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Zwischen sieben und zwölf Uhr

Titel: Zwischen sieben und zwölf Uhr
Autoren: Anne Katherine Green
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meine Teilnahme zu schenken, fühlte ich doch auch die Energie wiederkehren, die mein Beruf mit sich brachte. Denn Philippas Antlitz zeigte nicht den Ausdruck einer glücklichen Braut, sondern den eines weiblichen Wesens, das soeben das äußerste gewagt hat, um einen lieben Traum zu verwirklichen oder ein furchtbares Unglück abzuwenden. Es lag in der Tat Schrecken in dem Blick, mit dem sie ihren Gatten anschaute; aber Schrecken in solcher Art mir Liebe und einem gewissen Hoffnungsschimmer gemischt, daß ich fühlte, wie ich unter allen Umständen der Angelegenheit mit den Juwelen völlig auf den Grund kommen müsse, wäre es auch nur,um das Rätsel zu lösen, das über ihrer Handlungsweise und über den Beweggründen schwebte, welche sie zu dieser Heirat bestimmt hatten in einem für Glück und Ehre so offenbar ungünstigen Augenblick.
    Inzwischen verabschiedete sich Herr Randall mit einigen höflichen Worten, und da ich sah, daß er im nächsten Augenblick schon seine Schritte zu mir hereinlenken könnte, so schob ich die Tür noch vorsichtiger als vorhin wieder zusammen, begab mich in meine Sofaecke zurück und wartete mit gleich großer Spannung und Ungeduld darauf, ihn selbst erscheinen zu sehen und das junge Paar fortgehen zu hören.
    Herr Randall erschien, während gleichzeitig die Haustür geschlossen wurde. Ich überließ Herrn Sutton mit seiner Braut der Obhut des draußen harrenden Beamten und wandte meine Aufmerksamkeit dem Geistlichen zu. Ich wußte genug von seinem Charakter und seinen Gewohnheiten, um sicher zu sein, daß er die jungen Leute nicht getraut hatte, ohne ihre Vorgeschichte und Verhältnisse einigermaßen zu kennen, und diese Kenntnis gedachte ich mir zunutze zu machen.
    Es bedarf wohl kaum besonderer Hervorhebung, daß ich nicht immer der Geheimpolizei angehört, daß ich im Lauf meiner Jugendjahre, mich in verschiedenenGesellschaftskreisen bewegt hatte, und daß ich von Geburt und Erziehung war, was man einen Gentleman nennt. Ich komme darauf zu reden, um die Freundlichkeit, mit der Herr Randall mich begrüßte und seine Bereitwilligkeit gegenüber meinem Wunsche zu erklären, der unter gewöhnlichen Umständen als eine höchst unverschämte und unentschuldbare Neugier hätte erscheinen müssen. Er war ein Freund meines Vaters und schenkte mir achtungsvolles Gehör, als ich meine Entschuldigungen vorbrachte, um dann sofort auf den Gegenstand zu kommen, der meine Gedanken beschäftigte.
    Herr Randall, begann ich, das Anliegen, mit dem ich mich Ihnen nahe, ist höchst eigentümlicher Art. Das Paar, das Sie soeben verbunden haben – verzeihen Sie mir, ich habe ein feines Gehör, und meine Anwesenheit steht mit eben diesem Paare in Zusammenhang –, befindet sich unter dem Verdacht einer strafbaren Handlung, der je nach Umständen zu sehr ernsten Folgen führen kann. Was dies für eine Handlung ist, will ich lieber nicht aussprechen, da es sich eben um einen bloßen Verdacht handelt, von dem sie sich möglicherweise zu reinigen vermögen. Aber was ich sagen will, ist folgendes: Sie werden zur Wohlfahrt der beiden und gleichzeitig zur Aufklärung eines höchst rätselhaften Vorkommnissesbeitragen, wenn Sic mir sagen wollen, was Sie über sie selbst und über die Gründe wissen, die diese unverkennbare eilige und heimliche Trauung veranlaßt haben.
    Ich bin höchlichst erstaunt, waren seine ersten Worte, und fühle mich stark versucht zu fragen, was diese armen jungen Leute sonst begangen haben könnten, als daß sie sich gegenseitig lieben und einander heiraten, dem Hochmut und den ehrgeizigen Plänen des Herrn Winchester und seiner Gattin zum Trotz. Aber bloße Neugier ist eines Geistlichen unwürdig; so will ich Ihnen nur sagen, daß, wenn die beiden irgend etwas tun oder getan haben, das man wirklich unrecht nennen könnte, es vollkommen unwissentlich geschehen ist, und daß ihre eheliche Verbindung nur die Ausführung eines Vorhabens bildete, das, wenn auch nicht der Welt und jener Gesellschaft, welcher der Bräutigam wenigstens angehört, so doch mir schon längst wohl bekannt war.
    Jetzt, erwiderte ich, setzen Sie mich in Erstaunen. Die beiden waren also verlobt und Sie wußten darum, während dies voraussichtlich nicht einmal seiner eigenen Mutter bekannt ist.
    Höchst wahrscheinlich, war seine ruhige Entgegnung. Frau Winchester ist nicht die Person, die ein Mann zu seiner Vertrauten machen würde,wenn er vorhat, eine sogenannte schlechte und ungleiche Partie zu machen.
    Trotzdem,
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