Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
Vom Netzwerk:
aber zum Zelt.
    In der Nähe der Hafenstraße befand sich ein kleiner Rasenparkplatz, auf dem ein einsamer Einachsanhänger stand, der uns Windschatten bot. Dahinter verschwand unser Igluzelt, entzog sich den Blicken der scheinbar nicht vorhandenen Bevölkerung. Wenig wohltuend empfanden wir die nassen Ärmel unserer Pullover und Hemden. Und die nassen Füße. Auch das Regenzeug war innen naß vom Schwitzen. Wir hatten keine Möglichkeit, die Sympatex-Jacken zu trocknen. Sonne! Wo blieb die Sonne?

    Später hörte der Regen auf, Vögel begannen zu zwitschern. Ilse hatte sich bereits in den Schlafsack verzogen, ich zwängte mich noch einmal in meine nasse Jacke. Langsam ging ich an der Hafenstraße, die auch die Durchgangsstraße war, entlang. Linkerhand sah ich eine alte Bogenbrücke, durch die ein Bach in die Bucht floß. Von Südwesten her schimmerte trotz der Abendzeit Helligkeit. Es roch nach Meer und salziger Luft, immer noch rief irgendwo eine Amsel. Niemand war zu sehen; die Bevölkerung schien ausgewandert. Ich lehnte mich auf die Brückenmauer und starrte in Richtung Hook Head. Dort, wo das Leuchtfeuer unter dem dunklen Wolkenhimmel aufblitzte, begann die Celtic Sea, die sich an Ärmel- und St. Georgs Kanal anschloß. An der linken Buchtseite, im Anschluß an die Bogenbrücke, lagen Fischerboote und kleine Segeljachten. Ich sah ihre schwarzen Umrisse, die Masten wie flüchtige Striche.
    Ich atmete tief durch, fühlte mich plötzlich wohl. Die friedliche Stille machte mich heiter. Was konnte einer nassen Katze noch passieren?

    Ich wanderte zurück, an der langen Fläuserzeile vorbei, der traurigen, die jetzt nicht mehr traurig aussah. Warmes Lampenlicht spiegelte sich in den Resten der Feuchtigkeit auf der Straße. Ein junger Mann in Jeans und schwarzer Lederjacke kam mir entgegen, schlenderte zu den Booten, konnte sich wohl nicht entscheiden, in eins der beiden Pubs zu gehen. Der Ort war nicht ausgestorben, ich nicht allein unterwegs in Arthur’s Town. Ich beschloß, daß mir der Ort gefiel und ich sehr gern einmal bei Sonnenschein hierher zurückkehren würde.



PANNE IN WATERFORD

    Weiter im Inneren der Bucht waren wir mit der Fähre über den Mündungstrichter des Barrow River gefahren, mit uns zwei Radwanderer und drei Autos. Zwischen Ginsterbüschen und Feldern erreichten wir auf schmalen Landstraßen die größere Hafenstadt Waterford. Die würzige Luft hielt an, es regnete nicht, ab und zu kam die Sonne durch.
    »Fahr schneller, damit die Jacken trocknen !«
    Der Südosten Irlands, den wir jetzt durchführen, sollte nach der Statistik die meisten Sonnentage im Jahr bieten. Wir würden ihn bald verlassen, um nach Westen zu gelangen. Wir hatten wohl noch einiges an Wetter zu erwarten.

    Die Durchgangsstraße führte am Ufer des Suir entlang, linkerhand lag die Stadt, begann mit einer Zeile von Jugendstilhäusern, in deren Erdgeschossen sich Laden an Laden reihte. Dann folgten Bankfilialen, das imposante Postamt mit einer riesigen hölzernen Tür. Nach rechts blickte man über das Wasser auf Hafenanlagen, Lastenkräne, hohe Lagerschuppen, Backsteinbauten in dunklem Rot, und Kais, an denen Frachtschiffe vertäut waren. Dahinter erhoben sich Fabrikgebäude und Schornsteine. Waterford war für seine Kristallglasindustrie bekannt.
    Wir machten Pause in der Stadtmitte und kauften ein. Über den farbigen, häufig hölzernen Geschäftsfassaden tauchten vertraute irische Namen auf: O’Driscoll, O’Keefe, Mc Namarra. An einer Straßenecke spielte ein Mann Akkordeon, es wurde gebettelt und noch mehr für gute Zwecke gesammelt, wie es immer schon in Irland üblich war.
    Nachdem wir ein modernes Einkaufszentrum durchbummelt hatten (Europa hat Irland erreicht), gesehen hatten, wie Iren und Irinnen in ihrer Mittagspause in den kleinen Cafés giftgrüne und grellrote und wahrscheinlich fürchterlich süße Kuchen und Plätzchen in sich hineinstopften, waren wir langsam aus der Stadt hinausgefahren. Keep left! Das Linksfahren fiel uns immer noch schwer, vor allem beim Rechtsabbiegen. Wir hatten zwischen regem Autoverkehr die Brücke überquert und freuten uns auf schmale Landstraßen. Kaum vier Kilometer außerhalb stoppte Ilse plötzlich. Das Hinterrad war platt.
    Nicht alle Sünden fielen mir ein, aber auf jeden Fall eine . Der Regen gestern und meine gute Stimmung in Arthur’s Town hatten mich völlig den aufgeschlitzten und nur notdürftig mit Tesaband geflickten Reifen vergessen lassen. Oh, damned!
    Da hieß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher