich in der Ferne das Krähen eines Hahns und kurz darauf ein polterndes Geräusch als ob Kutschen durch die Straßen getrieben wurden. Ich wusste, dass es Tag war. Kein Lichtstrahl durchbrach mein Gefängnis. Schließlich hörte ich Schritte direkt über mir, als ob jemand hin- und hergehen würde. Es kam mir in den Sinn, dass ich wohl in einem unterirdischen Raum war und der modrige, feuchte Geruch, der mich umgab, bestätigte diese Vermutung. Die Geräusche über mir dauerten ungefähr eine Stunde lang; dann hörte ich Schritte, die sich von außen näherten. Ein Schlüssel kratzte im Schloss und eine schwere Tür schwang auf. Licht überflutete den Raum und ich sah zwei Männer hereinkommen und sich vor mir aufbauen. Einer war groß und kräftig, vielleicht 40 Jahre alt, mit dunklem, haselnussfarbenem Haar, das leicht mit Grau durchsetzt war. Er hatte ein rundliches Gesicht und war von aufgeschwemmter Statur; alles an ihm war derb und ekelhaft und bezeugte nichts als Grausamkeit und Durchtriebenheit. Er war etwa 1.80 Meter groß und ohne Vorverurteilung darf ich sagen, dass ich noch niemanden getroffen hatte, der so widerlich und finster war. Sein Name war, wie ich später herausfinden sollte, James H. Burch – ein stadtbekannter Sklavenhändler aus Washington; und zu diesem Zeitpunkt Geschäftspartner von Theophilus Freeman aus New Orleans. Der andere war ein einfacher Lakai mit Namen Ebenezer Radburn, der als Gefängniswärter fungierte. Beide Männer lebten zur Zeit meiner Rückkehr aus der Gefangenschaft, was letzten Januar war, immer noch in Washington.
     
    Das Licht, das durch die offene Tür fiel, erlaubte mir den Raum, in dem ich gefangen war, näher zu betrachten. Er war rund 4 Quadratmeter groß und von solidem Mauerwerk umgeben. Der Boden war aus schweren Dielen gemacht. Es gab ein kleines Fenster, das mit großen Eisenstangen vergittert und von außen mit Fensterläden fest verschlossen war.
     
    Eine mit Eisen beschlagene Tür führte in eine benachbarte Zelle - oder besser Verlies; es gab dort nicht das kleinste Fenster oder irgendetwas anderes, durch das Licht hereinfallen hätte können. Das
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